Todesschlaf - Thriller
Lachen bringen. Er würde sie vergessen lassen, dass sie ihre Mutter am liebsten ausgepeitscht hätte, weil diese angesichts der Vorstellung, Joe könnte in einer Anstalt wie Golden Grove enden, ohne Hoffnung auf ein Entkommen, in Lachen ausgebrochen war.
Letztendlich hatte sie ihr doch das Geld geliehen. Der Preis war jedoch fast zu hoch gewesen.
Darüber hinaus hatte sie Timmie Dinge verraten, die diese gar nicht wissen wollte. In den anderen Krankenhäusern der Stadt hatte sich eine gewisse Nervosität in Bezug auf Restcrest breitgemacht. Die Medizin war in St. Louis seit jeher ein risikoreiches Geschäft, und die anderen Häuser hatten sich kurz nach Alex Raymonds Niederlassung hier ebenfalls entschlossen, sich auf Alzheimer zu konzentrieren. Jetzt wollten natürlich alle einen Fuß in die Tür bekommen. Und, was noch wichtiger war, sie wollten Alex wieder hinausbefördern.
Dieser Wettbewerb konnte doch nichts mit den Toten in Restcrest zu tun haben, oder etwa doch? Timmie schüttelte bewusst den Kopf. Nein. Das würde die ganze Sache viel zu kompliziert machen, und von Kompliziertheiten hatte sie für den Rest ihres Lebens genug.
Timmie fuhr über die Brücke. Unter ihr glitt schläfrig das silberne Band des Stroms dahin und hinter den Klippen am anderen Ufer sah sie St. Charles liegen, die erste Hauptstadt des Bundesstaates Missouri. Das am Flussufer gelegene Stadtzentrum präsentierte sich immer noch stolz mit Kopfsteinpflasterstraßen und historischen Backsteingebäuden, die heutzutage Antiquitätenläden und Restaurants beherbergten. Hier war es still und schattig und das Leben ging im selben gemächlichen Tempo voran wie der Fluss - alles in allem also ein ideales Ausflugsziel an einem herbstlichen Vormittag. Vor allem, wenn man auf der Straße von Conrad erwartet wurde.
Timmie stellte den Wagen ab, schnappte sich ihre Handtasche und rannte zur Begrüßung auf ihn zu. Noch im Laufen fing sie an zu lächeln, als sie den neuen, weißen Panamahut bemerkte, den er zu seinem weißen Armani-Anzug trug.
»Timothy Ann, mi amore !«, trällerte er im Stil eines Opernsängers. »Du siehst aus wie … madre mia , du siehst aus wie eine Terroristin!«
Er lachte, juchzte, wirbelte sie herum und drückte sie so fest, dass ihr die Rippen zu zerbrechen drohten. Dann stellte er sie wieder auf die Straße. »Und du hast mir sogar etwas zum Knabbern mitgebracht, stimmt’s?«
Sie saßen auf dem verglasten Balkon eines Restaurants mit rohen Backsteinwänden, vielen Hängepflanzen und Blick auf die Hauptstraße und genossen das Essen, abschlie ßende Diagnosen und Klatsch und Tratsch.
Bereits nach zehn Minuten hatte Timmie die ganze Verbitterung, die sie vom anderen Flussufer mit herübergeschleppt hatte, vergessen. Nach weiteren zehn Minuten nahm sie nichts anderes mehr wahr als Conrads sprudelndes Lachen und seinen rasiermesserscharfen Verstand.
»Eine Verschwörung?« Er prustete laut los, sodass alle Köpfe in dem hohen Speisesaal sich ihnen zuwandten. »Tucker Van Adder? Bella Donna , du siehst zu viel fern. Tucker Van Adder hätte nicht einmal genügend Grips, um sich gegen sein Frühstück zu verschwören, geschweige denn gegen die ganze Stadt. Er ist eitel und dämlich und hängt an der Kommunalpolitik wie eine Zecke an einem Hundearsch. Falls da irgendwelche krummen Dinger laufen, dann wäre es das Beste, ihn gar nicht erst einzuweihen, damit er nicht das ganze Vorhaben auffliegen lässt.«
»Aber findest du nicht, dass er bei so etwas irgendwie eingeweiht sein müsste?«
»Ich glaube, sie wissen, dass sie sich auf seine Faulheit verlassen können. Jetzt erzähl doch mal, was genau du vermutest.«
Timmie beugte sich vor, damit die Leute an den anderen Tischen sie nicht hören konnten, und erzählte. Conrad hörte zu, den Blick ausschließlich auf Timmie gerichtet, nippte nebenbei an seinem Tee, spielte mit dem Besteck und summte Arien vor sich hin, die ihr leidlich bekannt vorkamen. Und dann lachte er.
»Aber das ist ja großartig!«, sagte er und ließ die Löffel krachend auf den Tisch fallen.
Timmie zwinkerte. »Großartig?«
»Aber natürlich! Wenn wir das beweisen können, dann können wir Van Adder geteert und gefedert aus der Stadt jagen!«
»Wenn wir das beweisen, Conrad, dann bin ich es, die geteert und gefedert wird! Kein Mensch will etwas davon wissen.«
»Bah! Sie werden’s überleben. Bist du dir in der Sache denn wirklich sicher?«
Sie holte die Ausdrucke hervor und zeigte sie
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