Todesspirale: Roman (German Edition)
sie wollte nie wieder die Enttäuschung in den Augen eines Mannes sehen, die sie bei ihren beiden bisherigen Liebhabern gesehen hatte. Sie hatten ihr beide verdammt klargemacht, dass sie nicht im Mindesten hielt, was sie versprach. In ihren Augen mochte sie zwar eine heiße Nummer auf dem Eis sein, aber eine Niete im Bett. Und sie hatten recht. Sie hatte keine Erfahrung mit den Tricks, die sie von ihr erwarteten; sie war total verklemmt, und es war insgesamt nicht sonderlich prickelnd gewesen. Dennoch, die negative Einschätzung ihrer Fähigkeiten hatte schrecklich weh getan.
Es würde sie umbringen, wenn Mick das Gleiche dachte.
»Oh ja«, stimmte er amüsiert zu, »so wie du mir mit deinen Schlittschuhen Löcher in die Knie gebohrt hast gestern im Coliseum hatte ich schon vermutet, dass du dich nur lustig machen wolltest über mich.« Er trat noch einen Schritt näher und raunte: »Dass du nicht gut im Sex bist, konnte ich auch daran merken, wie du meinen Nacken umschlungen und versucht hast, auf meinen Schwanz zu klettern.«
»Das reicht, Mick!«
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich prompt. »Ich habe mich die letzten paar Jahre mit den falschen Leuten rumgetrieben und schätze, dass ich mich manchmal ziemlich primitiv ausdrücke.« Er nahm ihr errötetes Gesicht in seine rauen Hände. Beugte sich vor und küsste sie sanft, nur kurz, dann sah er ihr in die Augen. »Aber gewöhne du dich schon mal an das Wesentliche, Schätzchen«, riet er ihr gebieterisch. »Ich werde Nummer drei sein. Verlass dich drauf.«
Zum zweiten Mal in Folge musste Sasha abends beim Anziehen ihres hautengen Trikots erleben, dass schon wieder Perlen absprangen und sich über den Boden verteilten. »Verdammt!«, fluchte sie.
Zweimal hintereinander war ihr Kostüm beschädigt ohne ersichtlichen Grund? Meine Güte, wenn sie es nicht besser wüsste, käme sie auf die Idee, dass jemand versuchte, sie zu sabotieren, aber das war natürlich völlig absurd. Wahrscheinlich war einfach nur ein Faden gerissen. Dennoch, sie brachte es nicht gern der Garderobiere. Die Frau war sowieso schon überlastet, und wenn man das Trikot mitzählte, dass Sasha sich am Spind eingerissen hatte, hieß das, dass sie dieser Frau in kürzester Zeit drei zusätzliche Arbeiten aufgebürdet hatte. Sie zog das Kostüm vorsichtig aus und legte es seufzend zusammen. Ein weiteres Zeichen dafür, wie momentan alles außer Kontrolle geraten war.
Da hatte sie nun zum ersten Mal in ihrem chaotischen Leben alles prima im Griff, und jetzt schien es sich wieder aufzulösen.
Natürlich konnte man nicht gerade behaupten, dass sie ein konventionelles Leben führte. Sasha würde jederzeit ehrlich wenn auch etwas verzweifelt zugeben, dass ihr Leben alles andere als das bisher gewesen war. Aber musste sie bis an ihr Lebensende dafür bezahlen? Es war ja nicht so, als hätte sie bewusst die Entscheidung getroffen, so zu leben – die Umstände hatten es ihr mehr oder weniger aufgezwungen.
Und, verdammt, in den letzten Jahren war ihr Leben ziemlich normal gewesen. Vielleicht nicht direkt konservativ, aber was soll’s. Ihr gefiel es; es kam ihr entgegen – zumindest war das Anderssein keine strafbare Handlung, und ihre Gefühle wurden nicht wie früher täglich mit Füßen getreten. Sie hatte Kells Crossing überwunden. Sie hatte das Stigma, die Expartnerin eines verurteilten Heroindealers zu sein, überwunden. Sie hatte einige wenige gute Freunde gefunden und einen Job, den sie liebte. Sie führte heute ein vergleichsweise banales Leben.
Na gut, sie hatte den einen oder anderen sexuellen Durchhänger, und man brauchte keinen Psychotherapeuten, um herauszufinden, warum. Aber sie war jung; sie würde sich damit zu gegebener Zeit auseinandersetzen.
Das hatte sie jedenfalls bisher angenommen... bis Mick Vinicor in ihrem Leben aufgetaucht war.
Dass er sie so durcheinanderbrachte und sie sich wie verrückt nach etwas sehnte, was sie nie gehabt hatte, machte ihr bewusst, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Sie hatte sich nicht damit auseinandergesetzt – sie hatte das Problem verdrängt. Und wenn sie die Wahl hätte, würde sie einfach so weitermachen wie bisher und es ignorieren.
Aber das war es ja gerade. Die Wahlmöglichkeit schien ihr aus der Hand genommen worden zu sein. Mick bestimmte den Kurs, und es konnte keine zwei Meinungen darüber geben: Der Mann hatte einen wirklich beeindruckenden Willen. Sie spürte förmlich, wie sie beide wie ein Papierboot in starker
Weitere Kostenlose Bücher