Todesspur
Staatsanwalt Stevens bittet darum, benachrichtigt zu werden, wenn es heute noch eine Besprechung zu dem Fall gibt. Das ist vielleicht ein eingebildeter Hammel – oh, Verzeihung!«
»Danke«, knurrt Völxen. »Ich sag ihm rechtzeitig Bescheid.«
Da Oda noch immer qualmt, ruft er Frau Cebulla an und bittet sie, alles Nötige zu veranlassen, damit Ruben Döhring am Nachmittag zum Verhör erscheine. »Eine Streife soll ihn abholen, das macht immer Eindruck. Was macht Oscar, ist er brav?«
»Ja. Aber er bettelt ganz herzzerreißend.«
»Haben Sie ihm einen Keks gegeben?«
»Nur einen einzigen … «
»Frau Cebulla, ich sagte doch ausdrücklich: keine Kekse!«
»Aber wenn er einen doch so ansieht!«, jammert die Sekretärin. »Ich habe ihm erst vor zwei Minuten einen gegeben – aber jetzt sitzt er schon wieder da mit diesem traurigen Blick.«
»Der Hund hat Alzheimer«, entgegnet Völxen. »Bleiben Sie hart.« Er legt auf und wählt die Nummer vom LKA .
11
Zurück im Büro wartet Fernando auf seinen Zeugen. Er hat den Pförtner informiert, wohin der Mann gebracht werden soll. Das war vor einer Viertelstunde. Eigentlich müsste der Rapper sogar vor ihm hier angekommen sein, denn Fernando hat noch einen kleinen Umweg über die Calenberger Neustadt gemacht, wo sein Friseur Ali seinen Salon führt. Um fünf hat Fernando noch einen Termin beim maestro ergattert. Das passt, dann kann er gleich von dort aus ins Fotostudio, um seine zweite Karriere zu starten. Jetzt wird ihm aber langsam unwohl. Wo bleibt denn der Typ so lange? Oder war er schon hier und ist einfach wieder gegangen? Verdammt, Fernando hätte doch das Motorrad stehen lassen und im Streifenwagen mitfahren sollen! Am Ende war die Nummer mit den Handschellen nur eine List, und der Typ ist getürmt? Aber dann hätten die Kollegen von der Streife doch …
Es klopft. Na endlich, der Herr Rapper! Aber anstatt der Haarpracht des Musikers erscheint nur Frau Cebullas blond gesträhnter Kopf im Türspalt. »Einen schönen Gruß von Hauptkommissar Völxen, und ich soll Ihnen ausrichten, Sie brauchen nicht länger auf diesen Herrn Schaller zu warten. Das hat sich erledigt.« Fernando springt auf, die große Hannover- 96 -Fahne hinter ihm gerät ebenso in Wallung wie sein Temperament. »Was? Wieso? Was soll das heißen?«
»Mehr weiß ich auch nicht. Der Chef sagte nur, er erklärt es Ihnen später selbst.«
»Leckt mich doch alle am … «
»Wie bitte?«, fragt Frau Cebulla streng.
»Doch nicht Sie«, beschwichtigt Fernando. »Sie doch nicht, mi vida !«
»Das will ich hoffen.« Kaum ist das Quietschen ihrer Gummisohlen verklungen, erscheint der Kollege Nowotny, der wegen eines Rückenleidens den Innendienst bevorzugt. »Rodriguez, was gibt’s Neues?«
»Nichts.«
»Aber ich habe was! Der Bruder des Mordopfers, Ruben Döhring, ist Kundschaft von uns: leichte Körperverletzung, Vandalismus, Besitz von Betäubungsmitteln.«
»Auch Handel?«
»Nein, nur Drogenbesitz.«
»Interessant. Ich danke dir.«
»Gern geschehen. Es steht auch in der Ermittlungsakte, aber ich dachte, ich sag’s dir lieber, weil du die Akte ja manchmal nicht so gründlich liest.« Fernando schluckt eine scharfe Antwort hinunter und säuselt stattdessen so zuckersüß, dass Nowotny sich fühlt, als würde er gleich Diabetes bekommen: »Richard? Tust du mir einen Riesengefallen?«
»Was denn?«
»Ich wüsste gerne alles über einen gewissen Jamil Schaller alias Oumra. Das ist sein Künstlername, er ist ein Rapper.«
Nowotny streicht sich über seine Glatze und grinst. »Nee, iss nich.«
»Wieso?«, braust Fernando auf.
»Weil der Chef mich gerade angerufen und mir gesagt hat, ich soll das ablehnen, falls du mich darum bittest. Der kennt eben seine Pappenheimer, der alte Silberrücken!«
Niko betritt die Telefonzelle am Vahrenwalder Platz. Er besitzt zwar ein Handy, aber meistens vergisst er, das Ding einzustecken. Häufig auch absichtlich, damit ihn Stella nicht vom Kiosk wegrufen oder sonst irgendwie herumkommandieren kann. Denn das tut sie nach wie vor gerne, auch wenn sie mittlerweile von ihm abhängig ist, was die Finanzen betrifft. Er und Stella leben inzwischen fast nur noch von seiner Rente, und das wird manchmal ganz schön eng. Natürlich liegt es nicht nur an der osteuropäischen Konkurrenz, dass Stella kaum noch was verdient. »Du bist einfach zu alt für den Job«, stellt Niko zuweilen fest. Manchmal denkt er es sich auch nur, um Streit zu vermeiden, denn
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