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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Oda an die der Mutter des Nachbarjungen Luis. Auch bei Frau Tiefenbach stand zuallererst die Sorge ums eigene Kind im Vordergrund und wie es denn wohl den Tod des anderen Kindes verkraften würde. Eltern sind wirklich grausame Egoisten, erkennt Oda mit einem Anflug von Abscheu, während sie sich gleichzeitig fragt, ob sie nicht auch so reagieren würde.
    »Wie stand denn Ihre Frau zu Gwens Beziehung mit Olaf?«, meldet sich Jule zu Wort.
    »Ähnlich. Aber sie kann sich bei Gwen noch weniger durchsetzen. Sie wissen ja, Mütter und Töchter – das ist schwierig, besonders in dem Alter.«
    Nicht nur in dem Alter, weiß Jule, und Oda fragt: »Aber Sie haben ein gutes Verhältnis zu Ihrer Tochter?« Die Sie indirekt des Mordes beschuldigt hat, fügt sie in Gedanken hinzu.
    »Ja, sicher. Es ist eben nur  … «
    »… schwierig, ja, ich weiß«, sagt Oda.
    Jule betrachtet indessen das Foto, das auf einem Aktenschrank steht. Die Familie vor einem Wohnmobil: Fischer selbst, Bart und Haar etwas länger, eine dunkelhaarige Frau, molliger Typ, und Gwen im Alter von etwa zehn Jahren. Damals schien Gwen noch nicht so dünn gewesen zu sein wie heute. Eher sogar ein bisschen pummelig. »Herr Fischer, seit wann ist Gwen magersüchtig?«
    Jules Frage trifft ins Schwarze, man kann sehen, wie der Mann zusammenzuckt.
    »Sie ist nicht  … «
    »Doch, sie ist!«, beharrt Jule, und Oda meint beinahe entschuldigend: »Sie hat mal Medizin studiert, man kann ihr nichts vormachen.«
    »Meine Tochter hat ein paar Probleme. Auch psychischer Art, Depressionen, und eine Essstörung. Das fing mit der Pubertät an, so mit zwölf, dreizehn. Sie ist aber in Behandlung. Seit einem halben Jahr geht sie auch noch zu so einem Naturheilkundler, gleich hier um die Ecke.«
    »Und, hilft das?«, fragt Oda neugierig.
    »Ja. Seither ist sie etwas ausgeglichener geworden.«
    »Freut mich.« Oda kann sich das Grinsen nur schwer verkneifen. Sie erkundigt sich nach dem Krankenhausaufenthalt seiner Frau. Fischers Angaben decken sich mit denen von Gwen.
    »Herr Fischer, und wo waren Sie am Sonntagabend?«
    »Bitte?«, kommt es entrüstet.
    Oda wiederholt die Frage.
    »Also, das ist doch … denken Sie etwa, ich hätte den Jungen umgebracht?«
    »Ich denke gar nichts, ich ermittle«, knallt ihm Oda die Standardantwort auf seine Standardfrage hin. »Also?«
    »Ich war bei meiner Frau im Henriettenstift.«
    »Den ganzen Abend?«
    »Nein, bis sieben, halb acht.«
    »Wie sind Sie hingefahren?«
    »Mit meinem Auto.«
    »Und danach?«
    »Danach war ich zu Hause.«
    »Ach, wirklich? Ihre Tochter behauptet da etwas anderes.«
    »Die!«, schnaubt Fischer. »Die sitzt oft den ganzen Abend in ihrem Zimmer am Laptop, mit den Kopfhörern auf. Die hört doch gar nicht, wann jemand kommt oder geht. Man könnte die Wohnung ausräumen, die würde es nicht mitkriegen.«
    »Sie hat aber deutlich gehört, wie Sie nach Hause gekommen sind. Und das war nach elf.«
    Fischer wendet verlegen den Kopf ab und reibt sich seinen Bart. Oda kommt zu dem Schluss, dass sie den Mann nicht mag, und so bereitet es ihr fast ein kleines Vergnügen, als sie nun sagt: »Herr Fischer, ich muss Sie vorläufig festnehmen, wenn Sie mir nicht sagen können oder wollen, wo Sie in der fraglichen Zeit waren. Sie haben nämlich ein ziemlich gutes Motiv für die Tat – väterliche Eifersucht. Oder nennen wir es Besorgnis«, räumt Oda ein, als Fischer zum Protest ansetzt. »Ohne Alibi sieht das jedenfalls gar nicht gut aus für Sie.«
    »Wenn ich es Ihnen sage, bleibt das dann unter uns?«
    »Ja«, versichert Oda und kann sich schon denken, was jetzt kommt. Prompt gesteht der Mann, dass er seit einem Dreiviertel Jahr eine außereheliche Beziehung führt und den Sonntagabend bei der bewussten Dame verbracht hatte.
    »Name, Adresse?« Jule zückt ihr Notizbuch.
    »Muss das sein?«
    »O ja«, versichert Oda.
    Als sie kurz darauf im Aufzug stehen und nach unten fahren, atmen beide tief durch.
    »Ich hoffe, sein Alibi ist glaubhaft«, meint Jule.
    »Wieso? Wenn nicht, hätten wir doch einen prima Verdächtigen«, antwortet Oda sarkastisch.
    »Trotzdem. Als ich das Foto sah und mir Gwen vorstellte, wie sie jetzt aussieht, und dazu diese Krankengeschichte … Für einen Moment dachte ich, dass Gwen ein Missbrauchsopfer sein könnte. Dass er deshalb nicht will, dass seine Tochter einen Freund hat.«
    »Ging mir ähnlich«, bestätigt Oda. »Als ich das mit der Eifersucht sagte, da wollte er schon auf mich losgehen, ich

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