Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesschlaf - Thriller

Titel: Todesschlaf - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer Leo Strohm
Vom Netzwerk:
deutete auf das Gesicht des Patienten, das aber hinter Verbänden und Beuteln mit Salzlösung schon nicht mehr zu sehen war. »Das ist Ihr Exmann,Victor.«

9
    Eigentlich hätte Murphy wirklich nicht dort sein sollen. Und hätte er nicht diese tiefe Frustration gespürt, dann wäre er es sehr wahrscheinlich auch nicht gewesen. Aber es gab einen Punkt, den er bei seinem Entschluss, von der großen Bühne abzutreten, nicht berücksichtigt hatte: Dass das normale Alltagsleben, das er nun, wo er kein Interesse mehr an den wirklich großen Themen hatte, so gerne für die Nachwelt dokumentieren wollte, so verdammt langweilig war.
    Also stand er dort und wühlte in den Überresten eines Hausbrandes herum, nur weil der Kerl, der dabei ums Leben gekommen war, ihm das Leben schwergemacht hatte.
    In einem Film wäre der Himmel jetzt wolkenverhangen gewesen. Die Bäume hätten bereits die Blätter abgeworfen, damit die Äste kahl und bedrohlich wirkten, passend zu der zerstörten Umgebung, während träge wabernde Rauchschwaden den Brandgeruch anschaulich gemacht hätten. Gelbes Absperrband wäre um Bäume gewickelt gewesen, und auf den angrenzenden Rasenflächen hätten sich die Nachbarn in kleinen Grüppchen zusammengedrängt und sich mit gedämpfter Stimme unterhalten.
    Doch der Himmel präsentierte sich in strahlendem Blau, die Nachbargärten waren leer, und die Bäume leuchteten in einem Dutzend verschiedener, in einer scharfen Brise zuckender Farbtöne, die den verklumpten, triefnassen Überresten von Victor Adkins Haus einen fast schon surrealen Anstrich verliehen. Ein fauliger Zahn inmitten eines sorgfältig gepflegten, spießigen Kleinbürgermundes.
    Doch das war alles ganz real. Murphy konnte den unverkennbaren Mischmasch aus Asche und Rauch und geschmolzenem Plastik riechen. Ein billiges, kleines Fertighaus, das einstmals stahlblaue Seitenwände und weiße
Fensterläden besessen hatte, und von dem nicht viel mehr als ein Haufen Giftmüll übrig geblieben war. Es hatte allen Berichten zufolge von dem Augenblick an, als die ersten Flammen gesehen worden waren, noch ungefähr zwanzig Minuten lang standgehalten. Gute zehn Minuten von dem Moment an, in dem einer der Nachbarn sich trotz Hitze und Rauch hineingewagt und einen bewusstlosen Victor von der vollkommen verbrannten Couch, die Murphy jetzt durch das gähnende Loch, das einst ein Fenster gewesen war, erkennen konnte, gezerrt und zum Wohnzimmerfenster hinausgewuchtet hatte.
    Es war ein heilloses Durcheinander. Murphy hatte die Hände in die Taschen gesteckt, den Blick auf dieses Zeugnis menschlicher Sterblichkeit gerichtet, und konnte keinen anderen Gedanken fassen. Ein heilloses Durcheinander.
    Na, Gott sei Dank, dachte er voller Sarkasmus. Und ich habe schon gedacht, ich hätte meinen Instinkt verloren.
    In diesem Augenblick sah er sie. Hinter den Löchern, die wie Schießscharten in der Hauswand klafften, und die den Blick in den Garten hinter dem Haus freigaben. Dort befand sich ein Gartentisch mit dazugehörigen Bänken - das unter Familien mit Kindern, die gerne grillen, weit verbreitete Modell aus Zedernholz. Sie saß auf dem Tisch, die Füße auf einer Bank, trug grelle, pinkfarbene Krankenhauskluft und darüber eine schwarze Lederjacke. Sie hatte die Ellbogen auf die Knie und das Kinn in die Hände gestützt und betrachtete das Haus, als wäre es ein Gemälde in einem Kunstmuseum. Und sie lachte dabei.
    Murphy hätte selbst gerne gelächelt, konnte es aber nicht.
    Es dauerte etliche Minuten, bis er über die ganzen Trümmer hinweggestiegen und zu ihr gelangt war.
    »Wissen Sie was? Manche Ihrer Kolleginnen aus der Notaufnahme im L.A. County Hospital habe ich seltener zu Gesicht bekommen als Sie«, sagte er zur Begrüßung.

    Sie machte sich nicht einmal die Mühe, den Blick zu heben. »Halten Sie den Rand.«
    Er gelangte zu dem Tisch und folgte ihrer Blickrichtung, sah aber auch nichts anderes als die Rückseite dessen, was er schon vom Vorgarten aus zu sehen bekommen hatte. Auf dem Rasen lag ein bisschen mehr Müll als vorne, dazu hatte man eine gute Sicht auf die Küche, die mit Leinenstoffen, auf die Adler gedruckt waren, wohnlich gemacht worden war, auf ein ausgebranntes Dach und eine frei stehende Garage. Auf zerbrochenes Junggesellenmobiliar und rissige, rußig-schwarze Wände.
    Murphy wandte sich wieder seiner Überraschungsgefährtin zu. »Was stimmt daran nicht?«, wollte er wissen.
    Aus irgendeinem Grund fing sie schon wieder an zu lachen. »Ganz

Weitere Kostenlose Bücher