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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
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der Lichtstrahl wieder auf der anderen Seite vorbei.
    »Mein Freund. Mein guter Freund«, hatte Nestor immer gesagt.
    Aber in den letzten Tagen hatte sich der Tonfall des Padrone geändert: »Warum haben Sie nicht in dem Wandschrank nachgesehen? Warum haben Sie Rubens nicht gefunden?«
    Rubens, dachte Cizinio grimmig. Alles führte immer wieder zu ihm.
    Mit diesem Gedanken verschwanden die niederschmetternden Depressionen, und das energiespendende Gefühl, das ihn sein Leben lang aufrechterhalten hatte, stellte sich wieder ein. Aber diesmal war es nicht auf Rubens beschränkt. Cizinio erkannte voller Genugtuung, dass seine Fähigkeit, Wut zu empfinden, alles übertraf, was er bisher gefühlt hatte. Die Priester hatten gepredigt, dass die Menschen über genug Liebe verfügten, um sie mit allen anderen zu teilen. Die Liebe sei das stärkste Gefühl, sie nähre sich aus sich selbst, sie sei etwas, das man geben könne, ohne dabei etwas zu verlieren.
    Aber die Priester hatten sich geirrt, dachte er, als er sich wieder in Bewegung setzte. Hass war das stärkste Gefühl. Hass war unerschöpflich und unendlich in seinen Spielarten. Hass konnte einen verzehren und immer noch unersättlich sein. Hass war Leben.
    Ich kann Rubens immer noch kriegen. Ich weiß auch schon, wie.
    Und er wusste auch, wie er sich am Padrone rächen konnte.
    Der Suchscheinwerfer schwang jetzt in seine Richtung.
    Aber er beleuchtete nur Wasser, das sich kräuselte, Schilfrohr, eine schwarze Wasserschlange, ein paar weizenfarbene Binsen, die sich sanft im Wind wiegten.
    Zusammen mit den Polizisten suchte Rubens den Wald nach Toten ab. Sich kreuzende Lichtkegel aus zahlreichen Taschenlampen beleuchteten Baumstämme, Leichen, Rinnsale. Sie waren jeweils zu zweit unterwegs. Jedes Mal wenn sie auf einen leblosen Körper stießen, blieb einer mit gezogener Waffe im Hintergrund, während der andere sich vergewisserte, dass da nicht jemand lag, der sich nur tot stellte. Rubens’ Bein schmerzte höllisch, aber er würde nicht ruhen, bis er Estrella gefunden hätte.
    Wo ist Cizinio?
    »Hier ist einer, der noch lebt«, rief ein Polizist.
    Bisher waren sechs Tote gefunden worden, drei Bewusstlose und nur einer, der Verwundete neben dem Haus, der ansprechbar war. Feuerwehrmänner spritzten unablässig Wasser ins Haus. Inzwischen waren Krankenwagen eingetroffen. Am Rand der Lichtung tanzten Glühwürmchen in der Luft. Der Duft von Blaubeeren mischte sich mit dem Gestank nach Schießpulver.
    Cizinio muss hier gewesen sein.
    »Ich hab’s Ihnen ja gesagt, Rubens. Besser hundert Freunde als hundert Dollar.«
    Christa war in Begleitung eines hochgewachsenen grauhaarigen Polizisten, den sie als Captain Carl Hanson vom Suffolk County Police Department vorstellte, den Onkel eines der Mädchen, die Christa am vergangenen Halloween gerettet hatte.
    Hanson sah bleich und wütend aus. Er hatte mehrere Leute verloren. »Und diese Arschlöcher arbeiten alle für eine Firma in Manhattan ?«, fragte er Christa.
    »Davon gehen wir aus.«
    Hank Owens und James Sheedy waren verbrannt. Indick und Kellogg waren verbrannt. Ein Krankenwagen löste den anderen ab. Der letzte verwundete Polizist war auf dem Weg ins Krankenhaus.
    »Rubens, Sie müssen auch ins Krankenhaus.«
    Der Mann am Boden, der noch bei Bewusstsein war, hatte von Akne vernarbte Haut, lange Koteletten und eine beginnende Glatze. »Komm schon, Kumpel, nur ein bisschen Morphium«, stöhnte er mit britischem Akzent.
    Hanson sagte zu Christa: »Keiner von denen hat Papiere bei sich. Aber wir werden die Fingerabdrücke überprüfen.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Das geht schnell.«
    »Nicht schnell genug«, erwiderte Rubens. Er beugte sich zu dem verwundeten Mann hinunter. Sein Bein pochte. »Wo ist Cizinio?«, fragte er.
    »Wer? Du kannst mich mal«, entgegnete der Mann.
    Cizinio ist abgehauen, dachte Rubens.
    »Wir werden alles tun, um Ihre Tochter zu finden«, versicherte ihm Christa.
    »Sie hätten mich in Ruhe lassen sollen«, fauchte Rubens.
    »Wer ist der Mann?«, fragte Hanson, dem Rubens’ Tonfall nicht gefiel.
    »Ein guter Polizist«, erwiderte Christa. »Und diese Schweine«, fuhr sie mit Blick auf den am Boden liegenden Mann fort, »haben seine Tochter entführt.«
    Hanson wurde noch bleicher. Nachdenklich betrachtete er den Verwundeten zu seinen Füßen, dann schaute er Rubens voller Mitgefühl an. »Behalten Sie ihn ein paar Minuten im Auge, okay?«, sagte er. »Ich muss etwas

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