Todesspiel
den diversen Konten im Computersystem vorzunehmen.
Sehr hübsch ausgedacht. Kaum zu durchschauen. Und absolut illegal.
Fünfzehn Millionen Dollar – das war ein so großer, saftiger, fetter, lächerlich gieriger Betrag, dass Brock geliefert war, sobald die Kunde davon an die Öffentlichkeit drang.
Ich gab der Öffentlichkeit Kunde davon und Krause die Möglichkeit, die Dinge erst einmal zu verdauen. Ich hatte überlegt, die Büros jedes der Politiker anzurufen und über meine Schritte zu informieren, machte es aber letztlich anders: Ich schickte die Unterlagen, die ich den Fernsehsendern übermittelt hatte, auch an die Assistenten jedes Politikers. Und wies mit besonderem Nachdruck auf Krause als Verantwortlichen für die Misere hin. Ob er LuEllen nun laufen ließ oder nicht, Krause bekam mit seinen politischen Bossen und seiner Partei großen Ärger.
Während ich meine Wi-Fi-Verbindung betrieb, starrte ich auf die Rückseite des Innenministeriums, eine Wand aus
nichts sagendem grauem Gestein. Wenn ich es jemandem beschreiben sollte, würde ich sagen, dass es wie das Wahrheitsministerium in Orwells 1984 aussah.
Nun ja, vielleicht war ich im Moment auch nur ein wenig überreizt …
Um drei Uhr am Nachmittag rief ich Krause an, und er sagte, diesmal ohne jede Arroganz, sondern mit echter Angst in der viel zu lauten Stimme: »Hören Sie auf damit! Hören Sie auf! Wir lassen sie laufen, es geht ihr gut, wir folgen ihr nicht, wir überwachen sie nicht! Wir lassen sie frei …«
»›Überwachen‹ darf gar nicht erst zu Ihrem Wortschatz gehören«, sagte ich.
»Was? Was? Was meinen Sie …?«
»Meine Freundin wird sehr gut aufpassen, ob man ihr folgt oder sie überwacht, und sie wird erst zu mir kommen, wenn sie ganz sicher ist, dass die Luft rein ist«, sagte ich. »Und wenn sie in sechs Stunden nicht bei mir aufgetaucht ist, sind die nächsten drei Mistkerle fällig, und einer davon könnten Sie sein.«
»Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, wir lassen sie laufen, Sie Arschloch! Wir lassen sie frei!« Ja, echte Angst, bis zur Aggression gesteigerte Angst. Fast zu viel Angst. War etwas geschehen, von dem ich nichts wusste? Etwas, an das ich nicht gedacht hatte?
»Haben Sie Ihren Kumpel Carp geschnappt?«
»Nein. Er hatte das Bike … Sie verdammter Blödmann, Sie haben mehr Schaden angerichtet, als Sie sich jemals vorstellen können.«
»Kümmern Sie sich um Carp«, sagte ich, blieb ganz ruhig. »Sorgen Sie dafür, dass er geschnappt wird. Sonst geht’s Ihnen schlecht, klar? Ob Sie meine Freundin freilassen oder nicht, wir werden Carp, Ihrem früheren Mitarbeiter, die Morde in der Öffentlichkeit nachweisen und die Hintergründe dazu
aufdecken, falls Sie nicht schleunigst dafür sorgen, dass er gefasst wird.«
»Wir kriegen ihn – wir schalten das FBI ein.«
»Ich gebe Ihnen zwei Tage Zeit. Wenn Sie Carp kriegen und uns vom Leib bleiben, werden Sie nichts mehr von uns hören. Falls wir aber irgendwas Falsches von Ihnen hören, lassen wir die Bombe hochgehen.«
Ich legte auf, holte mir in einem Schnellrestaurant Essen und Getränke für dreißig Dollar und ging zurück zum Hotel. Den Rest des Tages verbrachte ich auf dem Bett oder an dem kleinen Schreibtisch, stocherte planlos in dem Laptop aus Carps Wagen herum. Wagte es nicht, das Zimmer zu verlassen, wartete auf LuEllens Anruf … Um sechs tauchten erste Berichte über Brock, Deering und Marsh in den Nachrichten auf, zunächst bei CNN und Fox, dann auch bei ABC. Es wurden noch keine Details dargelegt, nur der Verdacht gegen die drei Politiker geäußert und die Frage gestellt, »wie viele weitere hochrangige Politiker wohl noch in den ›Bobby-Skandal‹ verstrickt sind, der seit einer Woche Washington erschüttert«.
Sehr schön; die TV-Jungs überprüften noch eifrig die Dokumente. Ich fragte mich, ob Bobby sich jetzt gefreut hätte. Soweit ich wusste, hatte er selbst nichts von dem angesammelten Erpressungsmaterial verwendet – aber andererseits wusste ich ja auch nicht, worauf die hin und wieder in Washington auflodernden Korruptionsskandale basierten oder was nicht als direkte Attacke in die Öffentlichkeit getragen, sondern ganz diskret zur Erpressung von Politikern eingesetzt wurde …
Warten … Ich wanderte ruhelos zwischen dem Fernseher und dem Laptop hin und her. Schließlich packte ich mein Tarotspiel aus und legte die Karten. Ich brauchte eine Weile, um mir eine Frage zu LuEllen auszudenken, und nachdem ich sie
formuliert
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