Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
Vom Netzwerk:
August, und die Schule war leer.
    »Nach meiner Erfahrung will eine Frau, die schreiend vor einem davonläuft, erst mal in Ruhe gelassen werden«, sagte Tommy.
    »Und wie viele Frauen haben das schon mit dir gemacht?«, fragte Rubens.
    Sie war nicht im Tanzstudio auf dem Ditmars Boulevard, wo sie normalerweise ihre Wut abreagierte. Sie war nicht im Riverside Park, wo sie am liebsten zum Nachdenken hinging. Sie war auch nicht im Schwimmbad, wo sie sich nachmittags gern mit Freunden traf und im kühlen Wasser schwamm.
    »Geh an dein verdammtes Handy, Estrella«, murmelte Rubens. Er hoffte inständig, dass sie, seit er das letzte Mal angerufen hatte, nach Hause gegangen war, dass sie sich beruhigt hatte und in ihrem Zimmer saß.
    Schließlich erreichte Tommy seinen Sohn auf dessen Handy. Jamie sagte, Estrella sei bei ihm, wollte jedoch nicht damit herausrücken, wo sie sich aufhielten.
    »Jamie, ich befehle dir, es mir zu sagen.«
    »Estrella sagt, sie braucht Zeit zum Nachdenken.«
    Vorsichtig fragte Tommy: »Was hat sie denn sonst noch gesagt?«
    »Nichts. Ich hab sie noch nie so aufgebracht erlebt.«
    Sie parkten vor dem Haus, in dem Rubens wohnte. Claudionei saß in Jeans und barfuß im Wohnzimmer und sah sich um elf Uhr morgens ein Fußballspiel an, in der Hand eine Dose Bier.
    »Du hast gesagt, keine Drogen, von Alkohol war nicht die Rede«, entgegnete er auf Rubens’ vorwurfsvollen Blick. »Estrella? Hab ich nicht gesehen. Was ist los, Kumpel?«
    Katarina kam schniefend aus ihrem Zimmer im ersten Stock. Wegen ihrer heftigen Erkältung war sie nicht zur Arbeit in dem Imbisswagen am Friedhof gegangen. Ihre Augen leuchteten auf, als sie Rubens sah, aber dann wurde ihre Miene besorgt.
    »Estrella ist ziemlich ausgeflippt, nachdem sie heute Morgen diesen Anruf erhalten hat. Alles in Ordnung, Rubens? Kann ich irgendwas tun?«
    »Die Frau mag dich«, sagte Tommy, als sie wieder im Auto saßen. »Sie ist nett. Und hübsch.«
    »Gibt es irgendein Gebiet, auf dem du keine schlauen Ratschläge gibst?«
    Der Himmel war ruhig und violett, aber das Gewitter hatte immer noch nicht eingesetzt. Menschen eilten in Erwartung des Regens mit gesenktem Kopf durch die Straßen. Wie durch Zauberei standen plötzlich an jeder Straßenecke nigerianische Schirmverkäufer. Obwohl es mitten am Tag war, gingen in den Häusern die Lichter an. Die Luft roch nach Ozon. Sie hielten am U-Bahnhof, und als Rubens die Beifahrertür berührte, um sie zuzuschlagen, erhielt er einen leichten elektrischen Schlag.
    Auf dem Bahnsteig trafen sie Nixon an. „Wegen des aufziehenden Gewitters spielte er diesmal nicht allzu weit von zu Hause. Gerade sang er »The Waters of March«. Vor ihm lag sein offener Gitarrenkoffer mit ein paar Dollarscheinen darin. Von Rubens’ drei Mitbewohnern war Nixon bei weitem der cleverste.
    »Willst du mir nicht erzählen, was wirklich los ist?«, fragte Nixon, als ihm auffiel, wie Rubens sich abwandte, als ein Sicherheitsmann vorbeiging. »Was auch immer es ist, ich will dir helfen.«
    »Ach, es ist nur was Familiäres.«
    »Jetzt sind wir doch deine Familie«, sagte Nixon.
    »Du kannst später weiter nach ihr suchen, Rubens«, drängte Tommy. »Lass ihr ein bisschen Zeit, sich zu beruhigen. Vor allen Dingen müssen wir dir ein paar ordentliche Klamotten besorgen, wenn du bei Nestor reinwillst.«
    Natürlich hatte er recht. Aber obwohl es Rubens widerstrebte, sich auf den Weg zu machen, ohne mit Estrella gesprochen zu haben, fuhr er mit Tommy zu dessen Vetter, der auf dem Ditmars Boulevard ein Discountgeschäft für Herrenbekleidung besaß.
    »Gib ihm den Kostos-Rabatt, seine Tochter wird Jamie heiraten«, sagte Tommy zu Stephan, einem kahlköpfigen, schlanken, modisch gekleideten Mann, der ihm in keiner Weise ähnlich sah.
    »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor«, sagte Stephan, während er Rubens’ Gesicht musterte. »Sind wir uns schon mal begegnet?«
    Tommy sagte: »Ach, bei dem glaubt jeder, er hätte ihn schon mal gesehen.«
    »Spielen Sie sonntagmorgens Softball, Rubens?«
    »Einmal hab ich mitgespielt«, log er. Der Anzug war braun und ziemlich weit geschnitten, aber das weiße Hemd fühlte sich gut an. Da sie sich so wenig wie möglich an öffentlichen Orten aufhalten wollten, fuhren sie mit dem Auto. Tommy mied den Midtown-Tunnel, wo es Sicherheitskameras gab, und fuhr stattdessen über die Queensboro Bridge. Unterwegs googelte Rubens auf Tommys BlackBerry nach »Nestor«. Aus Pressemeldungen hatte er nichts Neues

Weitere Kostenlose Bücher