Todesspiel
Diamanten.
»Das sag’ ich dir natürlich jetzt noch nicht. Du kriegst sie erst, wenn wir mit Carp geredet haben. Du scheinst ja aber gut auf dem Laptop da zu sein, und ich kann mir denken, dass du bestimmt schon mal nach diesen Nummern gesucht hast.«
Sie dachte einen Moment nach, sagte dann: »Was haben Sie über Wal-Mart?«
»Was brauchst du?«
»Ich möcht’ Zugang zum Computersystem von dem Laden haben. Einfach nur, um zu sehen, wie’s funktioniert.«
»Was hast du bis jetzt darüber rausgefunden?«
»Ich komm’ nicht weiter als bis zum Front-End.«
Sie hat einen Freund, der irgendwo bei einem Wal-Mart arbeitet, und dem will sie was zuschustern, dachte ich. »Hacker werden oft geschnappt, wenn sie versuchen, ein Computersystem dazu zu benutzen, bestimmtes Inventar Leuten zuzuschieben, die es sich dann unter den Nagel reißen können. Inventarsysteme sind sorgfältig geschützt, vor allem vor Hackern, die damit noch wenig Erfahrung haben.«
»Ich will ja nur mal einen Blick draufwerfen«, sagte sie mürrisch.
»Einen direkten Zugang zu Wal-Mart kann ich dir nicht bieten, aber ich kenne einen indirekten Weg, wie du reinkommen kannst.«
»Und wie wär’ der?«
»Wenn ich ihn dir sage, benutzt du ihn auf eigene Verantwortung«, warnte ich. »Und du darfst Carp nicht anrufen.«
»Okay, okay, her damit« sagte sie. »Und die drei Telefonnummern will ich auch haben.«
»Die kriegst du, wenn wir sicher sind, dass du Carp nicht angerufen hast. Hast du einen Chat-Namen?«
»Ja. Sie können mich jederzeit erreichen.« Sie gab mir ihren AIM-Namen, und ich versprach, mich bei ihr zu melden.
»So, sagen Sie mir jetzt, wie ich bei Wal-Mart reinkomme.«
Ich tat es. John hatte uns während des Gesprächs aufmerksam beobachtet, fragte dann Rachel: »Wo ist deine Mutter?«
»Sie ist mit Leon, ihrem Freund, abgehauen. Sie hat mir gesagt, ich soll zu meiner Tante gehen, aber die hat gesagt, sie wüsst’ nix davon, dass sie sich um mich kümmern soll. Da bin ich hierher zurück und wart’ seitdem, dass Mom zurückkommt.«
»Weißt du denn, wohin die beiden gegangen sind?«
»Mom hat gesagt, sie würden nach Hollywood gehen und dort mit Tanzen Geld verdienen. Aber das ist ein Wunschtraum. Sie wird dort genauso rumhuren wie hier auch. Niemand wird ihr jemals Geld fürs Tanzen bezahlen. Und dem Leon auch nicht.«
»Die Lady nebenan hat gesagt, die Wohnung wäre schon neu vermietet«, sagte John.
»Davon hab’ ich noch nix gehört«, sagte Rachel. Aber sie war beunruhigt.
John schüttelte den Kopf, sah das Mädchen an, dann mich, und schließlich stieß er aus: »Gottverdammte Scheiße!«
Zurück im Wagen schalteten wir die Klimaanlage auf Hochtouren. John schüttelte immer wieder verzweifelt den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben«, stöhnte er. »Ich muss was für das Kind tun …«
»Was zum Beispiel?«
»Es mitnehmen. Ich kann meine Adresse und Telefonnummer
bei der Tante hinterlassen, für den Fall, dass seine Mom zurückkommt.«
»Ich glaube nicht, dass seine Mom jemals zurückkommt«, sagte LuEllen. »Und das Kind mitnehmen … John, du müsstest erst mit Marvel darüber reden.«
John stieg aus, ging zurück ins Haus, um dem Mädchen ein bisschen Geld zu geben, kam dann zusammen mit Rachel wieder heraus, verabschiedete sich von ihr, kam zurück zu uns.
»Sie kann sich jetzt wenigstens was zu essen kaufen«, sagte er kläglich. »Ich hatte nur hundert Bucks dabei. Wie zum gottverdammten Teufel bringt es jemand nur fertig, ein Kind so im Stich zu lassen?«
»Rachel ist wahrscheinlich bereits auf dem Weg zu einem CompUSA«, sagte ich. »Computer-Zubehör kann für Freak-Kids in diesem Alter wichtiger sein als Nahrung …«
Wir bogen um eine Ecke, sahen vorher alle drei noch einmal zurück. Dieses Mädchen hatte keine Lebensperspektive, wie die Dinge nun einmal standen …
Mit Carps Namen und Telefonnummer konnten wir, wie ich zu John sagte, eine lokale analoge Datenbank anzapfen, um an seine Adresse zu kommen.
»Was für eine Datenbank?«, fragte John irritiert. Er war unglücklich wegen des Mädchens, und er schwitzte, wischte sich unaufhörlich mit einem Papiertuch aus der Willowby-Küche den Schweiß vom Gesicht. »Hast du eine entsprechende Telefonnummer?«
»Das ist ein ururalter Scherz unter Computerfreaks«, sagte LuEllen gelangweilt. »Er meint, wir werfen einen Blick ins örtliche Telefonbuch.«
»Du Idiot kannst mich an meinem örtlichen analogen Arsch lecken«,
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