Todesspur
genau gesehen, wie das passiert ist.«
»Wann war das?«
»Das ist schon ein Jahr her. So was passiert halt mal.« Wolfgang Franke winkt ab, aber man sieht seiner säuerlichen Miene an, dass er Olaf noch nicht ganz verziehen hat. »Danach habe ich ihn scharf im Auge behalten und ihn öfter mal vom Platz gestellt, wenn er sich nicht korrekt verhalten hat.«
»Hat er sich das gefallen lassen?«
»Musste er ja wohl. Noch bin ich der Trainer!«
»Was heißt noch ?«
»Gar nichts heißt das«, schnaubt Franke, aber als ihn Völxens graue Augen eingehend fixieren, lässt er seinem Groll schließlich freien Lauf: »Die kleine Ratte hat hintenherum gegen mich intrigiert. Hat beim Vorstand rumgemosert, meine Methoden wären veraltet, ich würde nicht den richtigen Ton treffen, die Spieler würden mich nicht ernst nehmen – so Scheiß eben, völlig aus der Luft gegriffen. Dabei sollten die froh sein, dass überhaupt jemand diesen Job macht!« Franke hat sich in Rage geredet, sein Gesicht ist jetzt rot wie ein Backstein, er hat Schweißperlen auf der Stirn. Völxen erkundigt sich, wie das gestrige Spiel verlief.
»Wir haben gewonnen.«
»Gab es einen Zwischenfall mit Olaf?«
»Nein. Gestern war er lammfromm. Ich hatte ihm aber auch angedroht, ihn rauszunehmen, wenn er nicht ordentlich spielt.«
»Sie persönlich sind also nicht besonders traurig über Olafs Tod, Herr Franke, oder?«, fragt Oda und lächelt den Trainer dabei verständnisvoll an.
Es scheint so, als würde sich Franke erst jetzt wieder darauf besinnen, wen er vor sich hat und unter welchen Vorzeichen dieses Gespräch steht. Er sieht die Kommissarin erschrocken an. »Nein! Doch! Das ist doch … also, was unterstellen Sie mir denn da? Natürlich ist das schrecklich, die armen Eltern!«
»Kennen Sie die Eltern?«, greift Oda das Stichwort auf.
»Ja. Nette Leute.«
»Und Olafs Bruder, Ruben Döhring, kennen Sie den auch?«, fragt der Kommissar.
»Ja, sicher. Den habe ich zwei Jahre lang trainiert. Mit sechzehn hat er dann aufgehört, hatte keinen Bock mehr. Eigentlich schade. Die körperlichen Voraussetzungen hätte er durchaus gehabt, aber da waren null Ehrgeiz und Disziplin. Er hat oft das Training geschwänzt, und dann konnte ich ihn natürlich nicht spielen lassen, das wäre ja den anderen gegenüber nicht fair gewesen. Er kam mit der Zeit immer seltener, hat wohl einfach die Lust verloren.«
»Hat er auch so unfair gespielt wie sein Bruder Olaf?«
Der Trainer verneint. »Der hat zwar auch öfter mal einen umgerannt oder angerempelt, aber er hat sich keine Mühe gegeben, es zu verbergen. Er war eher so ein kleiner Zinédine Zidane, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Oda lächelt und Völxen ebenfalls, denn ihm fällt dabei seine Tochter Wanda ein, die neulich meinte, man sollte den Schafbock Amadeus in Zizou umbenennen, wegen seiner Kopfstöße.
»Wo waren Sie am Sonntagabend, Herr Franke?«
»Wo schon? Zu Hause, vor der Glotze. Da können Sie meine Frau fragen.« Odas Frage hat den Chef der Firma Leineparty anscheinend verärgert. »War’s das?«, fragt er kurz angebunden.
»Ja, fürs Erste«, entscheidet Völxen. »Wo finden wir Ihre Frau?«
»In unserem Büro zu Hause, nehme ich doch an.«
Wolfgang Franke begleitet seine Besucher an dem Riesenaffentrio vorbei zum Ausgang des Lagers. Offenbar hat er seine Leutseligkeit rasch wiedergefunden, denn er erklärt mit Blick auf die Plüschmonster: »Ich wollte die Dinger immer mal bei eBay versteigern, die nehmen hier nur Platz weg. Haben Sie vielleicht Verwendung dafür?« Sowohl Oda als auch Völxen lehnen das Angebot freundlich ab. »Wenn es Schafe wären, wäre es was anderes«, meint Oda.
Als sie wieder vor der Tür stehen, sticht Oda der dunkelgrüne Jaguar ins Auge, der neben dem Gebäude parkt. »Offenbar wirft der Partyservice ordentlich was ab«, bemerkt sie mit einem wehmütigen Seufzen. »Ich sollte die Branche wechseln.«
»Seit wann begeistern dich Autos?«, wundert sich Völxen.
»Nur manche Autos«, korrigiert Oda und verrät: »Ich habe durchaus einen Hang zu mondäner Lebensführung. Wenn ich beim Friseur bin, informiere ich mich immer in den entsprechenden Fachmagazinen, was gerade in Prominenten- und Adelskreisen angesagt ist. Leider reichen meine Mittel nicht aus, um mithalten zu können.«
»Falsche Berufswahl«, erkennt Völxen, während er den Wagen näher in Augenschein nimmt. Vom Rückspiegel baumelt ein kleines Rugby-Ei. »Sein Trainerjob scheint ihm immens
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