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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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sagte, war etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte.
    »Sie sollten mich um Ihrer selbst willen gehen lassen.«
    »Um meiner selbst willen? Was reden Sie da?«
    »Sehen Sie, Jack. Ich glaube nicht, dass Sie verloren sind.«
    »Was meinen Sie, verloren?«
    »Ich glaube nicht, dass Ihre Seele nicht erlöst werden kann.«
    Darüber lachte ich, lachte ich laut, weil ich einfach lachen
musste
. Von einem Spitzenverkäufer und stellvertretenden Geschäftsführer wie ihm hätte ich doch etwas mehr erwartet. »Seele? Sie denken, ich hätte eine Seele?«
    »Na, jeder hat eine Seele«, sagte er, und das Verrückte war, dass es so klang, als wäre er ernsthaft überrascht über meine Zweifel. So ungefähr, als hätte ich gesagt: Moment mal, denken Sie etwa, die Erde wäre keine Scheibe? Oder so was.
    »Also, wenn ich eine Seele habe, dann hat sie die Überholspur Richtung Hölle genommen.« Den Satz hatte ich in diesem Film gehört, und ich versuchte ein Lachen, aber es klang irgendwie flach. Als hätte Weller etwas Tiefsinniges von sich gegeben, und ich würde bloß rumalbern. Ich kam mir billig vor. Ich hörte auf zu lächeln und blickte zu Toth hinunter, der in der Ecke lag, und seine toten Augen starrten, starrten immer weiter. Ich hätte ihn am liebsten noch mal niedergestochen, so wütend war ich.
    »Wir reden über Ihre Seele.«
    Ich kicherte und nippte an meinem Drink. »Na klar, ich wette, Sie gehören zu denen, die diese Engelbücher lesen, die man jetzt an jeder Straßenecke bekommt.«
    »Ich gehe zur Kirche, aber: Nein, ich rede nicht über all dieses alberne Zeug. Es geht mir nicht um Magie. Es geht mir um Ihr Gewissen. Das, was Jack Prescot eigentlich ausmacht.«
    Ich hätte ihm von Sozialarbeitern und Jugendanwälten und all diesen Typen erzählen können, die nichts darüber wissen, wie das Leben funktioniert. Sie glauben, es zu wissen. Aber man hört es an den Worten, die sie benutzen. Man merkt gleich, dass sie keine Ahnung haben. Irgendein Anwalt oder sonst jemand sagt zu mir: Oh, du bist verhaltensgestört, du verleugnest deinen Ärger, solche Sachen. Wenn ich das höre, ist mir klar, dass sie überhaupt nichts von Seelen und dem Seelenleben verstehen.
    »Nicht das Leben nach dem Tod«, fuhr Jack Prescot fort. »Nicht Moralität. Ich spreche von dem Leben hier auf der Erde, das wichtig ist. Oh, sicher, Sie wirken skeptisch. Aber hören Sie mir zu. Ich glaube wirklich, dass es in dem Moment, in dem Sie eine Verbindung zu jemandem haben, jemandem vertrauen, sich auf jemanden verlassen, auch Hoffnung für Sie gibt.«
    »Hoffnung? Was soll das heißen? Hoffnung worauf?«
    »Dass Sie ein wirklicher Mensch werden. Ein wirkliches Leben führen.«
    Wirklich… Ich wusste nicht, was er meinte, aber er sagte es auf eine Art, als wären seine Worte so klar, dass ich ein Idiot sein musste, wenn ich sie nicht verstand. Also hielt ich den Mund.
    Er redete weiter. »Natürlich, es gibt Gründe, zu stehlen, und Gründe, zu töten. Aber alles in allem, glauben Sie denn nicht, es ist besser, es nicht zu tun? Denken Sie nur darüber nach: Warum sperren wir Leute ins Gefängnis, wenn es in Ordnung wäre, dass sie töten? Nicht nur wir, sondern alle menschlichen Gesellschaften.«
    »Na und? Oh, ich verlasse jetzt den Weg des Bösen?«
    Er zog lediglich eine Augenbraue hoch und erwiderte: »Vielleicht. Sagen Sie, Jack, wie haben Sie sich gefühlt, als Ihr Kumpel… Wie hieß er eigentlich?«
    »Joe Roy Toth.«
    »Toth. Als er auf diesen Kunden an der Ladentheke geschossen hat. Wie fühlten Sie sich dabei?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Er hat sich einfach umgedreht und ihn erschossen. Einfach so. Sie wussten, dass das nicht richtig war, oder?« Ich wollte antworten, doch er redete einfach weiter. »Nein, antworten Sie nicht. Sie würden wahrscheinlich lügen. Und das ist auch nicht schlimm. In Ihrer Branche tut man das instinktiv. Ich will nur nicht, dass Sie irgendwelche Lügen, die Sie mir erzählen, selber
glauben
. Okay? Ich will, dass Sie in Ihr Herz schauen und mir sagen, ob Sie nicht daran gedacht haben, dass irgendwas komplett falsch an dem war, was Toth getan hat. Denken Sie darüber nach, Jack. Sie wussten, dass etwas falsch war.«
    Klar wusste ich das. Wer hätte das nicht gewusst. Toth hatte alles versaut. Von dem Moment an lief alles falsch. Und es war allein seine Schuld.
    »Es hat an Ihnen genagt, stimmt’s, Jack? Sie wünschten sich, er hätte es nicht getan.«
    Anstatt etwas zu sagen, trank ich einen Schluck Scotch,

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