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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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verloren hatten. Lena bat ihn, den Fernseher einzuschalten und sich zu ihnen zu setzen.
    »Wo gehst du hin?«, fragte Lena.
    »Weg«, sagte Max.
    »Wie lange?«
    »Für eine Weile.«
    »Hat das etwas mit Joe zu tun?«
    Er hätte sie anlügen und nein sagen können, dass er nur eine Auszeit brauche, aber so abgebrüht war er nicht. Und so sagte er mit einem Nicken die Wahrheit.
    Lena schloss die Augen, senkte den Kopf und atmete langsam, leise und wütend aus.
    »Was hast du in Erfahrung gebracht?«, fragte Jet.
    Inwieweit war Jet eingeweiht? Seine Augen und sein Gesichtsausdruck ließen vermuten, dass er so gut wie gar nichts wusste. Den Namen Vanetta Brown hatte er noch nie gehört. Der war von ganz oben geheim gehalten worden, nichts war nach unten durchgesickert: das Gesetz des Schweigens. Für den Moment war es das Beste, es dabei zu belassen. Max wollte nicht der Erste sein, der ihnen von Joes Vergangenheit erzählte.
    »Das musst du nicht wissen«, sagte Max.
    Mutter und Sohn wechselten einen Blick. Jet nahm die Hand seiner Mutter und hielt sie fest. Dann sah Lena Max an, sah ihm in die Augen und hinunter auf die verblassten blauen Tätowierungen auf den Innenseiten seiner Unterarme. Überbleibsel aus seiner Zeit bei der MTF, bleibende Erinnerungen an die Fehler seiner Jugend. Auf dem linken Arm stand »Born to Run« in einstmals blauen Blockbuchstaben. Die Zeit und die schwindende Elastizität seiner Haut hatten die Schrift verzerrt, die Buchstaben liefen wie verwischt ineinander. Auf dem anderen Arm trug er das inoffizielle Emblem der MTF: ein Schild mit einem Totenkopf und zwei gekreuzten Revolvern, auf dem Rand die Inschrift »Der Tod ist sicher, das Leben nicht«. Alle in der Einheit hatten diese Tätowierung getragen, nur Joe nicht, der sich geweigert hatte, mit einem Brandzeichen durch die Gegend zu laufen. Sie war Ausdruck der fatalistischen Haltung der Polizisten im Miami jener Tage gewesen, die praktisch davon ausgingen, im Dienst zu sterben. Sie war noch sehr viel besser zu erkennen als die andere, auch wenn sie von Dunkelblau zu einem varikösen Blassgrün ausgeblichen war, das Max an Schimmel erinnerte.
    »Hast du nicht schon genug verbrochen?«, fragte sie ihn, und ihre Augen wurden wässrig. Max hielt ihr sein Taschentuch hin, aber sie wischte sich die Tränen mit den Händen aus den Augen und verteilte sie wie flüssiges Silber über ihre Wangen.
    Max schaute in seine halbleere Kaffeetasse, betrachtete den dünnen Regenbogenfilm auf der Oberfläche. Genau so hatte so manche durchzechte Nacht in Joes alter Wohnung in West Miami geendet – in der Küche, vor einer Tasse kaltem Kaffee, nach viel zu vielen Zigaretten und Zigarren. In jenen frühen Morgenstunden war die Welt in Ordnung und sinnerfüllt gewesen, nur um bei Sonnenuntergang wieder im Chaos zu versinken und jeden Sinn zu verlieren.
    »Joe hat immer gesagt, du seist der Schlimmste gewesen. Du hast gewusst, wo die Grenzen waren, und hast da erst angefangen«, sagte sie. »Aber ich wusste das sowieso. Dass du so bist. Ich wusste, dass du nichts taugst. Als ich dich das erste Mal sah, hattest du Blut am Hemdkragen. Du wirst immer Blut am Kragen haben.«
    Er erinnerte sich nur zu gut an den Tag, als Joe ihm Lena als seine Verlobte vorgestellt hatte. Vom ersten Händedruck an war sie frostig gewesen. Am Ende des Abends hatte sie ihn nicht einmal mehr angeschaut, geschweige denn ein Wort mit ihm gewechselt. Das Blut stammte von einem Verdächtigen, den er tagsüber verhört hatte. Er hatte es nicht einmal bemerkt.
    Nach einem desaströsen Pärchen-Abend mit Sandra war es nur noch schlimmer geworden. Joe hatte Lena nicht erzählt, dass Sandra schwarz war oder dass Max nur schwarze Freundinnen gehabt hatte. Wie Max an jenem Abend erfuhr, hatte Lena durchaus nichts gegen Weiße, solange sie in ihren eigenen Betten blieben. Nach Jets Geburt war langsam Tauwetter eingetreten, weil Max seine Pflichten als Patenonkel ernst nahm. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihn überhaupt noch in ihr Haus lassen würde, aber sie war in der Zwischenzeit sehr viel milder geworden. Mittlerweile waren sie Freunde. Die Zeit zerstört alles.
    »Blut kann Blut nicht wegwaschen«, sagte Lena.
    »Ich weiß.«
    »Nein, das weißt du nicht.«
    Max wollte etwas antworten, hatte aber weder Gedanken noch Worte dazu. Er schwieg, genau wie die beiden. Und so saßen sie eine ganze Weile zu dritt da.
    Das Getöse des Fernsehers im

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