Todesriff
Sie waren ihm schon einmal aufgefallen. Er legte die Fotos der beiden Ermordeten und das Phantombild des Verdächtigen au f Danielle Ross‘ Schreibtisch. „ Kennen Sie einen dieser Männer?”
Sie setzte ihre Lesebrille auf, betrachtete die Fotos eingehend aber ohne die Miene zu verziehen , setzte die Brille wieder ab und sah Shan e an. „ Ich habe es durch Fernsehen und Zeitung erfahren. Wenn ich einen dieser Männer
persönlich
gekannt hätte, wäre ich schon vor Tagen zur Po liz ei gegangen
.“
„ Vielleicht war das Mister Hurst ja nicht recht.”
Shane
tauschte einen Blick mit Tamara.
Die Sekretärin blickte von ihr zu Shane und wieder zurück
und
entgegnete schnippisch: „ Ich wüsste nicht, was er zu verbergen hätte.”
„ Ach ja? Nun, das werden wir ihm sagen, wenn er sich blicken lässt”, erwiderte Tamara scharf. „Wenn er nicht mit uns kooperiert, haben wir ganz schnell einen Durchsuchungsbefehl und eine Vorladung, da können Sie sicher sein – das können Sie ihm schon mal mitteilen.“
„ Ich verstehe überhaupt nicht, worauf Sie hinauswollen! ” Danielle Ross tat entrüstet.
Shane beugte sich zu ihr. „ Ihnen
scheint nicht
klar
zu sein
, dass
das Ganze für
Sie
ebenfalls Konsequenzen haben könnte
.”
„Schließlich haben Sie als seine Sekretärin Einblick in Akten ...“ , ergänzte Tamara.
„ Aber ... ich weiß doch gar nichts!”, Danielle
Ross wirkte
nun doch etwas verunsichert.
„Das dürfen Sie dann dem Staatsanwalt
erklären !”, Tamara
bedachte sie mit einem herablassenden Lächeln
.
Danielle Ross hatte
schon
eine schnelle Erwiderung parat, aber dann überlegte sie es sich anders.
„Geben Sie mir noch mal die Fotos.“
S chließlich zeigte auf die Aufnahme, die Andrew Barber alias Goran Hentschel zeigte.
„Der da sieht so ähnlich aus wie einer, der mal hier gearbeitet hat. Nur sehr kurz, ein paar Wochen vielle icht.” Hastig fügte sie hinzu: „ Aber es könnte auch ein Irrtum sein.”
„ Falls Ihnen doch noch etwas einfallen sollte, Danielle”, Tamara zog eine Visitenkarte aus der Tasc he ihres dunkelblauen Blazers, „ dann rufen Sie uns an.”
Shane ließ den Blick über die A kten in den Regalen schweifen. „ Ach, und falls sich Ihr Boss meldet, richten Sie ihm aus, dass es besser wäre, er
würde vorbei kommen
. Dann könnten wir einiges klären, bevor wir weitere Maßnahmen ergreifen.”
Danielle schluckte.
„Ich werde Mr. Hurst benachrichtigen.“ Ihre Stimme
klang jetzt ganz anders.
Es hatte angefangen zu regnen. Dicke Tropfen klatschten auf die staubtrockene Erde.
„ Und? Was meinst du?”, fragte Tamara.
„
Sie
weiß mehr, als sie zugibt.” Shane warf eilig die Autotür hinter sich zu.
„ Goran Hentschel - oder wie immer er heißen mag - hat ein paar Wochen in der Werft gearbeitet. Aber die Magazine hat er sich vielleicht nur gekauft, weil er sich einfach für Yachten interessierte”, wandte Tamara ein, während sie ihr Make-up und die feucht gewordenen Haare im Rückspiegel kontrollierte und die Lippen aufeinander presste, um den verbliebenen Lippenstift noch einmal zu verteilen.
Was zum Teufel hielt ihn eigentlich davon ab, etwas mit ihr anzufangen? Weshalb lud er sie nicht einfach zum Essen ein?
,
ging es Shane durch den Kopf.
„ Du hast ja möglicherweise auch Magazine von Superautos bei dir zu Hause rumliegen und fährst lediglich einen Corolla”, unterbrach sie seine Gedanken und startete den Wagen.
„I ch muss dich enttäuschen. Ich habe weder Auto- noch Briefmarkenmagazine zu Hause.” Und ohne sie anzusehen, fügte er hinzu: „ Ich bin sicher, Goran Hentschel hat sich nicht nur zum Freizeitvergnügen für Yachten interessiert.”
„ Woher willst du das
so genau
wissen?”
Shane zuckte die Schultern und hörte sich sagen: “Wir könnten heute Abend etwas essen gehen.”
„ Ich weiß nicht, Shane, ob das so eine gute Idee ist”, antwortete sie ruhig und blickte ihn an . „Ehrlich gesagt, traue ich dir nicht so recht. Ich will jedenfalls nicht deine Sammlung vervollständigen. ”
Er lachte auf. „Oh, hast du keine Sammlung?“
Doch statt eines Lächelns oder einer flapsigen Antwort w arf sie ihm lediglich einen kühl en Blick zu. Offenbar nahm sie die Sache ernster als er.
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Er zog das Foto aus der Innentasche seiner dünnen Jacke und legte es auf die grüne Polyesterdecke des Motel-Bettes. Die Vorhänge hatte er zugezogen, obwohl es noch hell war. Das harte Licht einer flackernden
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