Todesrennen
folgen, sollte sie sich zu weit von den Bahngleisen entfernen. Und jeden Tag würden Detektive zum jeweils nächsten Etappenziel vorausfahren und dort ihre Positionen einnehmen.
An der Hangartür kam es zu einem Tumult.
Bell baute sich sofort vor Josephine auf und zog seine Browning aus der Jackentasche.
»Josephine! Josephine! Wo ist diese Frau?«
»O mein Gott«, sagte Josephine. »Das ist Preston Whiteway.«
»Josephine! Josephine!« Whiteway kam hereingestürmt. »Da sind Sie ja! Ich bringe gute Neuigkeiten! Hervorragende Neuigkeiten!«
Bell steckte seine Waffe ins Holster. Die beste Neuigkeit, die er sich vorstellen konnte, wäre die Nachricht, dass die Van Dorns Harry Frost verhaftet hätten.
»Meine Anwälte«, rief Whiteway, »haben das Gericht überzeugt, Ihre Ehe mit Harry Frost mit der Begründung zu annullieren, dass der Wahnsinnige versucht hat, Sie umzubringen!«
»Zu annullieren?«
»Sie sind frei … Frei!«
Isaac Bell verfolgte die Begegnung zwischen Josephine und Whiteway lange genug, um in Erfahrung zu bringen, aus welchem Anlass sie stattfand. Dann verschwand er durch die Tür nach draußen.
»Schnitt!«, hörte er den scharfen Befehl von Marion Morgan. Ihr Kameramann – der sich über eine große Maschine auf einem stabilen Dreibein beugte – hörte abrupt zu kurbeln auf, als sei ein Habicht herabgeschossen, um sich seinen Arm zu holen. Es war unter Miss Morgans Kameramännern allgemein bekannt, dass Mr. Bell es nicht duldete, in einer der Sequenzen aus bewegten Bildern zu erscheinen.
»Mein Liebling, wie schön, dich hier zu sehen.« In ihrer Arbeitskleidung – Hemdbluse, langer Rock, die Haare hochgesteckt, damit sie nicht störten, wenn sie durch den Kamerasucher blickte – sah sie in seinen Augen stets besonders hinreißend aus.
Sie erklärte, dass sie und ihr Team Preston Whiteway bereits den ganzen Vormittag verfolgten, um Szenen für die Titelkarte
DIE ANKUNFT DES RENNPATEN!!!
aufzunehmen.
Bell schloss sie in die Arme. »Was für eine nette Überraschung. Können wir gemeinsam zu Mittag essen?«
»Nein, ich muss jetzt ständig drehen.« Sie senkte die Stimme. »Wie hat Josephine die Nachricht aufgenommen?«
»Ich hatte den Eindruck, dass sie versuchte, Whiteways Begeisterung über die Aussichten, die sich aus der Tatsache ergeben, dass sie endlich ›Frei! Frei!‹ ist, ein wenig zu dämpfen.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass Preston daran arbeitet, sie irgendwann bitten zu können, ihn zu heiraten.«
»Die Anzeichen weisen darauf hin«, pflichtete Bell ihr bei. »Er strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Und trägt einen nagelneuen eleganten Anzug. Außerdem glänzt er, als hätte er sich gleich drei Mal hintereinander rasieren lassen.«
Marion hatte ihr Team in Position gebracht, und die Kamera lief, als Preston Whiteway die Vertreter der New Yorker Presse mit dem Hinweis auf eine wichtige Änderung im geplanten Rennverlauf in Josephines gelbes Zelt im Innenfeld lockte. Zusammen mit Harry Warren, dem New Yorker Experten der Van Dorn Agency für Bandenkriminalität, behielt Bell die Versammlung genauestens im Auge. Bell hatte ihm nach Archies Verwundung das Kommando über die Belmont-Park-Truppe übertragen.
Bell sah, dass Whiteways sehnlichster Wunsch seine Erfüllung gefunden hatte: Auch andere Zeitungen konnten den Whiteway Cup nicht länger ignorieren. Das Luftrennen war im ganzen Land das beherrschende Thema. Aber seine Konkurrenten liebten ihn deshalb nicht gerade, und der Grundton der Pressekonferenz zwei Tage vor dem Beginn des Rennens war unverhohlen feindselig. Vierzig Zeitungsvertreter brüllten ihre Fragen, aufgereizt von Van-Dorn-Detektiv Scudder Smith, der selbst Reporter gewesen war, wie er einmal angedeutet hatte.
»Wenn dieser Detektiv so heftig geladen hat, wie es den Anschein hat«, sagte Isaac Bell zu Harry Warren, »sollten Sie ihn für eine Woche vom Dienst suspendieren und ihm ein Monatsgehalt streichen.«
»Scudder ist okay«, versicherte ihm Harry. »Das gehört zu seiner Tarnung.«
»Und als was tarnt er sich?«
»Als versoffener Zeitungsreporter.«
»Sehr überzeugend. Zumindest mich hat er damit getäuscht.«
»Wollen Sie etwa leugnen, Mr. Whiteway«, schimpfte ein Reporter des Telegram beleidigt, »dass die extrem kurze Strecke von Belmont Park zum Empire City Race Track in Yonkers nur ein Trick ist, um mehr zahlende Besucher aus New York anzulocken?«
»Trifft es nicht zu, dass man die Strecke vom Belmont Park bis
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