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Todesschach

Todesschach

Titel: Todesschach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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Wenn er einen entsprechenden Wunsch äußerte, lag es stets an Oberst Rangel, ihn von den Gefahren zu überzeugen, die ihn außerhalb der Befehlszentrale erwarteten.
    Der Weg in umgekehrter Richtung war nur schwach abgesichert.
    Kern blieb in dem schmalen Graben liegen, bis der Posten vorbeigegangen war. Vor ihm stieg das Gelände weiter an, und oben auf dem Hügel erkannte er im Mondlicht die Umrisse des Palastes. Davor war der langgestreckte schwarze Schatten der Mauer.
    Bis jetzt war alles glatt gegangen. Er hatte angenommen, das Vorfeld sei besonders abgesichert, aber das hatte sich als Irrtum herausgestellt. Wahrscheinlich rechnete niemand damit, daß jemand in den Palast eindringen könnte. Warum auch? Für die Welt war Grödig ein harmloser Spaßmacher, der nur auf den Bildschirmen regierte, mordete und Krieg führte. Man war ihn los, indem man das Gerät abschaltete. So einfach war das.
    Aber die Mauer!
    Kern wußte, daß der Draht auf der Mauerkrone elektrisch geladen war. Sein schwarzer Gummianzug würde ihn schützen, aber er mußte darauf achten, daß es zu keiner Entladung kam. Der Blitz würde ihn vorzeitig verraten. Vielleicht gab es auch Alarmanlagen, die er versehentlich auslöste.
    Der Wachtposten verschwand in der Dunkelheit. Der nächste würde in zwei Minuten folgen. In der Zwischenzeit mußte Kern die nächsten hundert Meter hinter sich bringen.
    Er schob sich aus dem Graben und kroch auf allen vieren weiter, um sich nicht gegen den helleren Himmel abzuheben. Mit den Infrasuchgeräten allerdings würde man ihn auch auf dem Boden entdecken können – falls sich jemand die Mühe machte, den Boden damit abzusuchen.
    Die Fernsehgesellschaften, die den ganzen Spaß mit Genehmigung der Regierung finanzierten, brachten dem Militär eine Stange Geld ein. Das war aber auch notwendig, denn der Anteil des Verteidigungsministeriums am Staatsbudget betrug nur noch knapp zwei Prozent. Das reichte gerade zur Einkleidung, Verpflegung, Entlöhnung und knapper Bewaffnung der Armee aus. Den Rest des Geldes beschafften sich die Streitkräfte durch private Initiative. Wie in diesem Fall durch den Sonderauftrag der Fernsehgesellschaften. Die Gebühren waren entsprechend hoch, aber dafür wurde auch einiges geboten.
    Knapp vor der Mauer wurde das Gelände hügeliger und bot mehr Deckung. Die Stellen, an denen einst Bäume gestanden hatten, waren noch nicht zugewachsen. Kern kauerte sich in eine solche Vertiefung und wartete auf die Wachtposten. Hier patrouillierten sie zu zweit, wußte er.
    Sie kamen etwas später und blieben knapp zwei Meter von ihm entfernt stehen. Zum Glück drehten sie ihm den Rücken zu und sahen hinab in Richtung des Waldes. Der eine kramte in seinen Taschen.
    »Hast du eine Zigarette, Jerry?«
    Der andere brummte:
    »Du weißt, daß das Rauchen verboten ist. Ich habe keine Lust, mich erwischen zu lassen. Die ziehen uns glatt einen Tageslohn ab.«
    »Ist doch nichts los, Esel. Der O. v. D. hat seine Runde schon gedreht und pennt wieder. Oder er qualmt eine.« Er zog das Päckchen aus der Tasche. »Habe selbst noch welche, wie du siehst. Willst du eine?«
    »Gib schon her, aber halte die Hand davor.«
    Kern konnte beobachten, daß sie die Zigaretten in den Mund steckten und kräftig daran sogen. Sie entzündeten sich automatisch. Der aromatische Duft wehte in Kerns Nase, und er duckte sich tiefer in sein Loch. Die Kerle schienen hier Wurzeln schlagen zu wollen.
    »Bin gespannt, wie lange wir das hier noch machen sollen.«
    »Von mir aus ewig. Ist besser als die Kaserne.«
    »Kommt ja doch keiner, auf den wir mal ballern können – nur so zum Spaß, natürlich.«
    »Gibt genug Kaninchen.«
    »Auf die darf nicht geschossen werden«, erwiderte Jerry lakonisch.
    Sie rauchten schweigend, dann zertraten sie die Kippen und gingen weiter.
    Kern atmete auf, als sie in der Dunkelheit verschwanden. Sie nahmen ihre Arbeit also nicht besonders ernst, die Herren Soldaten. Nun, ihm konnte es recht sein. Lediglich der Drang Jerrys, mal zum Spaß auf Menschen schießen zu dürfen, bereitete ihm Kummer. Nun gab es die Todesspiele, in denen sich derartige Charaktere bisher abreagieren konnten. Zu den Spielen gehörte aber Mut, und manche Menschen wollten eben nur schießen, sie wollten nicht, daß auch auf sie geschossen wurde.
    »Ihr werdet bald Gelegenheit haben, euch zu amüsieren«, murmelte Kern verbittert und schob sich aus dem Loch. Es waren nur wenige Meter bis zur Mauer. »Hoffentlich ist keine

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