Todesspiel
dachte sie.
„Was wollen Sie?“, fragte Walsh am Telefon.
Sie erklärte es ihm noch einmal.
„Sind Sie noch ganz bei Trost? Es ist zwei Uhr morgens. Dafür wecken Sie mich?“
„Ich bitte Sie lediglich darum, dass Sie mich den Häftling nach Washington begleiten lassen. Ich möchte sehen, wo er landet. Jemand muss ihn doch hinbringen, warum nicht ich? Rufen Sie Washington an und sagen Sie, Rubens will reden. Erzählen Sie denen, was er mir gesagt hat, bevor er verstummt ist.“
Langsam erwiderte Walsh: „Ich fasse es nicht. Sie glauben, dass jemand in Washington Dreck am Stecken hat?“
„Sie hätten die Veränderung bei Lemos sehen sollen.“
Walsh klang erschöpft. „Fahren Sie zu Ihrer Familie, Christa.“
„Vielleicht werde ich stattdessen die Familie von Marshal Kukulka aufsuchen.“
„Was soll das heißen?“, fragte Walsh gereizt.
„Sir, wer wusste noch, welche Route John nehmen würde? Wer hat angeordnet, dass die beiden mit Paz in dem Haus übernachten? Sie hätten nur noch ein paar Stunden gebraucht. Warum sind sie vom Highway abgefahren?“
Walsh wurde zunehmend ungehalten. „Das haben wir doch längst geklärt. In der Strafanstalt in Washington wurden gerade Renovierungsarbeiten durchgeführt. Und es bestand kein Grund für besondere Sicherheitsmaßnahmen.“
„Das hat man gesehen.“
„Ich werde einfach so tun, als hätte ich das nicht gehört, und werde dieses Gespräch Ihrer Übermüdung zuschreiben.“
Sie fauchte: „Sir, jemand hat Sie schon einmal dumm dastehen lassen, und wenn Lemos etwas zustößt, wird das auch wieder auf Ihre Kappe gehen.“
Walsh legte auf.
Christa starrte das Telefon an. Vielleicht war es ja wirklich so, wie ihre Mutter früher behauptet hatte und wie Jim auch heute noch sagte: dass sie einfach nicht wusste, wann es Zeit war aufzuhören.
Dann leuchtete das Lämpchen am Telefon auf. Das ist bestimmt Walsh, der zurückruft, dachte sie. Ich habe ihn überzeugt.
Aber es war nicht Walsh. Es war der Wachmann im Foyer.
„Hier ist jemand, der unbedingt zu Ihnen rauf will“, sagte der Wachmann. „Er behauptet, er ist Anwalt und Sie hätten seinen Mandanten inhaftiert. Ich habe ihm gesagt, er soll morgen wiederkommen, aber er lässt sich nicht abwimmeln.“
Im Hintergrund hörte sie einen Mann irgendetwas darüber schreien, dass Rubens illegal festgehalten würde. Er schrie Dinge wie: „Faschisten!“ und „Ich werde euch alle verklagen!“ und „Wehe, ihm stößt irgendetwas zu!“
Sie seufzte. „Schicken Sie ihn rauf.“
„Terrorismus? In den Nachrichten heißt es, er wird des Terrorismus beschuldigt“, protestierte der fette Anwalt und fuchtelte mit dem Zeigefinger vor Christa herum. Er war vernünftiger, als er durch das Telefon geklungen hatte, aber er war immer noch erregt. Auf seiner Visitenkarte stand: Thomas A. Kostos, Spezialist für Immigrationsfragen. Er brauchte eine Rasur. Er wirkte erschöpft. Sie waren allein im grell erleuchteten Großraumbüro.
„Er mag ja vielleicht kein US-Bürger sein, aber er ist patriotischer, als ich es bin! Ich verlange, meinen Mandanten zu sprechen.“
„Er hat gesagt, Sie sind nicht sein Anwalt.“
„Wenn Sie mich mit ihm reden lassen, wird er seine Meinung ändern. Er ist auf jeden Fall kein Terrorist. Er ist ein ehemaliger Polizist, Herrgott noch mal. Er ist hergekommen, um die Leute aufzuspüren, die seine Frau in Brasilien ermordet haben. Er war heute Nacht in dem Park, um sich die Beweise zu beschaffen!“
„Das erklärt natürlich alles“, erwiderte sie.
Der Anwalt hatte Mühe, die Fassung zu wahren. Sein Gesicht war rot angelaufen. Er lehnte sich zurück und holte tief Luft.
„Hören Sie“, sagte er, „er ist auf etwas Großes gestoßen. Ich weiß, wie das klingt. Rufen Sie die Polizei in Bedford Hills an. Es ist nur ein läppischer Anruf. Fragen Sie nach einem Mann, der heute Nachmittag dort Selbstmord begangen hat. Clayton De’Arte. Er hat sich erschossen. Er hat für die Nestor-Gruppe gearbeitet und hatte Unterlagen über deren Aufträge in Südamerika aufbewahrt. Das ist eine Riesenschweinerei. Versuchen Sie’s, okay? Das ist Ihr verdammter Job.«
Er erzählt mir dieselbe Geschichte wie Rubens.
»Eine gewaltige Verschwörung, ja?«
Sie bekam allmählich Kopfschmerzen, und der fette Finger des Anwalts, der ihr vor der Nase herumwedelte, trug auch nicht zur Besserung bei.
Thomas A. Kostos sagte: »Und Rubens’ Tochter! Sie ist verschwunden!«
Christa beugte sich vor,
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