Todesspiele
Stenografen, die Hinweise aus der Bevölkerung aufnehmen«, sagte er ungeduldig. »Wir ziehen jemanden ab, der Ihre Aussage mitschreibt. Ich muss jetzt los.«
»Luke, Moment noch. Mein Chef, Al ... er wollte dabei sein.« Sie verzog die Lippen zu einem leicht selbstironischen Lächeln. »Als moralischer Beistand.« Sein Blick wurde freundlicher. »Dann rufen Sie ihn an und bitten Sie ihn herzukommen. Ich will nicht, dass Sie allein durch die Gegend fahren, bis wir wissen, wer sich einen Spaß daraus macht, Sie zu verfolgen. Alles passt zusammen. Wir müssen nur herausfinden, wie.« Er zögerte. »Ich habe versucht, Ihren Namen aus der Ermittlung herauszuhalten, bis Sie Ihre Aussage gemacht haben.« »Warum?«, brachte sie hervor. Sie wusste, was nun kommen würde. Er wird es sagen müssen. Und jeder wird wissen, was ich getan habe. Und was nicht. Und genau das hatte sie verdient.
»Sie haben ein Recht auf Privatsphäre. Genauso wie Sie ein Recht auf Gerechtigkeit haben.«
Sie schluckte, denn seine Wortwahl traf sie hart. »Erzählen Sie, was nötig ist. Erzählen Sie, was vor dreizehn Jahren geschah. Erzählen Sie von HelPs Kitchen, von Darcy, vom Brandzeichen. Ich habe meine Privatsphäre so verdammt satt. Seit dreizehn Jahren erstickt sie mich, meine Privatsphäre.« Sie hob rigoros das Kinn. »Also erzählen Sie ihnen ruhig alles. Mir ist es inzwischen egal.«
Ridgefield House, Samstag. 3. Februar, 8.05 Uhr
Bobby hob beim ersten Klingeln ab. »Erledigt?« Paul seufzte. »Erledigt.«
»Gut. Dann geh schlafen, Paul. Du klingst müde.« »Nein, ernsthaft?« Paul seufzte wieder. »Ich habe heute Abend Dienst, also ruf mich nicht an.«
»Gut. Träum süß. Und danke.«
Bobby klappte das Handy auf, betrachtete einen Moment das Foto des Achtjährigen, dessen Mutter nun herausfinden würde, dass man sich Bobbys Befehlen nicht ungestraft widersetzte, und gab eine Nachricht ein. Tu, was du tun sollst, oder auch er stirbt. Ein Tastendruck, und die Nachricht wurde gesendet. »Tanner, ich würde gerne frühstücken.«
Tanner tauchte aus dem Nichts auf. »Wie du wünschst.«
10. Kapitel
Atlanta,
Samstag, 3. Februar, 8.10 Uhr
Luke blieb an der Tür zum Konferenzraum stehen. Er war so wütend, dass er zitterte. Aber Gerechtigkeit habe ich auch nicht verdient. Er hätte sie gerne angeschrien und etwas Verstand in sie geschüttelt, aber er hatte es nicht getan. Er konnte nur das tun, was getan werden musste. Also stand er hier. Gestern war er schockiert gewesen, als er herausgefunden hatte, dass auch sie ein Opfer von Simon und seiner Gang gewesen war. Heute musste er erfahren, dass man sie sogar ein zweites Mal vergewaltigt hatte. Und das auch noch am selben Datum.
Wieso hatte sie die beiden Ereignisse nicht miteinander in Verbindung gebracht? Und warum zum Teufel hatte sie sich damals einen One-Night-Stand gesucht, um sich damit in billigen Hotels zu vergnügen? »Was ist los?« Ed kam mit einer Schachtel unterm Arm um die Ecke. »Du siehst aus, als stündest du neben dir.« »Tu ich auch. Was ist da drin?«
»Jede Menge Kram, unter anderem Schlüssel, die wir gestern aus Granvilles Taschen geholt haben.« Luke straffte sich. »Wieso? Ich meine, was ist damit?« Ed wackelte mit den Augenbrauen. »Öffne die Tür, und wir werden es alle erfahren.«
Der Tisch im Raum war bereits voll besetzt. Nate Dyer vom ICAC war da, ebenso Chloe, Nancy Dykstra und Pete Haywood. Neben Nate saß Mary McCrady, eine der Psychologinnen der Abteilung. Hank Germanio hatte neben Chloe Platz genommen und riss den Kopf hoch, als Luke und Ed eintraten - wahrscheinlich hatte er Chloe auf die Beine gestarrt. Chloe dagegen trug eine Miene allgemeiner Verachtung zur Schau: Die beiden konnten sich eindeutig nicht ausstehen.
Chase wirkte ein wenig verärgert. »Sie kommen spät, alle beide.«
»Aus einem bestimmten Grund. Und der ist es wert«, versprach Ed.
Chase klopfte leicht auf den Tisch. »Gut, fangen wir an. Ich habe Mary McCrady gebeten, dabei zu sein. Sie will versuchen, ein psychologisches Profil von Granvilles Partner zu erstellen. Okay. Aber zuerst ich.« Er hielt ein ledergebundenes Buch hoch. »Jared O'Briens Tagebuch.« Luke starrte fassungslos drauf. »Wo haben Sie das gefunden?«
»Macks letztes Opfer«, begann Ed, »hatte ein GPS im Wagen, und wir haben das Signal verfolgt. Wir entdeckten, wo Mack sich versteckt gehalten hat, und fanden dort unter anderem dies.«
»Sehr faszinierend zu lesen«, sagte Chase.
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