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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Oder oben. Ich möchte dich eine Weile nicht hier sehen.«
    »Klar.«
    Und das Komische war, dass Weller genau in diesem Augenblick eine Art leises Kichern von sich gab. Als wüsste er schon, was käme. Ich fragte mich nur, woher er es wissen konnte.
    Toth suchte ein paar Magazine zusammen und griff nach dem Beutel mit seiner Waffe und der Reservemunition.
    Normalerweise ist es ziemlich schwer, jemanden mit einem Messer zu töten. Ich sage
normalerweise
, obwohl ich es nur ein einziges anderes Mal getan habe. Aber daran kann ich mich erinnern; es war eine Schweinerei und harte Arbeit. Aber heute, ich weiß nicht, ich war erfüllt von diesem…
Gefühl
aus dem Drugstore. Wütend. Ich meine, richtig wütend. Und auch ein bisschen verrückt. Und sobald Toth mir den Rücken zuwandte, packte ich ihn am Hals und machte mich an die Arbeit. Keine drei Minuten später war alles vorbei. Ich zerrte seine Leiche hinter die Couch und zog dann – warum auch nicht? – Weller die Maske vom Gesicht. Er kannte ja bereits meinen Namen. Dann konnte er auch mein Gesicht sehen.
    Er war ein toter Mann. Das wussten wir beide.
    »Sie hatten daran gedacht, Lösegeld für mich zu verlangen, stimmt’s?«
    Ich stand am Fenster und schaute hinaus. Wieder fuhr ein Polizeiwagen vorbei, und weitere Scheinwerferkegel waren gegen die tief hängenden Wolken und das Gesicht des Wächters zu erkennen, direkt über unseren Köpfen.
    Weller hatte ein schmales Gesicht und kurzes, sehr ordentlich geschnittenes Haar. Er sah aus wie all die arschkriecherischen Geschäftsleute, die mir jemals begegnet waren. Seine Augen waren dunkel und wirkten so ruhig wie seine Stimme. Es machte mich noch wütender, dass der Anblick des großen Blutflecks auf dem Teppich und dem Fußboden ihn nicht aus der Ruhe zu bringen schien.
    »Nein«, sagte ich.
    Er schaute auf den Stapel mit den Gegenständen, die ich aus seinem Portemonnaie genommen hatte, und redete einfach weiter, als hätte ich nichts gesagt. »Es wird nicht funktionieren. Eine Entführung, meine ich. Ich habe nicht viel Geld. Und wenn Sie meine Visitenkarte gesehen haben und denken, ich bin ein hohes Tier in der Firma, dann muss ich Ihnen sagen, dass wir um die fünfhundert stellvertretende Geschäftsführer haben. Für mich würden die keinen Cent hinlegen. Und sehen Sie die Kinder auf dem Foto? Es wurde vor zwölf Jahren aufgenommen. Inzwischen sind beide im College. Ich bezahle eine Menge Studiengebühren.«
    »Wo?«, fragte ich spöttisch. »Harvard?«
    »Einer ist in Harvard.« Er schnauzte mich beinahe an. »Und einer auf der Northwestern. Das Haus ist also komplett mit Hypotheken belastet. Abgesehen davon, jemanden auf eigene Faust kidnappen? Nein, das würden Sie nicht hinkriegen.«
    Er bemerkte, wie ich ihn anschaute, und sagte: »Ich meine nicht Sie persönlich, Jack. Ich meine eine einzelne Person. Man braucht Partner.«
    Und ich musste ihm zustimmen.
    Wieder diese Stille. Keiner sagte irgendetwas, und es schien mir, als würde der Raum sich mit kaltem Wasser füllen. Ich ging zum Fenster, wobei die Dielen unter meinen Schritten knackten, was die Sache nur schlimmer machte. Mir fiel ein, wie mein Dad einmal erklärt hatte, jedes Haus besäße eine eigene Stimme; manche Häuser lachten und andere seien einsam. Nun, das hier war ein einsames Haus. Klar, es war modern und sauber, und der
National Geographic
war ordentlich gestapelt; trotzdem war es einsam.
    Als ich vor Anspannung hätte losschreien können, sagte Weller: »Ich will nicht, dass Sie mich töten.«
    »Wer sagt, dass ich Sie töten will?«
    Er schenkte mir sein eigenartiges kleines Lachen. »Ich bin fünfundzwanzig Jahre lang Verkäufer gewesen. Ich habe Haustiere und Cadillacs und Satzgeräte verkauft, und zuletzt Großrechner. Ich merke es, wenn ich mit Sprüchen abgespeist werde. Sie werden mich töten. Das war Ihr erster Gedanke, als Sie hörten, wie er«– er deutete mit dem Kopf ins Toths Richtung –»Ihren Namen nannte.«
    Ich lachte ihm ins Gesicht. »Na, das ist ja eine verdammt nützliche Begabung. Sie sind wohl ein wandelnder Lügendetektor«, erklärte ich sarkastisch.
    Er antwortete nur: »Verdammt nützlich.« Als wollte er mir zustimmen.
    »Ich will Sie nicht töten.«
    »Oh, ich weiß, dass Sie es nicht
wollen
. Sie wollten auch nicht, dass Ihr Freund irgendjemanden in diesem Laden tötet. Das konnte ich sehen. Aber es
wurden
Menschen getötet, und dadurch erhöht sich der Einsatz. Stimmt’s?«
    Und diese Augen, sie

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