Todesspiel
es sich vor allem um eingescanntes Bildmaterial, weniger um lange Texte. Die Texte bestanden meistens aus Fotokopien, die zum Teil durch aktuelle Fotos angereichert waren.
Marsh, der erste Kongressabgeordnete, hatte eine ganze Serie kleinerer Betrügereien begangen, meistens im Zusammenhang mit seiner Reisetätigkeit. Wie ein Filmstar reiste er im Privatjet umher, bezahlte auch brav dafür aus der eigenen Tasche, aber nur in Höhe des Gegenwertes eines Erster-Klasse-Flugs bei normalen Fluggesellschaften. Das ist ein sehr günstiger Preis für gecharterte Jets, aber er behauptete stets, er nehme ja nur an »sowieso geplanten Flugreisen von Geschäftsleuten« teil. In seinen offiziellen Reiseabrechnungen tauchte jedoch nicht auf, dass seine Frau und seine beiden Töchter samt ihren Ehemännern ihn auf Kosten zweier großer Rüstungskonzerne bei fast allen dieser Reisen begleiteten … Das war in meinen Unterlagen bestens dokumentiert – und eigentlich ja schon schlimm genug.
Der tödliche Hammer aber war sein Château in Südfrankreich, das ihm offensichtlich als Bestechungsgeschenk von einem französischen Rüstungskonzern übereignet worden war. Bei oberflächlicher Betrachtung sah es so aus, als ob Marsh das Schloss gekauft und nicht als Geschenk angenommen habe, aber wenn man, wie ich, über die richtigen Dokumente verfügte, war die Sache glasklar. Der Kongressabgeordnete hatte sein französisches Domizil strikt geheim gehalten – auch vor seinem zuständigen Finanzamt … Aber ich besaß alle Beweise, angereichert mit einem hübschen Foto von seiner Frau bei der Arbeit im herrschaftlichen Schlossgarten.
Bei Deering, dem anderen Kongressabgeordneten, ging es schlicht und einfach um Sex. Ich besaß Fotos von ihm mit einem halben Dutzend verschiedener weiblicher Personen, keine davon als Jungfrau einzustufen, dennoch alle bei weitem zu
jung. Namen, Daten, Uhrzeiten, Orte … Die Fotos sahen nach dem Ergebnis professioneller Überwachungsarbeit aus. Der Abgeordnete würde bestimmt entzückt darüber sein …
Die Sache mit Senator Brock war komplizierter. Das Geld, das er investierte, stammte ausschließlich aus seinem Senatorengehalt – er besaß kein Familienvermögen -, und alle Investitionen erfolgten über eine Treuhandgesellschaft, die ihrerseits zu einer Investmentgesellschaft gehörte, welche wiederum eng mit einer großen privaten Rohstoff-Handelsgesellschaft liiert war.
Landwirtschaftliche Rohstoffe – Produkte wie Weizen, Mais, Zucker, Kakao und so weiter bis hin zum Orangensaft – werden von zwei verschiedenen Händlertypen aufgekauft und verkauft. Die einen sind reine Spekulanten, die auf die zukünftige Preisentwicklung bei den Produkten setzen – so genannte Warentermingeschäfte. Die Regenmenge im Juni in Iowa kann die Preise für Mais entscheidend beeinflussen, je nachdem, ob es zu viel oder zu wenig oder gerade in der richtigen Menge geregnet hat. Wirklich clevere, abgezockte Spekulanten können dabei reich werden. Die meisten gehen jedoch dabei Pleite.
Der zweite Händlertyp besteht aus den Managern der großen Handelsgesellschaften für landwirtschaftliche Produkte. Sie sind keine Spekulanten; sie kaufen Weizen oder Mais, um daraus zum Beispiel Pizza- oder Pfannkuchenmehl herzustellen, oder aber sie verkaufen landwirtschaftliche Produkte – beides mit Future-Kontrakten, um die Stabilität der Preise sicherzustellen.
Brocks Investmentgesellschaft nahm normalerweise die Geschäfte im Zusammenhang mit solchen Future-Kontrakten für die private Rohstoff-Handelsgesellschaft wahr, eben mit dem Ziel, die Preise für die Zukunft stabil zu halten. Aber die Treuhandmanager für Brocks Investitionen, unter einem
Dach mit den Managern der Investmentgesellschaft, spekulierten mit Brocks Geld. Und machten das großartig. Zu großartig. Praktisch alle Zukunftsspekulationen trafen ins Schwarze, und sie hatten aus Brocks wenigen zehntausend Dollar im Lauf der Zeit fast fünfzehn Millionen gemacht, nach Steuern, wohlgemerkt. Dass Brock sich dafür den Firmen gegenüber sehr erkenntlich zeigte, lag auf der Hand.
Die Treuhandmanager trafen deshalb stets ins Schwarze, weil nach meinen fotokopierten Kontobelegen die Handelsgesellschaft heimlich, still und leise alle fehlgeschlagenen Spekulationen in Brocks Namen auf ihre Kappe nahm und sie durch eigene erfolgreiche Spekulationen ersetzte. Da alles innerhalb des Konglomerats der verschachtelten Firmen blieb, brauchte man nur ein paar »Anpassungen« bei
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