Todesspur
Vogesen deutlich ab. Weit entfernte Dörfer waren an stecknadelkopfgroßen Lichtpunkten zu erkennen. Tweed schloß aus ihrer Miene, daß Paula die Schönheit der Szenerie in Einklang zu bringen versuchte mit dem Terror auf den kurvenreichen Straßen, der eisigen Kälte und den gefährlichen Schluchten. Als der Zug langsamer wurde, setzte Ives seinen Bericht fort.
»Dann gab es noch drei weitere Fälle – so identisch, daß es geradezu unheimlich war. Jeder in einem anderen Staat im Süden. In Tennessee hat er nie wieder zugeschlagen. Immer eine reiche Frau, die allein im Dunkeln durch eine einsame Gegend fuhr. Und in jedem Fall ging er auf die gleiche grauenhafte Weise vor. Es war ein Serienmörder – mit sechs Opfern.«
»Und nie irgendein Anhaltspunkt?« drängte Tweed. »Bemerkenswert. Gewöhnlich machen sie zumindest einen Fehler.«
»Er hat es getan. Im letzten Fall. Er hinterließ einen deutlichen Daumenabdruck unter dem Türgriff des Wagens, den er angehalten hatte. Ein Lincoln Continental. Ich hatte Gerüchte gehört, denen zufolge mein Chef durch jemanden aus Washington ersetzt werden sollte. Mein sechster Sinn veranlaßte mich, den Lincoln Continental in einer alten Scheune auf dem Lande zu verstecken. Dort steht er nach wie vor.
Und ich habe eine Kopie dieses Daumenabdrucks …«
Newman war aufgestanden und lehnte sich an die Kante seines Sitzes. Er hatte seine Jacke geöffnet, so daß er notfalls schnell nach seinem Smith & Wesson greifen konnte. Der Zug näherte sich dem Hauptbahnhof von Basel. Falls es Leute gab, die vorhatten, auf Tweed zu schießen, dann würden sie es bald tun, um am Bahnhof schnell aus dem Zug springen zu können. Tweed wußte genau, was er tat. Er stand auf und zog seinen Mantel an.
»Wir müssen die Fortsetzung dieses Gesprächs auf später verschieben«, sagte er zu Ives. »Cardon kommt herüber. Er wird Sie beschützen. Und Sie könnten Amberg im Auge behalten.«
»Jetzt, wo wir wieder in der Schweiz sind, sollte eigentlich alles okay sein.«
»Wie okay waren Sie, als Sie in Zürich von einem Hotel ins andere flüchten mußten?« erinnerte ihn Tweed.
Tweed und Newman verließen Seite an Seite den Zug.
Dicht hinter ihnen stiegen Paula und Eve Amberg aus. Cardon bildete die Nachhut, einen Schritt hinter Ives, der den Schweizer Bankier eskortierte.
Die französische Paß- und Zollkontrolle war unbesetzt.
Als sie die Schweizer Kontrollstation passierten, wurden Tweeds Befürchtungen gleich doppelt bestätigt. Er entdeckte Arthur Beck, der in Zivil hinter einem der uniformierten Paßbeamten stand. Der Schweizer Polizeichef nahm keine Notiz von ihm. Als sie auf das Erste-KIasse-Restaurant zusteuerten, erschien Harry Butler und hielt an Tweeds anderer Seite mit ihm Schritt. »Erstaunlich, daß Sie schon hier sind«, bemerkte Tweed.
»Allerdings hat der Zug aus mir unbekannten Gründen eine Weile auf freier Strecke gehalten.«
»Wir haben Gas gegeben«, erklärte Butler. »Auf der Autobahn kommt man schnell voran. Wollen Sie wirklich in das Erste-Klasse? Pete Nield wartet dort drüben – er beobachtet einen Mann von der Gegenseite, der uns gefolgt ist. Kopf wie ein Totenschädel. Ich habe gesehen, wie er im Bristol eine Befehlsausgabe veranstaltete…«
49. Kapitel
Nachdem er in dem Renault in Richtung Basel aus Colmar abgefahren war, hatte Marvin Mencken Glück gehabt. Butler und Nield dagegen hatten Pech.
Nachdem er Jason, seinen Untergebenen, getötet hatte, war Mencken Richtung Autobahn gefahren. Er war noch nicht weit vom Bristol entfernt, als er eine Tankstelle entdeckte. Gleichzeitig begann sein Motor zu stottern.
Er fuhr auf das Gelände der Tankstelle, und als sein Tank voll war, bat er den Mechaniker, die Zündung zu überprüfen. Er wollte gerade weiterfahren, als er zwei vertraute Wagen entdeckte – einen grauen Espace und einen Kombi.
Mencken grinste und folgte ihnen.
»Da hat sich jemand an uns gehängt«, warnte Nield Butler über sein Walkie-Talkie.
»Der Renault«, erwiderte Butler. »Aber ich kann nichts dagegen tun. Wir haben Anweisung, so schnell wie möglich in die Schweiz zu kommen. Fahren Sie einfach weiter. Wir kümmern uns später um dieses Problem …«
Als sie den Hauptbahnhof von Basel erreicht hatten, parkten sie ihre Wagen und gingen getrennt in das Erste-Klasse-Restaurant, wo sie sich an verschiedenen Tischen niederließen und Kaffee bestellten. Ein Mann mit einem skelettartigen Gesicht kam nach ihnen herein, entschied sich für
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