TODESSAAT
ziemlich viel Zeit damit zugebracht.« Er reichte ihr eins der Bücher – es trug den Titel Handbuch der essbaren Pilze und anderer Schwämme – und schlug eine abgegriffene Seite ziemlich weit hinten auf. »Das ist er nicht.« Er pochte mit dem Fingernagel auf die bebilderte Seite. »Aber unter dem, was ich gefunden habe, kommt er ihm am nächsten. Mein Pilz war eher schwarz – und zwar zu Recht.«
Sie betrachtete die Seite. »Der Gemeine Kartoffelbovist?«
Harry seufzte. »Er kommt nicht allzu häufig vor! Jedenfalls nicht die Art, die ich gesehen habe. Als ich mich schlafen legte, waren sie noch nicht da, aber als ich aufgewacht bin, schon: ein Kreis unnatürlich vollreifer Leiber – kleine, schwarze Pilze oder Boviste, die bereits faulten und bei der geringsten Bewegung aufplatzten und ihre scharlachroten Sporen herausschleuderten. Ich weiß noch, dass ich geniest habe, als mir der Staub in die Nase gedrungen ist.
Später, als sie völlig verrottet waren, haben sie gestunken ... na ja, wie die Pest. Nein, sie waren eine Pest. Ich sehe es noch vor mir, wie sie sich in der Sonne aufgelöst haben. Kurz danach hat Faethor mir auch noch viel Glück gewünscht – an sich hätte mich das schon stutzig machen sollen – und mir den Rat gegeben, keine Zeit zu vergeuden, sondern was ich mir vorgenommen hätte, unverzüglich zu erledigen. Es ist mir komisch vorgekommen, dass er das sagte, wie er es gesagt hat, aber er ist dann auch nicht näher darauf eingegangen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du hast Sporen von einem Giftpilz eingeatmet und bist dann ...?«
»... ein Vampir geworden, ganz recht«, führte er ihren Satz zu Ende. »Aber die Sporen stammten nicht einfach von irgendeinem Pilz. Die Dinger sind aus Faethors Schleim entstanden, aus seiner Verderbtheit. Sie wurden in seinem Leichnam ausgebrütet. Aber ... na ja, das ist noch nicht alles. Über die Jahre habe ich ja auch oft mit Vampiren zu tun gehabt und sie dabei kennengelernt – vielleicht ein bisschen zu gut. Ich bin mir nicht sicher, aber möglicherweise hat das auch eine Rolle gespielt. Wenigstens weißt du jetzt, warum du besser nicht mit mir ins Bett gegangen wärst. Bei mir haben ein paar Sporen genügt. ... Und was braucht es bei dir?«
»Aber solange ich mit dir zusammen bin ...«, begann sie.
»Penny«, unterbrach er sie. »Ich bleibe nicht hier, noch nicht mal in dieser Welt.«
Sie flog in seine Arme. »Das ist mir egal! Nimm mich mit, wohin du auch gehst, egal wann, und ich werde immer für dich da sein.«
Gut , dachte er, ich werde auch jemanden brauchen. Und außerdem bist du ein hübsches Ding. Laut sagte er: »Aber ich kann nirgendwohin gehen, ehe ich nicht mit Found fertig bin. Es ist nicht nur wegen dir, sondern es geht auch um all die anderen, die er umgebracht hat. Um eine ganz besonders. Ich habe es ihr versprochen.«
»Found?«
»So heißt er, Johnny Found. Und ich muss ihn mir schnappen. Er muss sterben, weil er ... weil er so ist wie ich und all die anderen, mit denen ich mich befassen musste: Etwas wie ihn darf es nicht geben. Nicht in einer anständigen Welt. Ich meine, Found tut sogar den Toten weh! Ist Sterben nicht auch ohne ihn schon schlimm genug? Und was, wenn er jemals Kinder haben sollte? Wie werden die sein, he? Wird ihre Mutter sie auch auf einer Türschwelle aussetzen? Nein, jemand muss ihn aufhalten, und zwar hier und jetzt.«
Allein der Gedanke an den Nekromanten hatte Harry in Rage versetzt, und wenn nicht Harry, dann mit Sicherheit seinen Vampir. Er fragte sich, was Found jetzt, in diesem Augenblick, wohl gerade machte.
Es war mehr als nur eine Frage – Harry musste es einfach wissen. Er löste sich aus Pennys Umarmung, löschte das Licht, stand reglos in dem abgedunkelten Zimmer und ließ sein übersinnliches Bewusstsein schweifen. Founds Adresse und den Weg dorthin kannte er ja. Er streckte seine telepathischen Fühler aus nach Darlington, in die Straße, das Haus, die Wohnung im Erdgeschoss ... und fand sie leer vor.
Das war die Gelegenheit, sich etwas zu besorgen, was dem Nekromanten gehörte. Ob das Haus überwacht wurde? Wahrscheinlich. Aber mit ein bisschen Glück würde er sich dort nicht lange genug aufhalten, um entdeckt zu werden. »Penny, ich muss noch mal weg«, sagte er. »Aber ich bin gleich wieder zurück. Es dauert höchstens ein paar Minuten. Du schließt die Türen ab und bleibst hier im Haus.« Seine roten Augen glühten. »Das Haus gehört mir! Sollen sie es nur wagen, zu ... zu
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