Todesspirale: Roman (German Edition)
betrat.
Connie stand neben dem neuen Manager, und Sasha strahlte sie an, als sie den Läufern auswich, die zu der neuen Nummer einliefen. Sie hielt an, um ihre Schoner anzulegen, trat vom Eis, nahm ihre Turnschuhe und schlüpfte in ihre Letterman’s-Jacke.
Sie liebte diese Jacke. Sie repräsentierte alles, was sie damals in Kells Crossing während ihrer Schulzeit vermisst hatte. Sie hatte die Mädchen beobachtet, die die Jacken ihrer sportfanatischen Freunde trugen – oder noch besser, sich ihre eigene verdient hatten – und sie war immer schrecklich neidisch gewesen und hatte sich ausgeschlossen gefühlt. Sie hatte keine Zeit gehabt damals für irgendwelche Aktivitäten außerhalb des Lehrplans; ihr Terminplan war ausschließlich auf das Eislaufen ausgerichtet gewesen. Sie liebte ihren Sport mehr als alles andere auf der Welt, aber er unterschied sie von dem Rest ihre Klassenkameraden – und anders zu sein ist nicht gerade spaßig für einen Teenager. Besonders nicht in einer Kleinstadt.
Aber nicht nur, weil sie sich einen Jugendtraum erfüllt hatte, war diese Jacke so bedeutsam für sie, sondern weil sie sie an dem Tag gekauft hatte, als ihre Mutter starb. Carole Miller war jedes Mal in ihren Gedanken, wenn Sasha diese Jacke anzog.
Connie war verantwortlich für diesen Kauf. Sasha war am Boden zerstört gewesen durch die Nachricht vom Tod ihrer Mutter, und da sie keinen Flug buchen konnte, um aus der Stadt zu kommen, in der sie gerade auftraten, wäre sie beinahe die Wände hochgegangen, weil sie nicht wusste wohin vor Kummer. Sie hatte sich in ihrem Hotelzimmer eingeschlossen und entweder geweint oder ins Leere gestarrt, bis Connie an ihre Tür geklopft hatte.
»Komm mit«, beharrte sie, sobald Sasha geöffnet hatte. »Erinnerst du dich an diese Jacken, nach denen du immer so verrückt warst? Wir fahren jetzt in die Stadt und kaufen dir eine.«
»Vielleicht ein andermal, Connie«, hatte Sasha lustlos erwidert und schon die Tür schließen wollen. »Heute ist kein guter Tag zum Einkaufen.«
Connie hatte die Tür mit dem Fuß blockiert. »Also, da liegst du völlig falsch«, hatte sie ihr widersprochen, sich ins Zimmer gedrängt und Sasha in den Mantel geholfen. Sie suchte das Portemonnaie und den Zimmerschlüssel ihrer Freundin, drückte ihr beides in die Hand und sah ihr unverwandt in die Augen. »Heute ist der beste Tag, um etwas zu kaufen, was du schon immer haben wolltest. Ich glaube, deine Mom würde sich wahnsinnig freuen, wenn sie wüsste, dass du dich mit etwas ganz Speziellem belohnst ihr zu Ehren.«
Und so hatte Sasha sich diese dunkelrote Wolljacke mit den beigefarbenen Lederarmen gekauft. Zwei Städte später hatte Connie ein Sportartikelgeschäft gefunden und ihr ein dickes, plüschiges S aus Wolle gekauft und es auf die Vorderseite nähen lassen. Zu ihrem Geburtstag hatten sich einige Eisläufer zusammengetan und den silbernen Schriftzug FOLLIES ON ICE aus Wolle bestellt, der ebenfalls auf die Jacke appliziert wurde. Jack, der Busfahrer, hatte ihr ein Skatingabzeichen für den Ärmel gekauft. Ihre Jacke unterschied sich von allen anderen Jacken auf der Welt, und sie liebte sie heiß und innig.
Sie liebte die Frau, die sie trotz ihrer Proteste aus dem Zimmer gezerrt hatte, um sie zu kaufen. Es war wahrscheinlich der schlimmste Tag ihres Lebens gewesen. Aber schöne Erinnerungen, die die Jacke jedes Mal, wenn sie sie anzog, hervorrief, waren wie ein ständiger Heilprozess, so dass sie dankbar war, dass sie sich dazu hatte zwingen lassen.
Sie zog die Jacke zu, weil ihr kalt war, und gesellte sich zu Connie und Mick. Connie umarmte sie und flüsterte: »Gute Nummer.« Dann drehte Sasha sich zu Mick um. Sie streckte ihm die Hand entgegen und lächelte ihn an. »Noch mal hallo. Ich habe mir nicht mal die Zeit genommen, mich vorzustellen, als ich Sie vorhin beinahe umgerannt habe«, sagte sie. »Ich bin Sasha Miller.«
Mick ergriff ihre Hand und schüttelte sie. »Mick Vinicor.«
Seine Haut war leicht rau, trocken, und warm. Sasha blinzelte, als es sie durchzuckte bei der Berührung. »Ja, ich... äh...« Sie räusperte sich. »Ich weiß.« Sie riss sich zusammen. »Das heißt, Connie hat mir von Ihnen erzählt heute Nachmittag.« Sie merkte, dass er immer noch ihre Hand hielt und entzog sie ihm. Sie ließ die Arme hängen und ballte unbewusst die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder.
Du meine Güte, was war das denn? Sie fühlte und verhielt sich plötzlich wie ein verdammtes
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