Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
Vom Netzwerk:
aber die konnten sich nicht gegen die Fluggesellschaften durchsetzen, die keine Lust hatten, den Spaß zu bezahlen …«
    Als das Wort »bezahlen« fiel, horchte Rubens auf. Plötzlich hatte er eine Idee, wie sie in das Gebäude gelangen konnten. Er unterbrach Tommy mit einem alten Sprichwort aus Rio Branco.
    »Wenn du die Sahne haben willst, musst du die Kuh bestechen.«
    »Da kommt er. Mittagspause«, sagte Rubens.
    Auf der Plaza hatte er den Sicherheitsmann entdeckt, der vorhin von der Frau beschimpft worden war und sich jetzt den Weg durch die Pausenraucher bahnte. Es hatte immer noch nicht angefangen zu regnen, aber der Himmel war mittlerweile schwarz. Auf den Straßen staute sich der Verkehr, was immer wieder ein Hupkonzert auslöste.
    Tommy legte einen 10-Dollar-Schein auf den Tisch, und sie schlenderten nach draußen.
    »Irgendwann zahle ich dir das alles zurück, Tommy.«
    »Ach, wir strengen einfach einen Zivilprozess wegen widerrechtlicher Tötung an und geben den Kindern den Ertrag als Hochzeitsgeschenk.«
    Der Wachmann schien es nicht eilig zu haben. Er schlenderte gemächlich die Second Avenue entlang und bog in die 43 rd Street ab. Dann verschwand er in einer Kneipe namens »Pot o’ Gold«, auf deren Reklameschild ein Kobold mit Zipfelmütze einen Bierkrug über einen mit schäumendem Bier gefüllten Hexenkessel hielt.
    Rubens setzte sich auf den Barhocker zur Linken des Wachmanns und bestellte zwei Cola. Tommy folgte dem Mann zur Selbstbedienungstheke. Wenige Minuten später kamen sie beide mit voll beladenen Tellern zurück und machten sich gierig über dampfenden Hackbraten, Zucchinigemüse und dick mit Butter bestrichene Brötchen her.
    »Hey, Sie sind doch der Wachmann aus der 45 th Street«, bemerkte Tommy. »Die Alte da eben hat Ihnen ja ganz schön die Hölle heißgemacht.«
    Der Wachmann schaute Tommy an, die Gabel halb zum Mund gehoben. Offenbar versuchte er sich zu erinnern, ob er Tommy und Rubens schon einmal gesehen hatte. Aus der Nähe konnte man erkennen, dass seine Nase geschwollen und gerötet und von blauen Adern durchzogen war. Er trank einen großen Schluck Whisky.
    »Das haben Sie also mitgekriegt, was?«
    »Wie kommt jemand dazu, so mit Ihnen umzuspringen?«
    Der Wachmann redete mit vollem Mund. »Die Zicke ist mit einem der Kommissare verheiratet. Die springt mit jedem so um. Die kann es nicht ausstehen, sich in einer Warteschlange anzustellen.«
    »Manche Leute behandeln einen nicht wie einen Menschen, sondern wie einen Hund, den man einfach rumkommandieren kann.«
    »Das können Sie laut sagen.«
    Tommy bedeutete dem Barmann, dass er die nächste Runde übernehmen würde. Dann ließ er sich lang und breit darüber aus, wie schlecht manche Leute behandelt wurden. Aber als er es übertrieb, verdüsterte sich die Miene des Wachmanns. Er musterte Tommy mit dem Argwohn, den New Yorker gewöhnlich freundlichen Fremden entgegenbringen. »Ja, ja, ist ja gut. Was wollen Sie?«
    Tommy legte einen 50-Dollar-Schein auf den Tresen. »Für eine Stunde in das Gebäude. Nur eine Stunde, das reicht schon.«
    Der Wachmann lachte. »Fünfzig Dollar! Ein Fuffi und ein wässriger Whisky, damit ich meinen Job riskiere? Wer seid ihr zwei überhaupt? Gerichtszusteller? Ihr Typen seid doch zum Totlachen.«
    Mit theatralischer Geste nahm Tommy seine Brieftasche aus der Brusttasche und zeigte dem Mann seine Anwaltslizenz. »Ich bin Scheidungsanwalt. Eduardo hier ist mein Mandant. Seine Frau arbeitet am Empfangstresen von Newberg & Meyrinck.«
    »Das Miststück hat mich betrogen«, sagte Rubens.
    »Beruhige dich, Eduardo, wir kriegen deine Fotos schon zurück.«
    »Fotos?«, fragte der Wachmann, dessen Interesse plötzlich geweckt schien.
    Tommy nickte. »Sie hat ihm sein Haus weggenommen und ihn völlig ruiniert. Alles, was der arme Kerl haben will, sind ein paar Fotos, die auf ihrem Schreibtisch stehen. Wir holen sie uns, während sie Mittagspause macht, und dann sind wir auch schon wieder weg.«
    Der Wachmann stopfte sich ein Stück Hackbraten in den Mund.
    »Es sind Fotos von seinen Kindern. Die sind bei einem Unfall ums Leben gekommen. Diese grausame Frau hat ihm sogar seine Erinnerungen genommen.«
    »Traurige Geschichte«, sagte der Wachmann.
    »Sie lassen uns also rein?«
    »Ihr könnt mich mal«, sagte der Wachmann. »Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört hab.«
    Sie saßen wieder in dem Café. Tommy ging wieder die Blogs durch. Rubens beobachtete die Drehtür des Gebäudes.

Weitere Kostenlose Bücher