Todesspiel
›UN-Kommission für Katastrophenhilfe in der Sub-Sahel-Zone‹, ›UN-Forschungsgruppe für Kinderernährung‹, Newberg & Meyrinck – wahrscheinlich eine Anwaltskanzlei oder Lobbyisten ›Aufsichtskommission für Kriegsflüchtlinge‹. Und im obersten Stockwerk die Nestor-Gruppe, praktisch angesiedelt zwischen Behörden, mit denen sie wahrscheinlich Geschäfte macht.«
»Wie zum Teufel sollen wir an den Sicherheitsleuten vorbeikommen?«
»Wenn ich Informationen über eine Firma brauche, heuere ich normalerweise einen Privatdetektiv an, Rubens. Der treibt sich dann vor den Türen der Firma rum, setzt sich in Kneipen in der Nähe. Früher oder später lernt er einen frustrierten Mitarbeiter kennen, der bei der Beförderung übergangen, von seinem Chef runtergemacht oder gefeuert wurde. Mit dem unterhält er sich dann.«
»So haben wir das in Brasilien auch immer gemacht. Aber das dauert Wochen.«
»Oder Monate.«
Rubens überlegte. »Als ich als Leibwächter für den Gouverneur gearbeitet habe, hat er sich manchmal mit UN-Vertretern getroffen, um über den Staudamm zu reden. Die kamen mit dem Flugzeug, quartierten sich in einem Hotel ein und hielten Konferenzen ab. Das ist das Einzige, was die gemacht haben: Konferenzen abhalten.«
»Und was hat das mit der Frage zu tun, wie wir hier reinkommen?«
Rubens zwinkerte ihm zu.
Draußen vor dem Gebäude bat Rubens Tommy um sein Handy. Er hatte die Nummern der internationalen Abteilungen von der UN-Vermittlung bekommen. Bei der UN verlieh ihm sein starker Akzent besondere Glaubwürdigkeit.
»Dürrekommission Sahelzone«, sagte eine Frauenstimme.
»Ich rufe an wegen der Konferenz heute Vormittag.«
»Heute findet keine Konferenz statt«, antwortete die Frau.
»Finanzaufsichtskommission«, sagte die nächste Frau, die er anrief.
»Ich rufe an wegen der Konferenz heute Vormittag.«
»Ich verbinde Sie mit Miss Umanisha, die kann Ihnen weiterhelfen.«
»Die Konferenz wurde gerade beendet«, erklärte ihm Miss Umanisha.
»Kriegsflüchtlingskommission.«
»Um wie viel Uhr findet die Konferenz heute statt?«
»Hat man Sie denn nicht benachrichtigt? Die Konferenz wurde auf 11:30 Uhr verschoben. Das Flugzeug des Hochkommissars ist verspätet eingetroffen.«
Rubens warf einen Blick auf seine Uhr und lächelte. Er rufe »aus der brasilianischen Mission« an, sagte er, und würde gern »zwei Mitarbeiter schicken«. Er nannte zwei Namen und bat die Frau am Telefon, dem Sicherheitspersonal Bescheid zu geben. Wenige Minuten später standen Rubens und Tommy am Empfangstresen.
»Ich muss oben anrufen, um Ihre Namen zu überprüfen, Sir.«
»Selbstverständlich.«
Der Sicherheitsmann telefonierte, dann schaute er sie stirnrunzelnd an.
»Tut mir leid, Sir, aber die Konferenz findet im UN- Gebäude statt. Das hier ist die falsche Adresse.«
Sie gingen um das Gebäude herum auf der Suche nach einem Seiten- oder Hintereingang, fanden jedoch nur die Laderampe, die ebenfalls bewacht war. Schließlich setzten sie sich in ein Café an der Plaza, von dem aus sie genau beobachten konnten, wer das Gebäude durch die riesige Drehtür betrat oder verließ. Auf dem BlackBerry las Rubens einen Blog namens »protectthepress.com«.
»Hör dir das an, Tommy. Hier steht, ein deutscher Journalist, der letztes Jahr über die Aktivitäten der Nestor-Gruppe in Afrika recherchiert hat, wurde tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Angeblich war es Selbstmord.«
Tommy hörte aufmerksam zu.
»Hier steht, das war nicht das erste Mal, dass so was vorgefallen ist. Ein anderer Journalist, der in Peru versucht hat, etwas über die Aktivitäten der Nestor-Gruppe in Erfahrung zu bringen, ist ebenfalls auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Der Mann wurde von einem Auto überfahren.«
Tommy schäumte vor Wut darüber, dass es ihnen einfach nicht gelang, sich Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen. »Vor zehn Jahren kam man in dieser Stadt überall rein, da gab es diesen ganzen Sicherheitsscheiß noch nicht. Einen echten Attentäter könnten diese Clowns doch sowieso nicht aufhalten. Die könnten einen richtigen Attentäter nicht von George Washington unterscheiden!«
Rubens fragte sich, warum sämtliche Cafés in den Händen von Griechen und sämtliche Zeitungsstände in den Händen von Pakistanern waren.
Tommy sagte: »… um die Katastrophe am elften September zu verhindern, hätte die Regierung nichts weiter zu tun brauchen, als alle Cockpittüren mit starken Schlössern versehen zu lassen,
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