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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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einstieg.
    Auf welche Weise er ursprünglich im Wirtschaftsleben Fuß gefasst hatte, lag ziemlich im Dunkeln. Gerüchten zufolge war er an großangelegtem Schmuggel von hochprozentigem Alkohol und Drogenimport beteiligt gewesen, was ihm enorme Profite eingebracht hatte. Man wusste von ihm, dass er skrupellos war und sich die Schwächen anderer geschickt zunutze zu machen wusste. Aufgrund seiner Vorgehensweisen hatte er einen ziemlich anrüchigen Ruf, aber nichts konnte ihm gleichgültiger sein. Freundschaft und bedingungslose Loyalität ließen sich kaufen, wenn er sie benötigte.
    Unzählige Geschichten existierten über ihn. Es hieß zum Beispiel, dass er von Anfang an mit illegalen Mitteln gearbeitet hatte und es immer noch tat. Bereits bei seinen ersten geschäftlichen Transaktionen brachte er seine Mitarbeiter und sogar seine Geschäftspartner dazu, Gesetze zu übertreten, eine kleine Unterschlagung hier, ein gefälschtes Dokument dort. Das bewegte sich anfangs alles in sehr kleinem Rahmen und fiel nicht weiter auf, doch bevor der Betreffende sich versah, steckte er mitten drin in einem Netz von Betrügereien und war ein wichtiges Kettenglied in dem System, das Kalmann um sich herum aufgebaut hatte und aus dem es kein Entkommen gab. Einige begriffen schnell, worauf es hinauslief, zogen sich umgehend aus den Geschäftsverbindungen zurück und schüttelten den Kopf über ihn. Sie berichteten nur im vertrautesten Kreis von ihren Erfahrungen mit diesem Mann. Die anderen, die sich auf Kalmann und seine Geschäftspraktiken einließen, versanken immer tiefer im Sumpf. Wieder andere – hierzu gehörten Kalmanns engste Mitarbeiter – hatten in dieser Hinsicht eine ähnliche Einstellung wie er.
    Kalmann behielt seine Methoden auch weiterhin bei, nachdem er sich eine goldene Nase in der Baubranche verdient hatte, zunächst bei der Errichtung von Kraftwerken und später im Wohnungsbaugewerbe, obwohl es gar nicht mehr nötig gewesen wäre. Niemand hatte bislang gewagt, ihn hochgehen zu lassen. Der eine oder andere beklagte sich zwar immer mal wieder in der Klatschpresse bitter über ihn, aber wer nahm die schon ernst? Andere Medien befassten sich kaum oder gar nicht mit ihm.
    Kalmann hatte seine Finger überall im Spiel. Er besaß die Mehrheit der Anteile im größten Hoch- und Tiefbauunternehmen des Landes und hatte erheblichen Profit gemacht, weil seine Angebote bei den Ausschreibungen für die großen Kraftwerkprojekte in den siebziger Jahren stets die niedrigsten waren und den Zuschlag erhielten. Mitte der achtziger Jahre waren ihm große Areale im östlichen Teil von Kópavogur, in Hafnarfjörður und nördlich von Reykjavík zugeteilt worden, wo ein neues Wohnviertel nach dem anderen aus dem Boden gestampft wurde. Er besaß Anteile am größten Einkaufszentrum des Landes und hatte Pläne, in Zusammenarbeit mit einer englischen Ladenkette eine weitere Shopping-Mall in den Neubaugebieten in Grafarvogur zu errichten. Bei diesem Projekt handelte es sich um den dritten Komplex dieser Art, der innerhalb von kürzester Zeit im Hauptstadtgebiet entstand.
    Darüber hinaus war Kalmann einer der führenden Importeure im IT-Bereich. Er besaß große Anteile an Software-Firmen und an den wichtigsten Zeitungen und Fernsehstationen, und er saß in den Aufsichtsräten von zahlreichen Aktiengesellschaften. Er war Vorstandsmitglied in einem der größten Fischereiunternehmen des Landes, das enorm schnell gewachsen war, nachdem das Quotensystem eingeführt worden war. Über seinen Anteil an diesem Unternehmen war nichts publik geworden. Er war bekannt für seine brilliante Verhandlungstechnik, und das Unternehmen hatte sich Quotenanteile an Land gezogen, wann immer welche zu haben waren.
    Kalmann hatte vielfältige Beziehungen zu politischen Vereinigungen des rechten wie des linken Flügels. Er unterstützte sie mit großzügigen Zuwendungen und war mit Ministern befreundet, obwohl dergleichen nie an die große Glocke gehängt wurde. Die Bekanntschaft mit einem hochgestellten Beamten der Stadtverwaltung hegte und pflegte er sorgsam. Die Steuern, die er laut den öffentlichen Bekanntmachungen, die jeder einsehen konnte, abführte, standen in keiner Weise in Übereinstimmung mit dem, was er als einer der reichsten Männer des Landes eigentlich zu zahlen gehabt hätte.
    Er ging auf die fünfzig zu, war geschieden und hatte keine Kinder. Seine Familie war nicht groß. Seine Mutter war gestorben, als er im Konfirmationsalter war. Sein Vater

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