Todesschlaf - Thriller
runzelte ihrerseits die Stirn. »Mr. Mattie ist schon nach Hause gegangen«, sagte sie. »Ist er noch nicht da?«
»Doch, Schätzchen«, erwiderte Mattie ohne sie anzuschauen. »Danke. Ich muss nur noch eben was mit deiner Mom besprechen, okay?«
Meghan blickte Mattie an. Dann lugte sie um das Treppengeländer herum hinauf zu Timmie und warf ihr einen prüfenden Blick zu. Timmie lächelte.
»Alles in Ordnung, Schätzchen. Es geht nur um die Arbeit.«
Und jetzt gab es in ihrem Leben gar niemanden mehr, dem sie keine Lügen auftischte. Wie angenehm. Sobald Meghan sich auf den Weg zurück zu ihrer Nachmittagsnascherei und dem Fernseher gemacht hatte, stand Timmie auf und ging zurück in ihr Zimmer. Die drei Frauen kamen ihr unweigerlich nach.
»Du siehst ja furchtbar aus«, platzte Cindy hervor. »Was können wir für dich tun?«
Timmie saß aufrecht auf dem Bett. »Ihr könnte Walter sagen, er soll sich meinetwegen keine Sorgen machen. Alles in Ordnung.« Sogar sie selbst konnte die Lüge in ihren Worten hören.
Mattie trat näher und beugte sich über sie wie eine Mutter, die ihrem Kind die Stirn befühlen möchte. »Wir gehen hier nicht weg«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Also spuck’s aus.«
Sie konnte nicht. Nicht jetzt. Nicht hier. Bestimmt nicht vor Publikum, schon gar nicht nach dem, was Murphy ihr erzählt hatte.
»Ich hab gar nichts«, sagte sie. »Ehrlich nicht.« Und dann log sie noch ein bisschen mehr. »Ich habe heute morgen wieder mal Post von Jason bekommen und bade einfach im Selbstmitleid.«
»Post?«, hakte Ellen nach. »Was sagt deine Anwältin dazu?«
Timmie bemühte sich nach Kräften, gelassen zu klingen. »Dass er dieses Mal tatsächlich Erfolg haben könnte. Er ist hinter Dads Haus her, da es die ganze Zeit auf meinen Namen eingetragen war. Immerhin ist die Scheidung in einem
Bundesstaat vollzogen worden, wo Gütergemeinschaft gilt.«
Die drei fingen an, um Atem zu ringen, als hätte jemand eine Rauchbombe gezündet.
»Du willst uns verschaukeln!«, schimpfte Mattie.
Da Timmie ihre Zeit im Fegefeuer nicht noch zusätzlich verschlimmern wollte, jetzt, wo sie garantiert in der Hölle schmoren würde, hielt sie lieber den Mund.
Cindy wurde sofort leuchtend rot im Gesicht. »Also, so ein Arschloch! Das passt ja wunderbar zusammen. Ich schwöre, du gibst ihnen den kleinen Finger, und sie verschlingen dich mitsamt deinem Haus! Was können wir dagegen machen?«
»Nichts. Ich hab’s euch doch gesagt. Ich muss bloß noch ein bisschen eingeschnappt sein.«
Cindy schüttelte den Kopf. »Ich bleibe hier. Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann.«
»Nein.« Timmie war sich sicher, dass ihr Nein zu schnell gekommen war. Aber nur Ellen schaute sie an.
»Wie wär’s, wenn Meghan mit zu mir käme?«, bot Ellen an. »Meine Kinder würden sich riesig freuen. Und außerdem kannst du sie doch nicht so gut gebrauchen, so sauer, wie du auf ihren Daddy bist. Sie könnte es nicht verstehen.«
»Ich bleibe hier bei ihr«, bot Cindy an. »Ich fange sogar langsam an, diese Minihandtasche zu mögen, die sie immer füttert.«
»Das kriegen wir alles noch hin«, sagte Mattie, den Blick unverwandt auf Timmie gerichtet. »Warum geht ihr beiden nicht einfach mal runter und fragt sie, ob sie vielleicht Lust auf McDonald’s hat?«
»Es wäre besser, wenn wir hierbleiben würden.«
Timmie brachte beinahe ein Lächeln zustande. »Vielen Dank. Wirklich. Aber ich möchte einfach nur meine Ruhe haben.«
Schließlich zogen die beiden ab, und Mattie blieb allein zurück. Sie war weder so höflich wie Walter noch so zurückhaltend wie Ellen. »Und, sagst du mir jetzt die Wahrheit?«
Timmie ertrug es kaum, sie anzusehen. »Heute nicht.«
Mattie stand einfach nur da, ein schäumendes Energiebündel hinter scharfen, braunen Augen. »Weißt du, meine Liebe, das mag für dich vielleicht ein ziemlich unangenehmer Schock sein, aber uns liegt tatsächlich was an dir.«
Nach allem, was bisher vorgefallen war, war das der Satz, der Timmie den Tränen am nächsten brachte. In ihrem bisherigen Leben hatte es nur einen einzigen Menschen gegeben, der ihr jemals bedingungslose Unterstützung geboten hatte - und sie hatte sich gerade eben noch mit dem Gedanken befasst, ihn umzubringen.
»Danke, Mattie«, sagte sie trotzdem. »Ich weiß. Und es kommt bestimmt alles wieder in Ordnung. Das verspreche ich dir.«
Noch eine Lüge. Doch diese war sehr viel leichter auszusprechen, weil sie unbedingt selbst daran
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