Todesschlaf - Thriller
leisten.«
Ellen runzelte die Stirn. »Ich meine es ernst, Schätzchen. Du weißt, dass Dr. Raymond sich rührend um ihn kümmern würde. Er könnte ein so glückliches Leben führen.«
Was sollte sie dazu sagen? Ich werd’s versuchen? »Ich
werd’s versuchen«, sagte sie. »Also, wolltest du mir nicht eine gute Nachricht überbringen?«
Ellen strahlte. »Was würdest du zu einem Busunglück sagen?«
Timmie hob den Blick. »Das sagst du aber jetzt nicht einfach nur, damit ich mich besser fühle, oder?«
»Der Bus hat zwei Motorradfahrer gerammt.«
»Organspender?« Das brachte sie auf die Beine. »Echt?«
Ellen lächelt selig. »Wir haben sie extra für dich aufbewahrt, Schätzchen.«
In diesem Augenblick war es Timmie vollkommen egal, ob Ellen jeden einzelnen Exmann des Krankenhauses um die Ecke gebracht hatte. Sie würde sie persönlich zur Lebensretterin des Jahres küren.
Also legte sie sich das Stethoskop um den Hals, stopfte sich ihr Handwerkszeug in die Taschen und legte ihre Armbanduhr an. Als sie gerade auf dem Weg ins Foyer war, ging die Tür auf.
»Timmie, da bist du ja.«
Timmie hob den Blick und blinzelte. Alex. Nein, dachte sie. Nicht jetzt. Nicht, wenn ein schöner Unfall ihr eine so wunderbare Fluchtmöglichkeit bot.
»Was kann ich für dich tun, Alex?«, sagte sie und ergriff mit jeder Hand eines der Enden des Stethoskops, als wollte sie sich damit ausbalancieren. Direkt neben ihr stand Ellen, der jedes einzelne der Worte, die sie gerade gesprochen hatte, ins Gesicht geschrieben war.
»Ich habe nur eine Sekunde Zeit«, sagte er, »aber vielleicht könnte ich kurz mit dir sprechen?«
Timmie vermied absichtlich jeden Seitenblick auf Ellen. »Na klar.Was gibt’s?«
»Dein Dad?«, sagte er ohne Umschweife, und erst jetzt erkannte Timmie, dass er die steife Körperhaltung eines Menschen eingenommen hatte, der eine unerfreuliche Botschaft
überbringen muss. »Ich habe gehört, was heute geschehen ist«, sagte er. »Es tut mir wirklich leid, Tim.«
Das Zimmer schien zu schrumpfen. Timmie wollte gar nicht wissen, wie er das erfahren hatte. Sie wusste nicht, was er jetzt von ihr erwartete. Oder was sie unternehmen konnte. »Danke, Alex«, sagte sie, weil sich das so gehörte. »Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung.«
Alex wandte tatsächlich für einen kurzen Moment den Blick ab, bevor er weitersprach. »Er braucht Pflege. Ich möchte, dass er das freie Bett bekommt.«
Timmie stockte der Atem. Sie sah, wie Ellens Augen groß wurden und ertrug es kaum. »Danke«, sagte sie und ihre Stimme klang unverzeihlich schwach vor Scham. »Ich weiß das wirklich zu schätzen. Aber ich kann nicht. Ich habe mit einer deiner Mitarbeiterinnen gesprochen …«
Er nickte bereits. »Ich weiß. Ich habe auch mit ihr gesprochen. Aber wieso bin ich denn nach Hause zurückgekehrt, wenn ich meinen alten Freunden nicht helfen kann? Und Joe ist ein alter Freund. Es wird vermutlich ein paar Tage dauern, aber wir melden uns bei dir. Die Einzelheiten können wir später klären.«
Timmies Kopf war vollkommen leer. Sie sah Alex Blick zu den frischen blauen Flecken an ihrem Kiefer wandern, die ihr Dad ihr am Abend zuvor beigebracht hatte, und stemmte sich gegen eine neuerliche Woge der Scham. »Aber …«
Er richtete sich zu voller Größe auf und lächelte. »Aber gar nichts. Bis in ein paar Tagen.«
Und ohne ein weiteres Wort zu verlieren war er verschwunden. Wie vom Donner gerührt stand Timmie da, zu Tränen gerührt, die Hände immer noch fest vor der Brust verschränkt. Betäubt und zitternd versuchte sie sich davon zu überzeugen, dass die schützende Fee aller Alten und Schwachen tatsächlich gerade eben mit ihrem Zauberstab ihr Haupt gestreift hatte.
»Also, um Himmels willen.« Mehr brachte sie neben einem halb erstickten Schluchzen, das sie nur noch mehr aufregte, nicht hervor.
Ellen war da weit weniger zurückhaltend. Sie umarmte Timmie voller Mitgefühl und Wärme. »Timmie, das ist ja wundervoll!«
In gute Hände. Er würde in gute Hände kommen. Er würde von Menschen gepflegt werden, die er umgarnen konnte, Menschen, die wussten, wie man Geduld mit ihm bewahrte. Und Timmie würde ihre Tochter und ihren Frieden zurückbekommen.
Mein Gott, dachte sie und versuchte mit aller Kraft zu verhindern, dass sie sich direkt ins Koma hyperventilierte. Für Tage wie diesen war sie einfach nicht geschaffen. Noch ein einziger emotionaler Höhepunkt oder Tiefschlag, und sie würde einfach den Löffel
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