Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
sicher, ob überhaupt ein Mord begangen worden war – und der Polizei ging es anscheinend genauso.
»Ich kann mich nicht erinnern, Blut daran gesehen zu haben. Eigentlich habe ich nirgendwo auch nur einen Blutfleck gesehen«, sagte sie.
»Es war nicht viel Blut, aber genug, um es untersuchen zu können. Wir haben es erst gesehen, als wir die Yacht mit UV-Licht gescannt haben. Da haben wir an zwei von vier Kissen Blutspuren entdeckt. Alles von derselben Person. Lára.«
»Klingt nicht nach lebensbedrohlichem Blutverlust.«
»Schwer zu sagen. Es gab auch Reste einer Blutspur vom Deck bis ins Wohnzimmer, die weggewischt wurde. Wir wissen nicht, ob es sich dabei um einen kleinen Unfall oder etwas Schlimmeres handelte. Ansonsten gab es keine Spuren von größeren Blutmengen auf der Yacht. Wir wissen nicht, ob es überhaupt ein Unfall war. Vielleicht wurde sie auch geschlagen oder mit einem Messer verletzt.« Der Polizist ließ sich von seinem Kollegen die Unterlagen geben. »Oder jemand hat auf sie geschossen. Die jüngsten Informationen lassen die Ereignisse in einem völlig neuen Licht erscheinen.«
»Sie meinen das mit der Pistole?«, fragte Dóra, obwohl die Antwort offensichtlich war.
Der jüngere Polizist trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
»Haben Sie die inzwischen gefunden?«
»Nein, wir haben alles abgesucht, aber vielleicht haben wir sie übersehen. Ich habe zur Sicherheit eine erneute Suche angeordnet, die gerade stattfindet.«
Die Yacht war zwar groß, dennoch war der Platz begrenzt. Und wenn die Pistole im Meer gelandet war, sah die Sache schlecht aus.
»Gibt es auch Ergebnisse über die Untersuchung des Bluts, das zwischen den Tanks gefunden wurde?«
»Ja, es ist von Halldór. Der Vergleich war einfacher, weil wir seine Leiche haben.«
Dóra sprach schnell weiter, damit die Bilder von der Leiche nicht wieder vor ihren Augen abliefen:
»Sie wissen also sicher, dass Halldór und Loftur tot sind und Lára wahrscheinlich etwas Schlimmes zugestoßen ist, aber das Schicksal von Þráinn, Ægir und den Zwillingen ist noch unklar?«
»Ja, so sieht es aus.«
Der junge Polizist nickte, wie um die Antwort seines Vorgesetzten zu unterstreichen.
»Und falls etwas Illegales im Spiel ist, kommen nicht viele in Frage?«
»Nein«, sagte der Polizist und sah sie scharf an, »und einer davon ist Ægir.«
Der Gesichtsausdruck des jüngeren Mannes verhärtete sich ebenfalls, als sei er da, um das Gespräch pantomimisch zu begleiten. Dóra lächelte ihm zu und überlegte, ob sich Bella für eine solche Rolle trainieren ließe. Sie könnte bestimmt wesentlich effektvollere Mienen aufsetzen als der junge Polizist.
»Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, aber wir haben schon ganz am Anfang jeden Winkel der Yacht von einem Drogenspürhund absuchen lassen, ohne etwas zu finden. Wir dachten nämlich, es sei Schmuggel im Spiel, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Die Drogenpolizei in Portugal hat auch keine Hinweise darauf. Daher haben wir diese Möglichkeit ausgeschlossen. Wobei es durchaus sein kann, dass der Stoff auf der Yacht so gut verpackt war, dass der Spürhund ihn später nicht mehr lokalisieren konnte. Aber wer hätte ihn von Bord schaffen sollen? Falls es so war, ist jedenfalls klar, wo das Zeug runtergeschafft wurde. An der Küste von Grótta. Und da waren wahrscheinlich Komplizen, die den Stoff und den Schmuggler in Empfang genommen haben.«
»Haben Sie untersucht, ob ein blinder Passagier an Bord gewesen sein könnte?«
Dóra kam die Frage fast kindisch vor, aber sie musste sie trotzdem stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ægir oder Lára in Verdacht gerieten, erhöhte sich mit jedem neuen Opfer, und falls der Kapitän auch noch an Land gespült wurde, sah es finster aus.
»Wir haben ziemlich viele Fingerabdrücke genommen, ohne dass etwas Besonderes dabei herausgekommen wäre. Da haben sich über Jahre hinweg Fingerabdrücke angesammelt, jedenfalls an den Stellen, wo nicht regelmäßig geputzt wurde. In den Aufenthaltsräumen, im Wohnzimmer, in der Küche und sogar auf der Brücke waren überraschend wenige Fingerabdrücke. Gut möglich, dass jemand sie sorgfältig weggewischt hat. Oder dort wurde so gut geputzt«, antwortete der Polizist und rieb sich konzentriert das Kinn. »Das, was wir gefunden haben, ist, wie ich schon sagte, verwirrend. Außerdem wissen wir nicht, ob wir von Ægir, Lára und den Zwillingen die richtigen Fingerabdrücke haben. Sie sind nie mit dem Gesetz in
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