Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Konflikt geraten und nicht polizeilich registriert. Wir müssen uns ihre Fingerabdrücke noch in ihrem Haus beschaffen. Lofturs und Halldórs Fingerabdrücke haben wir ja schon von den Leichen. Sie waren zwar schlimm zugerichtet, aber die Techniker haben es irgendwie geschafft.«
»Was ist mit dem Kapitän? Haben Sie dessen Abdrücke?«
»Ja, er wurde vor gut zehn Jahren bei einer Schlägerei festgenommen. Nichts Dramatisches, aber genug, um ihn festzunehmen.«
»Und sonst ist Ihnen nichts Besonderes aufgefallen?«, fragte Dóra.
»Nicht direkt. Wir haben an sehr vielen Stellen zwei Paar Fingerabdrücke gefunden, die wir nicht identifizieren konnten. Sie stammen wahrscheinlich von Frauen, aber das heißt nichts. Sie können durchaus aus der Zeit stammen, bevor die Yacht versiegelt wurde.«
»Könnten die nicht von Karítas oder ihrer Assistentin Aldís sein?«
»Schwer zu sagen. Karítas’ und Aldís’ Fingerabdrücke sind nicht registriert, aber wir wissen, dass sie ungefähr zur selben Zeit in Lissabon waren. Vielleicht versuchen wir, uns ihre Fingerabdrücke bei ihnen zu Hause als Vergleich zu beschaffen, aber zum jetzigen Zeitpunkt möchten wir ihre Familien nicht unnötig beunruhigen. Nichts weist darauf hin, dass die beiden Frauen etwas mit dem Fall zu tun haben. Oder sind Sie da anderer Meinung?«
»Nein«, sagte Dóra und schüttelte den Kopf. »Haben Sie denn überprüft, ob Karítas und ihre Assistentin Lissabon verlassen haben? Haben Sie die Flüge gecheckt?«
Der Polizist schaute sie mit seinen merkwürdigen grünen Augen an und sog Speichel zwischen den Schneidezähnen ein. Der jüngere Mann machte nur eine tiefgründige Miene, als dächte er darüber nach, ob es richtig sei, die Fragen dieser Anwältin zu beantworten.
»Ja, haben wir. Um auszuschließen, dass eine von ihnen die Tote ist, die der Kapitän gemeldet hat.«
»Und?«
»Aldís ist am selben Tag, als die Yacht abgelegt hat, nach Frankfurt geflogen, aber Karítas scheint die Stadt nicht verlassen zu haben, zumindest nicht mit dem Flugzeug«, sagte er und schnalzte. »Das schließt natürlich andere Transportmittel nicht aus. Sie könnte mit dem Zug oder dem Auto gefahren sein. Oder sogar mit einem Schiff. Oder unter einem anderen Namen geflogen sein, sie befand sich ja im Bereich des Schengener Abkommens. Ich weiß nicht, wie Leute wie Karítas leben, vielleicht hatte sie verschiedene Pässe. Aber wo auch immer sie ist und wie sie dahin gekommen ist, sie ist jedenfalls nicht in Lissabon. Ihre Mutter sagt, sie stünde mit ihr in Kontakt, wenn auch nur sporadisch, und behauptet, sie sei in Brasilien. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Letzten Monat ist niemand mit ihrem Namen nach Brasilien geflogen, das haben wir überprüft. Und um dahin zu kommen, braucht man einen Pass. Ihre Mutter meint, sie hätte keine ausländische Staatsbürgerschaft und besäße nur einen isländischen Pass. Aber wie gesagt, solange ihre Mutter behauptet, Karítas sei am Leben, können wir nicht viel machen.«
Dóra lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Jetzt war sie endgültig davon überzeugt, dass die Tote an Bord Karítas war. Im Grunde war sie erleichtert, doch andererseits brachte das neue Fragen auf: Wer hatte sie getötet und warum? Hatte Ægir etwas damit zu tun?
»Ist das dieselbe Schrift?«, fragte Dóra und drehte die beiden Blätter in Matthias’ Richtung.
»Ich würde sagen, nein, aber das eine ist nur eine Unterschrift und das andere ein kurzer Text. Seinen Namen schreibt man anders als andere Texte«, sagte Matthias und musterte die Blätter genauer. »Aber das ist so unterschiedlich, dass es kaum dieselbe Handschrift sein kann. Wenn ich raten sollte, würde ich sagen, das ist von einer Frau und das von einem Mann.«
Er schob die Blätter zu ihr herüber. Genau das wollte Dóra hören. Das eine war die letzte Seite des Versicherungsvertrags mit Ægirs Unterschrift und das andere der Zettel mit Karítas’ Namen und Telefonnummer.
»Sehe ich auch so. Aber welche Frau hat das für Ægir aufgeschrieben? Vielleicht Karítas selbst?«
»Muss nicht sein«, antwortete Matthias gähnend. Er hatte früh aufgehört zu arbeiten und war auf gut Glück bei Dóra in der Kanzlei vorbeigekommen. Anstatt es ihm gleichzutun, hatte sie ihn in ihr Büro geschleift, um seine Meinung über diverse Unklarheiten zu hören.
»Das könnte doch wer weiß wer geschrieben haben.«
»Wer denn?« Dóra betrachtete den Zettel, als erwarte sie, dass ihr
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