Todesritual: Thriller (German Edition)
Feinde des Mannes, der ihr Asyl gewährt hat.«
»Geld schmiedet die seltsamsten Allianzen«, sagte sie. »Wir glauben, dass sie dem Abakuá für die Morde an Burns und Liston Geld geboten hat, und der hat sie ausgeführt. Wer auf Rache aus ist, nutzt alle Möglichkeiten und alle Methoden, die sich ihm bieten.«
»Und alle Menschen, die sich ihm bieten«, sagte Max und sah sie vielsagend an.
Er hätte die Zweifel zum Ausdruck bringen können, die in seinem Kopf sprossen wie Pilze; die Gründe, warum die Beweise gegen Brown plötzlich so dürftig aussahen, aber er wusste, dass sie sich von ihm nicht würde umstimmen lassen. Sie hatte ihn nicht herbringen lassen, um einen Mordfall mit ihm zu diskutieren oder bei der Aufklärung seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihr ging es nicht um Eldon und Joe. Die beiden spielten hier keine Rolle. Es ging um ihren Vater.
Max überkam ein Gefühl, als würden die Wände ein wenig näher rücken, der Fußboden sich ein wenig heben und die Decke sich in gleichem Maße senken.
Er wusste, worauf das alles hinauslief. Und er wusste, dass Wendy Peck etwas gegen ihn in der Hand hatte.
Sie beobachtete ihn und sah zu, wie in seinem Kopf alle Steine an ihren Platz fielen, wie Türen aufschwangen und die Erkenntnis hereindrängte.
»Werden Sie es tun?«, fragte sie.
»Was?«
Wieder lächelte sie. Nur war es dieses Mal ein freundliches Lächeln, das ihr ganzes Gesicht veränderte und in ihre Strenge eine bleibende Scharte schlug. Es erlaubte einen kurzen Blick auf den Menschen, der sie wohl privat sein mochte, fern vom Schreibtisch und dem unablässigen Druck: ein Spaßvogel, die womöglich geschmacklose Witze erzählte und Bier aus der Flasche trank.
»Vanetta Brown nach Miami bringen, damit sie vor Gericht gestellt werden kann.«
»Soweit ich weiß, nennt man das Entführung«, sagte er. »Und das gehört nicht zu meinem Arbeitsfeld. Ich bin ein Spezialist für Scheidungen.«
Sie legte die Fotos zurück in den Karton, klappte den Deckel zu und schob ihn ans andere Ende des Tisches. Dann öffnete sie die zweite Aktenbox und ging den Inhalt durch.
»Früher waren Sie ein Spezialist für Vermisstenfälle. Und ein guter. Der Beste, sagen manche. Sie haben nie aufgegeben.«
»Das ist lange her. Die Welt ist eine andere geworden, und auch ich habe mich verändert. Wenn auch nicht unbedingt in die gleiche Richtung.«
Sie zog einen dicken Stapel Papier heraus und legte ihn vor sich hin.
»Sie haben den Carver-Jungen in Haiti gefunden, richtig?«
»Ja.« Max spannte alle Muskeln an.
»Ich erinnere mich noch gut daran«, sagte sie. »Die Familie hatte in allen Zeitungen und im Lokalfernsehen Annoncen geschaltet. Die haben sich das viel Geld kosten lassen.«
Max wollte schlucken, aber sein Mund war trocken.
»Wie viel haben die Ihnen dafür bezahlt, dass Sie den Jungen gefunden haben? Oder anders gefragt: Wie viel Geld haben Sie 1996 aus Haiti hergebracht, Max?«
Da war es. Keine Möhre, kein Angebot, nichts, was für ihn drin wäre. Nur die Peitsche. Woher wusste sie von dem Geld? Wer hatte geredet? Wer hatte es ihr erzählt? Das Zimmer wurde noch kleiner und enger, und er hatte das Gefühl, unter ihrem Blick zu schrumpfen.
»Es waren 20 Millionen Dollar aus Drogengeldern«, fuhr sie fort. »Womit Sie der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung schuldig wären. Wenn wir Ihnen das eine nicht nachweisen können, dann auf jeden Fall das andere. Sechs Millionen Dollar haben Sie für Captain Listons Kinder in Treuhandfonds hinterlegt. Die werden von der Drogenbehörde eingefroren und vom Finanzamt konfisziert. Sie besitzen ein Penthouse auf der Collins Avenue im Wert von 565 000 Dollar. Auch das wird nicht mehr Ihnen gehören. Und bis dahin haben Sie noch nicht einmal vor einem Richter gestanden. Sie sehen, wohin das führt? Sie sind erledigt. Bei Ihrem Vorstrafenregister kriegen Sie eine zweistellige Haftstrafe, und bei Ihrem Alter werden Sie im Knast sterben.«
Max schaute aus dem Fenster. Sein einziger Ausweg. Mit dem Kopf voran und auf die Straße.
»Was Sie da von mir verlangen – dazu brauchen Sie einen vom Fach. Einen ehemaligen CIA-Agenten oder einen Soldaten. Muss ja nicht mal Amerikaner sein«, sagte er.
»Wollen Sie denn nicht die Person, die Ihre Freunde getötet hat, vor Gericht bringen?«
»Doch, das will ich. Aber ich selbst kann das nicht. Sehen Sie mich an. Ich bin alt. Ich bin nicht mehr so schnell wie früher. Ich hatte seit zwölf Jahren keine Waffe mehr in der
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