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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
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Estrella im Haus war.
    Wer hatte ihn angezeigt? Einer seiner Mitbewohner? Ein Kollege?
    Sie stürmte ins Zimmer, und als er statt Angst blanke Wut in ihren Augen sah, wusste er, dass die Polizei nicht im Haus war. Vor Erleichterung bekam er weiche Knie. Aber gleichzeitig wusste er, dass er einer ernsten Konfrontation entgegensah, der er nicht länger ausweichen konnte. Ihm drehte sich der Magen um, und das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Hat sie mich etwa auf dem Phantombild im Fernsehen erkannt?
    Ihre schwarzen Augen schauten ihn vorwurfsvoll an. Sie sieht genauso aus wie Rosa. Jamie kam hinter ihr her ins Zimmer, blickte von der Tochter zum Vater, verwirrt über den Wutausbruch.
    »Was zum Teufel hast du vor?«, schrie Estrella. »Was zum Teufel hast du getan?«
    Hastig gab Tommy einen Befehl in den Computer ein, damit sie nicht sah, wonach sie gesucht hatten. Dann stand er auf und legte seinem Sohn einen Arm um die Schultern. »Komm, wir gehen mal eben rüber zu Pep Boys und kaufen ein Paar neue Scheibenwischer.«
    »Ich bleibe hier bei Estrella.«
    »Nein, du kommst mit mir.«
    Rubens blieb mit seiner Tochter allein. Er sah, dass Tommy einen Onlineshop für Staubsauger aufgerufen hatte.
    »Komm, setz dich, Estrella. Lass uns in Ruhe über alles reden.«
    »Wieso? Hast du Angst, die Leute draußen auf der Straße könnten von deinen Geheimnissen erfahren?« Aber sie klang schon nicht mehr ganz so aufgebracht.
    »Liebes, erzähl mir, was los ist.«
    Estrella hatte vor zwanzig Minuten einen Anruf von Rubens’ Chef erhalten, der sich erkundigte, ob ihr Vater schon von seiner Grippe genesen sei und wann er wieder zur Arbeit komme. Sein Trupp habe angefangen, einen kleinen Park in Queens in Ordnung zu bringen.
    »Eine Grippe ? Du hast mir versprochen, mich über alles, was du tust, auf dem Laufenden zu halten.«
    »Ich helfe Tommy dabei, einen Zeugen ausfindig zu machen, und brauchte ein paar Tage frei«, sagte er. »Das ist alles. Ich hab mir halt eine Ausrede ausgedacht.«
    »Hast du dir deswegen den Bart abrasiert? Bist du deswegen neulich in diesen seltsamen Klamotten nach Hause gekommen? Ist das der Grund, warum du keinen Schlaf mehr findest? Warum du die ganze Nacht weggeblieben bist? Das machst du doch sonst nie!«
    Er musste an die dunkle, enge Kiste denken, in der sie auf einem Bananenlaster von Mexiko nach Texas gelangt waren. Er musste daran denken, wie er gesagt hatte: »Wir werden in New York Freunde finden. Wir werden dort eine Schule für dich finden.«
    »Hal-lo. Ich … hei-ße … Est-rell-a.«
    Damals hatte er ihr versprochen: »Ich werde dich nie wieder belügen.«
    Jetzt sagte sie: »Du hörst kaum noch zu, wenn jemand mit dir redet. Seit Tagen lächelst du nicht mehr. Es hat was mit Mama zu tun, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Und warum hat Tommy dann schnell eine andere Webseite aufgerufen? Warum erzählst du ihm Dinge, die du mir vorenthältst? Und dann das Lincoln Center«, sagte sie etwas lauter. Ebenso wie Rosa geriet sie nur langsam in Wut, und jetzt lief sie allmählich warm. »Ich liebe das Lincoln Center. Normalerweise nimmst du mich immer mit, wenn es ein Gratiskonzert gibt. Wenn du also dort etwas zu tun hattest und Helfer brauchtest, warum hast du dann nicht mich gefragt? Nixon hat gesagt, du hättest dort etwas zu erledigen, nicht Tommy. Tommy brauchte keine Hilfe, sondern du. Du wolltest nicht, dass ich das Foto zu sehen bekam. Das sind die Männer, die Mama umgebracht haben, stimmt’s? Du hast sie gefunden!«
    Verdammt, dachte Rubens.
    Er spürte ihre kleine, warme Hand in dem dunklen Versteck auf dem Laster. Er roch den kalten Angstschweiß in ihren Kleidern. Er sagte: »Wenn ich rausfinde, wer Mama auf dem Gewissen hat, werde ich mich an die Polizei wenden. Dann können die den Mörder verhaften, und wir können nach Hause fahren.«
    »Und was ist, wenn dir was zustößt?«
    Er hatte ihr gegenüber den Namen Honor Evans damals nicht erwähnt, aus Angst, er könnte ihr im unpassenden Augenblick herausrutschen. Einer Zwölfjährigen konnte man nicht bedenkenlos alles anvertrauen.
    Sie hatten einander geschworen, geheim zu halten, aus welchem Grund sie in den Norden gekommen waren. Den Leuten nur zu erzählen, dass sie aus einem »kleinen Ort am Amazonas« stammten und dass Rubens Frau »bei einem Hausbrand ums Leben gekommen war«.
    Das war zwar eigentlich nicht gelogen, aber auch nur die halbe Wahrheit. Später hatte er Estrella gesagt, dass er »im Internet nach dem Mann suchte« und

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