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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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mir da was von ’nem Typen vorgequasselt. Aber viel hat die nich gesagt. Eigentlich wars immer wieder dasselbe, denn die war voll zu, und dann redeste eben nur Stuss.«
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Elínborg, die es aufgegeben hatte, ihn zu korrigieren.
    »Bloß irgendso’n Quatsch. Die war völlig aus der Welt. Es ist ja auch so lange her. Manchmal weiß ich auch nich, wie ich heiß.«
    »Das glaube ich gern«, sagte Elínborg.
    »Weißt du, was für ein Typ das war, über den sie geredet hat?«, warf Þorkell ein.
    »Nee«, erklärte der Tätowierer.
    »Hast du sie danach nochmal wiedergetroffen? Weißt du, wo sie gewohnt hat?«
    »Nee.«

Neun
    Der Historiker knibbelte an einer kleinen Warze an seinem Kinn. Erlendur und Sigurður Óli saßen in seinem mit Büchern, Zeitschriften und Ordnern vollgestopften Büro. Die Luft war zum Schneiden, was vor allem daran lag, dass der Historiker, der Ingjaldur hieß, Pfeifenraucher war und unablässig paffte. Er war von jeder Menge Pfeifen umgeben, rote Tabakpackungen und Streichholzschachteln waren über das ganze Zimmer verstreut. »Leider klemmt das Fenster, man kann es nicht aufmachen«, erklärte er. Erlendur als Raucher störte das nicht im Geringsten, und er zündete sich eine Zigarette an, um ihm Gesellschaft zu leisten. Sigurður Óli als militanter Nichtraucher verfluchte die beiden im Stillen. Der Historiker, der wenig Wert auf sein Äußeres zu legen schien, war schlank und trug trotz des warmen Sommerwetters einen Wollpullover. Beim Nachdenken fummelte er immer an seiner Warze herum.
    »Da ihr ja nicht sonderlich viele Mordfälle auf den Tisch bekommt, muss euch doch so einer wie dieser hier in gewissem Sinne sogar ein bisschen Spaß machen«, konstatierte er, während er dicken Qualm aus seinen strapazierten Lungen blies.
    »Ein Mord ist kein Spaß«, entgegnete Sigurður Óli.
    »Ich weiß nicht, soweit ich sehen kann, stellen Morde doch eine ganz hervorragende Unterhaltung dar. Es gibt ja kaum ein Buch oder einen Film, in dem es nicht um Mord und Totschlag geht.«
    »Unsere Arbeit hat nichts mit dem zu tun, was Krimiautoren sich aus den Fingern saugen«, entgegnete Sigurður Óli. »Wir sind nicht für Unterhaltung zuständig.«
    »Ihr seid auch so ein Paar, nicht wahr?«
    »Wir verbringen nicht die Wochenenden zusammen im Hótel Örk, falls du das meinst«, sagte Erlendur.
    »Ich meine so ein Ermittlerpaar.«
    »Wir arbeiten zusammen.«
    »Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, warum es überhaupt keine isländische Kriminalliteratur gibt? Sämtliche anderen Literaturgenres sind hier vertreten. Ich glaube, das liegt an euch. Ihr seid von der Kriminalpolizei, du bist Erlendur Sveinsson und du, wie war noch dein Name?«
    »Sigurður Óli.«
    »Genau. Schon allein die Namen wären undenkbar in einem Kriminalroman, findet ihr das nicht auch? Und die kriminelle Szene, die könnte hierzulande ja unspannender nicht sein.«
    Erlendur und Sigurður Óli blickten einander an. Sigurður Óli setzte zu einem Kommentar an, aber Erlendur schnitt ihm das Wort ab.
    »Es stimmt, dass kaltblütige und vorsätzliche Morde in Island selten sind, und das ist wohl gut so«, sagte er. »Mord ist kein isländisches Verbrechen. Deswegen verfügen wir vielleicht nicht über die Erfahrung, die andere Nationen damit haben, aber darauf kann ich auch sehr gut verzichten.«
    »Wir sind hier, weil wir wissen möchten, was für eine Bedeutung dahinterstecken könnte, dass das Mädchen auf das Grab von Jón Sigurðsson gelegt wurde«, ergriff Sigurður Oli wieder das Wort. »Gab es im Leben von Jón Sigurðsson etwas, was das erklären könnte? Oder handelt es sich vielleicht um ein allgemeines Statement, womöglich ein politisches? Falls derjenige, der sie dort hingelegt hat, das aus einem wohlüberlegten Grund tat, lässt sich vielleicht der Schluss daraus ziehen, dass er nicht ungebildet ist und etwas über Jón weiß, wovon wir nichts wissen. Suchen wir also womöglich nach einem Mörder mit akademischem Hintergrund?«
    »Vielleicht nach einem Historiker«, sagte Ingjaldur, während er Asche und Tabakreste aus dem Pfeifenkopf in einen überquellenden Aschenbecher ausklopfte.
    Erlendur musste ein wenig grinsen, die Miene von Sigurður Óli verfinsterte sich jedoch noch mehr.
    »Jón Sigurðsson steht in erster Linie für den Unabhängigkeitskampf unserer Nation, ist sozusagen ein Symbol für die Einigung«, erklärte Ingjaldur, endlich zur Sache kommend. »Er wurde gewissermaßen

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