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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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angehalten, und so habe es eine kurze Verfolgungsjagd auf dem Freeway gegeben, die damit geendet habe, dass die Flüchtigen einen Ford Bronco gerammt und sich überschlagen hätten. Beim Blick in den Kofferraum hätten die Beamten eine MAC-10 mit ungefähr 200 Schuss Munition gefunden. Laut Ballistik war es dieselbe Waffe, die auch bei den Morden in Coral Gables zum Einsatz gekommen war.
    Schnitt zurück zur Live-Berichterstattung von den Wahlen. Lange Wählerschlangen waren zu sehen, die sich um ganze Häuserblocks wanden.
    Sein Handy klingelte. »Anonym« rief an.
    »Hallo.«
    »Heute ist der Tag der Entscheidung, Max«, sagte Wendy Peck. »Wie lautet Ihre Antwort?«
    24
    »Nach der Beerdigung gehe ich weg«, sagte er.
    Er saß mit Lena und Jet am Küchentisch der Familie Liston. Der Rest der Familie hatte sich im Wohnzimmer versammelt und verfolgte die ersten Hochrechnungen. Auch auf dem Küchentresen lief ein kleiner Fernseher, CNN war eingeschaltet, der Ton so weit heruntergedreht, dass von den Männern in Anzügen und Studio-Make-up, die um einen Tisch herumstanden, nur leises Gemurmel zu hören war.
    Max war gegen sieben eingetroffen, als Letzter. Alle Anwesenden trugen dunkelblaue Obama-T-Shirts mit einem Thermodruck des Kandidatenkonterfeis in LSD-artig leuchtenden Nationalfarben, Obamas Blick und Kinn entschlossen gen Himmel gerichtet. Lena hatte auch Max eines in die Hand gedrückt. Es saß eng wie ein Korsett, aber immerhin hatte sein Anblick alle zum Lachen gebracht: Er sah aus wie der Depp, der unbedingt dazugehören will. Bevor sich alle zum Essen an den Tisch setzten, nahmen sie sich bei den Händen und sprachen ein Gebet. Sie redeten über Politik und Meinungsumfragen und Hochrechnungen, keiner erwähnte Joe, keiner fragte Max, wie es ihm gehe. Er nahm ihnen das nicht übel, weil er es verstand: Es war viel zu frisch. Max hatte sich nur wenig von dem Essen genommen und auf seinem Teller herumgestochert; für ihn schmeckte alles gleich. Gegen halb neun wurde der Fernseher eingeschaltet, und alle suchten sich um Joes La-Z-Boy herum einen Platz. Niemand rührte diesen Sessel an, und erst recht setzte sich niemand darauf. Max konnte nicht umhin, ihn immer wieder anzusehen, diesen frei käuflichen Faultierplatz für Männer mit eingebauter Kühlvorrichtung. Er sah die Dellen, die Arme, Rücken, Beine und Füße des großen Mannes im Laufe der Jahre im Leder hinterlassen hatten, sie waren eine Erinnerung an seine Gegenwart, eine Spur seines Lebens. Einen Moment lang stellte sich Max vor, dass Joe wieder bei ihnen war; er hätte schwören können, dass er Joes Gegenwart sogar spürte, dass er fast das Gefühl hatte, ihn gesehen zu haben. Dann fiel ihm das Versprechen wieder ein, das sie sich gegenseitig gegeben hatten, das Zeichen, das sie einander zu schicken geschworen hatten. Warum brauchte er so lange?
    Ein Sieg Obamas nach dem anderen wurde vermeldet. Illinois, Ohio, Pennsylvania, die rote Landkarte färbte sich blau. Keine Debatten, keine Neuzählungen, keine Wahlzettel, die nicht perfekt ausgestanzt waren. McCain konnte einpacken, hier wurde Geschichte geschrieben. Niemand mochte so recht glauben, was sie da sahen, was sie in Kürze miterleben würden. Außer Lena. Max hatte beobachtet, wie sie stiller und stiller geworden war, wie sie in sich zusammensank und sich immer tiefer in sich selbst zurückzog, wie ihre Mundwinkel immer weiter nach unten strebten. Er wusste, dass sie das Gleiche dachte wie er. Wo steckte Joe? Warum sprang er nicht aus seinem Sessel auf und brüllte Sieg oder Niederlage gen Fernseher? Je größer und bedeutender Obamas Siege wurden, umso kleiner und trauriger wurde Lena. Als Florida auf dem Bildschirm erschien und alle in Jubel ausbrachen und jemand »The Big Payback« anstimmte, war Lena längst aufgestanden und in die Küche gegangen. Max folgte ihr wenige Augenblicke später. Sie stand weinend am Spülbecken, den Wasserhahn hatte sie voll aufgedreht, damit niemand ihr Schluchzen hörte. Max fragte sich, ob Joe ihr von der alten Taktik erzählt hatte, die Verdächtige anwandten, wenn sie vermuteten, abgehört zu werden. Wasserhähne aufdrehen und Fernseher laut stellen. Max nahm sie in die Arme und hielt sie lange fest. Dann kochte sie Kaffee, und sie setzten sich mit den dampfenden Tassen an den Küchentisch und schwiegen. Jet kam herein, er lächelte, es sehe gut aus in Florida, sagte er. Er sah sie dasitzen wie zwei Nachbarn, die durch einen Schicksalsschlag alles

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