Todesschlaeger - Ein Golferkrimi
benötigen.«
Dankend nickte er dem Arzt zu. Sie unterhielten sich noch eine Weile, dann verabschiedeten sie sich höflich und gingen zu ihrem Auto zurück.
Wieder im Wagen sitzend, brach es aus Genko heraus:
»Sakra! Ist denn das die Möglichkeit? In diesem Fall läuft ja gar nichts normal. Aber wir haben ja noch eine andere Möglichkeit. Ich rufe jetzt in der Dienststelle an und lasse uns vom zuständigen Landeseinwohneramt das jüngste Passfoto Meinerts ins Büro schicken, obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass es auch nicht neuer als das Bild von eben ist.«
Der Kommissar nickte nur und lenkte den Wagen Richtung Österreich. Sie würden noch so lange fahren, bis es dunkel wurde, dann erst ein Quartier für die Nacht suchen. Wenn alles gut lief, dann würden sie am kommenden Vormittag auf der Polizeidienststelle in Ehrwald sein können.
Im gemütlichen Ferienort Ehrwald, der direkt unter dem Zugspitzgebiet auf der österreichischen Seite liegt, hatten Michael Schlosser und sein Mitarbeiter keine Probleme, die Polizeidienststelle zu finden, denn es gab nur eine Einzige. Schnell hatten sie in dem kleinen Bauwerk den zuständigen Kriminalbeamten erfragt und waren nach einer kurzen Vorstellungszeremonie flott bei der Sache.
»Sie haben also damals die Untersuchungen im Fall Frederik Meinert durchgeführt, Kollege?«, wollte Michael Schlosser von dem Österreicher wissen.
»Ja, freilich. Des war ja eh nua a Skiunfall, wie wir’s zu Hauf im Winter hier hab’n.«
Als er nach dieser Antwort Genko anschaute, hätte er am liebsten laut gelacht, denn dieser stand leicht nach vorne gebeugt neben ihm, schien nur der Aussprache des Österreichers zu lauschen, hatte einen kleinen Notizblock gezückt und hielt einen angeknabberten Bleistift in der Hand. Er war überzeugt davon, dass sein Mitarbeiter seine Marotte, mit Gewalt immer wieder bayrisch oder österreichisch klingende Worte an den Beginn seiner Sätze zu stellen, hier unterlassen würde. Genauso sicher war er sich, dass Genko in den kommenden Stunden weiterhin wie ein Luchs auf die Aussprache achten würde, um dann neue Ausdrücke seinem fragwürdigen Sprachschatz hinzuzufügen.
»Gab es denn Zeugen für diesen Unfall?«
»Na, net. Es soi zwar irgend a anderer Mo dogwes’n sein, aba wirklich g’sehn hat’n koana.«
»Wer hat denn behauptet, dass ein zweiter Mann dabei war?«
»Die Muatta vom Unfallopfer hat’s gsagt. A paar Tog vorher soi der Frederik mit an andern Mo rumg’fahrn sein. Aber nix genaues woas man net. Wir habn freilich g’suacht, aba nix g’fundn. Koana hot’n am Unfalltag g’sehn.«
»Andere Zeugen konnten das nicht bestätigen?«
»Na, wie denn a? Alle hams dicke Skiklamotten an, fast alle trag’n Brill’n.«
»Aber möglich wäre es, oder?«, hakte jetzt auch Genko nach.
Ha – wirklich ohne seine üblichen Redewendungen, grinste Schlosser in sich hinein.
»Freilich. Möglich wär’s scho, aba …«
»Wieso ist die Akte von damals nicht mehr auffindbar?«
Der österreichische Kollege begann sich zu winden. Es war ihm offensichtlich sehr peinlich, dass so etwas in seinem Amt geschehen war.
»I woas wirklich net, wo die Drecksakte hikumma is. So was is no nia passiert, werter Kollege, wirklich nia.«
»Könnte sie gestohlen worden sein?«
»Woos? Ja, scho! Aber wozu denn dees?«
Der Beamte war erstaunt. Er verstand offensichtlich nicht.
»Na, macht nichts. Eine andere Sache. Wäre es Ihnen möglich, uns den Unfallort zu zeigen?«
Sichtlich froh, dass dieses unliebsame Thema wieder vorüber war, ging der Österreicher schon fast fröhlich auf dieses Ansinnen ein:
»Freilich, Kollegen, gerne. Wir hab’n no vui Zeit heit und könna glei da rauf fahr’n.«
Zwei Stunden später waren sie nach einem langen, für Schlosser sehr beschwerlichen Fußmarsch an dem Ort, von dem aus man in die Schlucht blicken konnte, in der der Abgestürzte gefunden worden war. Er warf einen ausgiebigen Blick in die Umgebung. Das Panorama in diesem Bereich der Alpen war aufgrund der klaren Sicht faszinierend. Über ihm türmten sich mächtige Bergspitzen, unter ihm tiefe Täler. In die Schlucht selbst hätte man nur als geübter Bergsteiger mit voller Ausrüstung klettern können. Unzählige Latschen und Kiefern säumten die schmale Schlucht und kletterten im weiten Rund die Berghänge bis zur Vegetationsgrenze hinauf.
Schwer schnaufend stand er am Rand der Klamm und schaute mit leicht schwindeligem Gefühl in den dunklen
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