Todesspiele
im Stich«, sagte er rauh. Einer ihrer Mundwinkel hob sich zu einem traurigen Lächeln. »Das werden wir sehen, wenn du die Geschichte gehört hast. Luke weiß sie schon, und ich möchte, dass du es von mir und nicht von ihm hörst.«
Atlanta,
Samstag, 3. Februar, 13.25 Uhr
Luke stand vor »der Kammer«, dem Raum, in dem sie sich stets das Material ansahen, von dem anständigen Menschen in der Regel schlecht wurde. Bin ich anständig?, hörte er sich fragen.
Ich fürchte ja, Luke. Und sie hielt sich nicht dafür, nur weil sie einen One-Night-Stand gehabt hatte. Oder zwei oder drei. Er würde sie dazu bringen, es ihm zu erzählen, und sei es nur, um ihr anschließend zu erklären, dass sie keinesfalls ein hoffnungsloser Fall war.
Aber Susannah musste einfach noch ein wenig warten. Obwohl er versucht hatte, es vor sich herzuschieben, hatte Luke ganz genau gewusst, dass er irgendwann in »die Kammer« zurückkehren musste. Er hatte es gewusst, seit er gestern Angels Gesicht erkannt hatte. »Die Kammer« war fensterlos und besaß nur eine einzige Tür. Nur Personen, die es wissen mussten - sehen mussten -, hatten Zugang. Luke wünschte, dass es bei ihm anders gewesen wäre, als er den Code eingab. Er hatte schon viel zu viele Stunden darin verbracht. Und jeden Tag stirbt ein bisschen mehr.
Ja. Luke atmete tief durch und drückte die Tür auf. »Hey, Nate.«
Nate sah auf, kein Lächeln in seinem Gesicht. »Setz dich«, sagte er ohne Einleitung. »Hierfür ist es nötig.«
Luke tat es und bereitete sich seelisch auf die Übelkeit vor, die ihn befallen würde, denn so war es stets, wenn sie eine neue Datei mit widerwärtigem Inhalt öffneten. Doch auch die Vorbereitung auf das, was kommen würde, machte es nie einfacher. »Okay. Ich bin so weit.«
»Ich habe gerade erst angefangen, das Zeug durchzusehen, das wir auf Mansfields Computer gefunden haben«, sagte Nate. »Der Kerl hatte fünf externe Festplatten, Papa. Jede mit fünfhundert Gigabyte.«
»Tausende, Hunderttausende von Bildern«, murmelte Luke.
»Das wird uns monatelang beschäftigen. Die Jungs von der Computerforensik haben die Festplatten gespiegelt, und ich habe die Kopien erst vor ein paar Stunden bekommen. Mansfields Dateien sind organisiert. Die meisten Ordner haben passende Namen. Einer heißt >Fine Young American Flesh<. Und das hier habe ich darin gefunden.« Luke setzte sich vor den Computer und scrollte durch die Bilder. Auf jedem war ein Mädchen in provokanter Pose zu sehen. Jedes Mädchen war nackt, jedes Mädchen hielt eine kleine amerikanische Flagge in der einen Hand, in der anderen ein Symbol des Bundesstaates, aus dem es stammte. Jedes Foto war beschriftet mit Namen, Profil und persönlicher Botschaft des Mädchens. »Hi, ich bin Amy«, las Luke. »Ich bin in Idaho geboren und aufgewachsen.« Amy hielt eine Kartoffel in der Hand, die irgendein krankes Schwein so gemorpht hatte, das sie einem männlichen Genital ähnelte. Da gab es eine Jasmin aus dem sonnigen Kalifornien und Tawny, die aus Wisconsin stammte. Jedes Mädchen lächelte verführerisch, und Luke fragte sich unwillkürlich, was man mit ihnen gemacht hatte, damit sie ein solches Lächeln hervorbrachten. »Am Ende steht eine Preisliste«, sagte Nate. »Ein Katalog«, sagte Luke tonlos.
»Genau. Und das Logo der Gesellschaft ist die Swastika.«
»Buy American«, murmelte Luke. »Ich dachte mir doch, dass wir es hier mit Rassisten zu tun haben.«
»Schau mal auf Seite vierundzwanzig.«
Luke tat es. »Angel.« Nur hieß sie hier Gabriela.
»Und Seite zweiundfünfzig.«
»Unsere unbekannte M. Sie nennen sie Honey. O Gott. Kein Wunder, dass sie sich gestern so aufgeregt hat. Ich habe sie mit dem Kosenamen angesprochen. Gibt es noch andere Ausgaben? Frühere?«
»Ja, zwei noch. Augenscheinlich wurden die Kataloge vierteljährlich herausgebracht. Luke, in diesem Katalog sind auch zwei Mädchen, die mit Angel auf der Website waren, die wir vor acht Monaten geschlossen haben.« »Aber wir haben die Spur der Mädchen damals verloren.« Nate deutete auf den Schirm. »Nun wissen wir, wohin sie gegangen sind.«
»Also war Mansfield entweder an dieser Website beteiligt, oder er wusste, wer es war. Wie sonst soll er an alle drei Mädchen gekommen sein?«
»Keine Ahnung. George und Ernie kommen gleich, damit ich mir 'ne Mütze Schlaf holen kann. Vielleicht finden sie ja was, das uns zu dem Urheber der Seite führen kann. Ich würde eine Menge dafür geben, den Kerl in die
Weitere Kostenlose Bücher