Todesreigen
irgendwo in der Stadt. Und noch eine. Es war ein unheimliches Gefühl, zu wissen, dass diese Leute da draußen auf der Jagd nach uns waren.
Ich nahm Toth die Geldbörse ab und durchsuchte sie.
Randall C. Weller jr., er lebte in Connecticut. Ein Wochenendurlauber. Genau wie ich gedacht hatte. Er besaß einen Haufen Visitenkarten, aus denen hervorging, dass er stellvertretender Geschäftsführer dieser großen Computerfirma war. Eine, die in den Nachrichten auftauchte, weil sie IBM übernehmen wollte oder so was. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Wir könnten Lösegeld für ihn verlangen. Ich meine, warum denn nicht? Eine halbe Million rausholen. Vielleicht sogar mehr.
»Meine Frau und meine Kinder werden krank vor Sorge sein«, sagte Weller. Seine Worte jagten mir einen Schreck ein, denn genau in diesem Moment blickte ich auf ein Foto in seiner Geldbörse. Und wer war darauf zu sehen? Seine Frau und seine Kinder.
»Ich lasse Sie nicht laufen. Also halten Sie jetzt den Mund. Vielleicht brauche ich Sie ja noch.«
»Als Geisel, meinen Sie? Das gibt’s nur in Filmen. Man wird auf Sie schießen, sobald Sie durch die Tür treten, und auf mich wird man auch schießen, wenn es nötig ist. So arbeiten die Cops im wahren Leben. Am besten geben Sie einfach auf. So können Sie wenigstens Ihr Leben retten.«
»Maul halten!«, brüllte ich.
»Lassen Sie mich gehen, und ich werde aussagen, dass Sie mich gut behandelt haben. Dass die Schießerei ein Irrtum war. Es war nicht Ihre Schuld.«
Ich beugte mich vor und drückte das Messer gegen seine Kehle, nicht die Schneide, denn die ist wirklich scharf, sondern die stumpfe Seite. Ich sagte, er sollte still sein.
Wieder fuhr ein Wagen vorbei, ohne Lichter diesmal. Er fuhr langsamer, und plötzlich schoss mir durch den Kopf: Was ist, wenn sie Haus für Haus durchsuchen?
»Warum hat er das getan? Warum hat er sie umgebracht?«
Und es war sonderbar, so wie er das
er
betonte, fühlte ich mich ein bisschen besser, denn es schien mir, als würde er mich nicht dafür verantwortlich machen. Ich meine, es
war
schließlich Toths Schuld, nicht meine.
Weller redete weiter. »Ich versteh’s nicht. Ich meine, dieser Mann an der Ladentheke, der Große. Er stand einfach da und hat überhaupt nichts gemacht. Und er hat ihn einfach niedergeschossen.«
Keiner von uns sagte etwas. Toth wahrscheinlich deswegen, weil er nicht wusste, warum er geschossen hatte. Und ich, weil ich dem Typen keine Antwort schuldete. Ich hatte ihn in der Hand. Komplett, und das wollte ich ihn spüren lassen. Ich
musste
nicht mit ihm reden.
Aber der Typ, Weller, sprach nicht weiter. Und ich bekam dieses merkwürdige Gefühl. Wie ein Druck, der sich aufbaut. Denn niemand beantwortete seine verdammte, dumme Frage, verstehen Sie? Ich spürte diesen Drang, etwas zu sagen. Irgendwas. Aber gleichzeitig war es das Letzte, was ich tun wollte. Also erklärte ich: »Ich fahre den Wagen in die Garage.« Und ging nach draußen.
Ich schaute mir die Garage genauer an, um festzustellen, ob es dort etwas Wertvolles zum Mitnehmen gab. Doch es gab nichts außer einem Snapper-Rasenmäher, und wo hätte ich den wieder loswerden können? Also fuhr ich den Buick hinein, schloss das Tor und ging zurück ins Haus.
Ich konnte nicht glauben, was inzwischen passiert war. Gott, als ich ins Wohnzimmer trat, hörte ich als Erstes, wie Toth sagte: »Keine Chance, Mann. Ich werde Jack Prescot niemals verraten.«
Ich stand einfach da. Und Sie hätten den Ausdruck auf seinem Gesicht sehen sollen. Er wusste, dass er es richtig versaut hatte.
Jetzt kannte dieser Weller meinen Namen.
Ich sagte nichts. Das war nicht nötig. Toth redete plötzlich ziemlich schnell und nervös. »Er sagte, er würde mir richtig viel Kohle zahlen, wenn ich ihn laufen lasse.«
Er versuchte, die Sache umzudrehen, Weller die Schuld zuzuschieben. »Ich meine, das würde ich auf keinen Fall tun. Ich hab nicht mal drüber nachgedacht, Mann. Ich hab ihm gesagt er soll’s vergessen.«
»Aber warum hast du ihm meinen Namen gesagt?«
»Ich weiß nicht, Mann. Er hat mich durcheinander gebracht. Ich hab nicht nachgedacht.«
Das kann man wohl sagen. Er hatte den ganzen Abend über nicht nachgedacht.
Ich seufzte, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich nicht glücklich war. Dann aber schlug ich ihm auf die Schulter. »Okay, es war ein langer Abend. Solche Sachen passieren.«
»Tut mir echt Leid, Mann. Wirklich.«
»Ja. Vielleicht verbringst du die Nacht besser in der Garage.
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