Todesspirale: Roman (German Edition)
ja, ob oder ob nicht, sie konnte sich diesen Typen irgendwie nicht als Geschäftsmann vorstellen, aber sie war wiederum weiß Gott nicht gerade ein Ass in puncto Menschenkenntnis. Man nehme nur ihre blindes Vertrauen in Lonnie. Sie hatte sich partout nicht vorstellen können, dass er Drogendealer war, und sie hätte auf einen Stapel Bibeln geschworen, dass sie ihn so gut kannte wie sich selbst.
Sie hatte den Eindruck, schon ewig dazustehen und den neuen Manager mit offenem Mund anzustarren, aber in Wahrheit fand ihre Einschätzung ziemlich schnell statt. Sie schätzte seine eher durchschnittliche Größe ein, vielleicht eins achtundsiebzig, eins achtzig, nahm seinen Körperbau wahr, und ihr blieb ganz kurz das Herz stehen. Eine alberne Reaktion, zweifellos, aber nicht zu leugnen. Trotz der vielen athletischen Männer, die sie in ihren vielen Jahren im Circuit gesehen hatte, war ihr noch nie einer begegnet, der solche Wirkung auf sie hatte. Er trug ein schlichtes weißes T-Shirt und eine schwarze Jeans, und während sich ein Teil ihres Verstandes fragte, wieso er sich nicht zu Tode fror in diesem zugigen Flur, war seine Kleidung doch nichts, was sie nicht schon Dutzende Male an Dutzenden verschiedenen Männern gesehen hatte.
Dennoch wirkte sie an ihm irgendwie besonders. Es gab keine zwei Meinungen darüber, der Mann war gut gebaut. Breite Schultern, Waschbrettbauch, gut entwickelter Bizeps, muskulöse Unterarme. Ihre Augen überflogen die teuer aussehende Armbanduhr an dem Handgelenk seiner großen Hand.
Ihr Blick fuhr zurück zur Uhr. Sie packte sein Handgelenk und drehte es, bis sie die Uhrzeit ablesen konnte. »Oh, verdammt!« Sie ließ seinen Arm los und drehte sich um, um wegzusprinten. »Noch mal’tschuldigung, dass ich Sie angerempelt habe«, rief sie über ihre Schulter zurück, und dann lachte sie, als ihr klar wurde, wie bekloppt sie ihm vorkommen musste. Erst hatte sie ihn praktisch umgerannt, und dann hatte sie ihn praktisch die ganze Zeit mit heraushängender Zunge angestarrt. War Chemie nicht etwas Tolles? Sie eilte durch den Betongang, wobei ihr die Schlittschuhe gegen die Hüfte schlugen.
Mick stand mitten auf dem Korridor und sah ihr nach, bis sie verschwand. Dann folgte er ihr langsam.
Sie war absolut nicht das, was er sich vorgestellt und worauf er sich vorbereitet hatte. Von den Fotos hatte er gewusst, dass sie hübsch war, aber er hatte erwartet, dass sie eine gewisse Härte ausstrahlen würde im wirklichen Leben. Stattdessen stellte sich heraus, dass das Schwarzweißfoto ihr nicht gerecht wurde.
In Fleisch und Blut bestand sie aus einem warmen Goldton mit rosigen Flecken. Ihre Augen waren hellgrau mit einem dunkelgrauen Rand und winzigen goldenen Sprenkeln um die Pupillen. Ihr Haar war üppig, eine schwarze lockige Wolke, die schwer zu bändigen und weich zugleich aussah.
Und dieses Lachen.
Meine Güte, das ging einem echt durch und durch.
Irgendwie waren alle seine Erwartungen in kürzester Zeit über den Haufen geworfen worden. Er hatte ihr die Erwartung unterstellt, dass alle vor Ehrfurcht vor ihr in die Knie sanken, aber stattdessen war sie eine einzige gehetzte Entschuldigung, hatte sich geradezu tollpatschig verhalten und ihn mit großen, staunenden Augen betrachtet.
Mick schüttelte sich wie ein nasser Hund. Sie war also hübsch und hatte große, wissbegierige Augen. Na und? Offensichtlich wusste die Frau besser, wie man jemanden betrog, als er. Das hieß nicht, dass er ein Volltrottel sein und sich in sie vergaffen musste, oder?
Als er die Tribüne erreichte, blieb er abseits stehen, verschränkte die Arme über der Brust und beobachtete Sashas festen kleinen Hintern in dem knapp geschnittenen, glitzernden roten Trikot, während sie sich vorbeugte und ihre Schlittschuhbänder festzurrte. Er sah, wie sie den Kopf hob und einem Bühnenarbeiter zulächelte, der etwas zu ihr sagte und dachte sauer, dass ihre offenkundige Freundlichkeit wahrscheinlich Teil des Täuschungsmanövers war.
»Und JETZT, meine Damen und Herren, APPLAUS für die SILBERmedaillengewinnerin SA-SHA MILLER!«
Sasha warf ihre Jacke und die gerade ausgezogenen Turnschuhe beiseite, klatschte Connie ab, als sie mit den anderen vom Eis strömenden Gruppenläufern an ihr vorbeikam, entfernte ihre Schlittschuhschoner und betrat das Eis. Sie umkreiste die Eisbahn mit in den Nacken gelegtem Kopf, die Arme in die Luft gestreckt, und lachte laut vor Freude, während die Menge applaudierte. Unbeschreiblich, wie sie das
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