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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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schauderte ihr vor der Unausweichlichkeit des Ganzen, und sie fragte: »Wann werden wir dorthin gehen?«
    »Bald«, sagte er.
    »Können wir denn nicht hier bleiben? Dieser Ort jagt mir ja jetzt schon Angst ein.«
    »Machen dir meine Augen Angst?« Sie wirkten, als hätte er kleine Lampions im Gesicht.
    »Nein«, lächelte sie, »ich weiß ja, dass sie dir gehören.«
    »Aber andere fürchten sich davor.«
    »Weil sie dich nicht kennen.«
    »Auf Starside werde ich uns eine Feste bauen«, sagte Harry. »Und deine Augen werden genauso rot sein wie meine.«
    »Wirklich?« Sie schien sich beinahe darauf zu freuen.
    »Aber ja doch!«, sagte Harry. Bei sich dachte er: Darauf kannst du Gift nehmen, mein armer, kleiner Engel. Denn bereits jetzt, viel zu früh und vollkommen unerwartet, konnte er in ihren Augen einen ganz schwachen Rotschimmer ausmachen ...
    Während sie in seinen Armen schlief, saß Harry da und schmiedete Pläne. Nichts Besonderes, nur etwas, um sich zu beschäftigen. Sie hielten ihn davon ab, zu sehr über seinen und Pennys bevorstehenden Aufbruch nachzudenken, über die damit verbundenen Gefahren. Darüber, dass sie unvermeidlich gehen mussten.
    Denn es war unausweichlich – genau wie das Brummen des Helikopters, dessen Suchscheinwerfer von Osten her über den Strand schwenkten. Harry hatte geglaubt, hier seien sie ... oh, eine ganze Zeit lang sicher. Doch als er nach den Gedanken der Leute in dem summenden Hubschrauber tastete, sah er ein, dass er sich geirrt hatte. Es waren ESPer.
    »Das Dezernat«, sagte er, möglicherweise etwas heftig. Damit weckte er Penny auf und formte in Gedanken bereits Möbiusgleichungen.
    »Was, sogar hier?«, murmelte sie, während er sie quer durch den Kontinent in ein Modegeschäft nach Sydney versetzte.
    »Sogar hier ... dort ... ganz recht«, sagte er. »Eigentlich überall. Ihre Lokalisierer werden mich finden, wo ich auch hingehe. Sie werden ihre Kontaktleute auf der ganzen Welt in Alarmbereitschaft versetzen. ESPer und Kopfgeldjäger werden uns jagen und in die Enge treiben und schließlich verbrennen. Wir können nicht gegen eine ganze Welt ankämpfen. Und selbst wenn ich es könnte, will ich es nicht. Denn zu kämpfen, heißt zu kapitulieren – vor dem Ding in mir. Und ich ziehe es vor, einfach nur ich selbst zu sein. Jedenfalls solange es geht. Aber heute Abend führen wir sie alle noch einmal an der Nase herum, einverstanden? Morgen werden wir nämlich sterben.«
    »Sterben?«
    »Zumindest für diese Welt werden wir tot sein«, erklärte er.
    Aufs Geratewohl suchten sie sich die teuersten Kleider und einen teuren Lederkoffer aus, um sie zu verstauen. Als die Alarmanlage schließlich losschrillte, zogen sie weiter.
    Sie hatten den Strand um 9.00 Uhr abends Ortszeit verlassen. In dem Laden, den sie ausplünderten, war es 11.30 Uhr. Da sie sich ostwärts abgesetzt hatten, war es 5.00 Uhr morgens, als sie sich an einem anderen Strand (Long Beach) im ersten Licht der Morgendämmerung anzogen, und kurz nach 8.00 Uhr, als sie sich in New York zu einem Sektfrühstück hinsetzten – und all das innerhalb einer Spanne von etwa dreißig Minuten!
    Penny aß ihr Steak halb durchgebraten, Harrys Steak war so roh, dass es vor Blut nur so troff, genau wie er es bestellt hatte. Dazu tranken sie drei Flaschen Champagner. Als der Necroscope die Rechnung bekam, lachte er, zog Penny auf seinen Schoß, kippte seinen Stuhl nach hinten ... und die beiden verschwanden im Möbius-Kontinuum.
    Minuten später (um 10.30 Uhr abends Ortszeit) und zirka dreieinhalbtausend Meilen nördlich von ihrem Ausgangspunkt plünderten sie den Hochsicherheitstrakt der Bank von Hongkong. Gegen Mitternacht hatten sie eine halbe Million Hongkong-Dollars an den Spieltischen von Macau verloren. Ein paar Minuten später (um 6.30 Uhr abends Ortszeit) verfrachtete Harry – er bestellte noch immer Champagner und trank ihn auch – eine völlig beschwipste Penny in ein Hotelbett in Nikosia, damit sie dort ihren Rausch ausschlief. Sie war mit Perlen und Diamanten behängt, und ihre Haut verströmte einen leichten Alkoholdunst. Für die Dinge, die sie während des letzten halben Tages ihres Erdenlebens gesehen, getan und erlebt hatte, hätten die meisten Frauen (so sie denn ehrlich wären) viel gegeben. Penny hatte eine Welt dafür aufgegeben. Deshalb hatte Harry ja das Ganze für sie arrangiert.
    Ihre Zechtour hatte etwas über drei Stunden gedauert. Den Lokalisierern in der Londoner Zentrale des E-Dezernats –

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