Todesschlaf - Thriller
Unklarheiten geben sollte.«
»Und außerdem habe ich mir die Telefonnummer des Anrufers aufgeschrieben«, meinte er. »Soll ich Sie Ihnen verraten?«
»Nein.«
Zumindest verlangte Murphy keine weiteren Erklärungen oder wollte, dass Timmie ihre Gefühle mit ihm teilte. Verdammt, er hatte noch nicht einmal gesagt, dass sie richtig gehandelt hatte.
Wahrscheinlich hatte sie deshalb ihn gebeten, hier zu sein und nicht eine ihrer Freundinnen. Mitgefühl undVerständnis waren so ungefähr das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte.
Murphy sah kein bisschen mitfühlend aus. Sondern begeistert. »555-1230. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?«
Timmie rieb sich kräftig die müden Augen. »Ja, klar. Das ist ein Krankenhausanschluss. Keine besonders große Überraschung, finde ich.«
Eigentlich sogar beinahe eine Erleichterung. Es war ihr wirklich lieber, dass es eine Krankenhausnummer war als
eine der wenigen Privatnummern, die sie hier in der Stadt kannte. Murphy griff nach dem alten, schwarzen Telefon hinter ihr. »Sie wissen nicht zufällig, wessen Durchwahl das ist, oder?«
Timmie nahm ihm das Telefon aus der Hand. »Wie wär’s, wenn ich das mache?«, sagte sie mit verkniffenem Lächeln. »Das ist, glaube ich, sicherer.«
Um ein Haar hätte Murphy sich verraten, als eine Andeutung von Mitgefühl seine distanzierte Miene durchbrach. Aber Timmie wandte sich gerade noch rechtzeitig ab und sah es nicht.
»Tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte er, und seine Stimme klang klar und geschäftsmäßig. »Aber denken Sie daran, dass ich jederzeit auch selber anrufen kann.«
»Das weiß ich auch, Murphy«, erwiderte sie und drehte an der Wählscheibe. »Ich bin eben gerne die Erste. Mein Fehler.«
»Das bedeutet wohl, dass wir niemals zusammenziehen können«, sagte Murphy leichthin. »Sonst gibt es jeden Morgen Streit um die Zeitung.«
»Oh Gott, Murphy«, protestierte sie. »Sagen Sie so was nie wieder. Ich habe auch so schon genug Probleme, ohne dass Sie mich noch beleidigen.«
Er kicherte. Timmie hätte sich am liebsten bei ihm bedankt. Tat sie aber nicht. Sie wartete darauf, dass die Telefonistin der Nachtbereitschaft den Hörer abnahm - eine steinalte, Marlboro-qualmende Südstaatendame mit dem Stoffwechsel einer Landschildkröte, die dafür bekannt war, dass sie auch das rote Telefon, das nur bei absolut lebensbedrohlichen Notfällen klingelte, erst nach dem sechsten Läuten abnahm.
»Die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor«, sagte Murphy mehr zu sich selbst.
»Memorial Medical Center«, knödelte die sechzigjährige
Stimme in Timmies anderes Ohr. »Mit wem darf ich Sie verbinden?«
»Ginny?« Timmie redete mindestens dreimal so schnell. »Hier spricht Timmie Leary aus der Notaufnahme. Ich habe meine Liste verlegt und wüsste gerne, wer die Durchwahl 1230 hat.«
»Timmie?«, wiederholte Ginny erfreut. »Wie geht’s dir, Schätzchen? Wie geht’s deinem Daddy? Ich hab ihn kürzlich mal besucht. Er ist so ein Süßer.«
»Es geht ihm gut, Ginny«, antwortete Timmie und rutschte unruhig hin und her, weil es so lange dauerte. Das passierte ihr jedes Mal, wenn sie mit Ginny sprach, genau wie bei diesen automatischen Türen, die sich immer zu langsam öffneten. »Wem gehört die Durchwahl?«
»Na ja, ich kann dich gerne durchstellen, Süße«, meinte sie, »aber das würde dir nichts nützen. Um diese Zeit ist da oben niemand mehr.«
Zumindest niemand, der entdeckt werden wollte. »Wessen Nummer ist es denn?«, hakte Timmie nach.
»Na ja, ich dachte, das weißt du, wo doch dein Daddy jetzt hier ist und so.«
»Es ist schon spät. Ich hab’s vergessen.«
»Das ist das Büro von Dr. Raymond, Schätzchen. Ruf doch einfach morgen wieder an. Ich hab gehört, dass er heute sowieso nicht in der Stadt ist.«
Timmie hätte beinahe den Telefonhörer zerquetscht und versuchte, Haltung zu bewahren. »Danke. Das mache ich.«
Sie legte auf und stellte fest, dass der Blick, mit dem Murphy sie betrachtete, spürbar weniger sachlich war als noch vor einer Minute. »Dann brauchen Sie Ihren Freund also doch nicht anzurufen?«, sagte er.
»Er ist es nicht«, beharrte sie.
»Kam der Anruf aus seinem Büro?«
»Ja.«
»Wie viele Leute haben dafür wohl einen Schlüssel?«
Timmie schnaubte. »Wir reden hier über ein Krankenhaus«, erinnerte sie ihn, »und nicht über eine Bank. Die Hälfte der Verwaltungsangestellten, die meisten aus der Hausmeisterei und alle Wachleute. Wo möchten Sie anfangen?«
»Glauben
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