Todesstatte
gestorben, dass die Needhams ihre Leichname zur Bestattung in andere Pfarrbezirke bringen lieÃen, um das Ausmaà der Misshandlungen zu vertuschen.
Cressbrook dagegen war das genaue Gegenteil gewesen, ein Zeugnis der aufgeklärten Einstellung des autodidaktisch gebildeten Zimmermanns William Newton. Er hatte seine Spinnerei im Stil eines prunkvollen georgianischen Herrenhauses bauen lassen, mit einer Dorfschule und mehreren Reihen hübscher Cottages mit Sprossenfenstern für seine Arbeiter. Hatten Newtons Mieter sehen können, wie das Blut der minderjährigen Arbeitskräfte seines Konkurrenten flussabwärts und über das Wehr floss? Den Bewohnern der neuen Appartements in der Litton Mill zuliebe hoffte Cooper, dass die Toten ruhig schliefen.
Oberhalb von Cressbrook machte die StraÃe, die den steilen Hügel hinaufführte, eine ziemlich knifflige Haarnadelkurve. Und ein paar Meter unterhalb dieser Kurve zweigte die StraÃe ins Ravensdale-Tal ab. Sie war zum Teil geteert, allerdings nur bis zu den Ravensdale Cottages, den alten Häusern der Spinnereiarbeiter, die in der Gegend als »The Wick« bekannt waren. Die Cottages waren winzig, und zwölf von ihnen standen sich in zwei Reihen auf einem abschüssigen Streifen Erde gegenüber. Sie waren aus Kalksteinblöcken errichtet worden, mit einer Treppe, die zur Eingangstür führte, hatten bleiverglaste Rundbogenfenster, und an ihren AuÃenwänden rankte Schlingknöterich.
Die StraÃe durch das Ravensdale-Tal war immer noch feucht, obwohl es schon vor Stunden aufgehört hatte zu regnen und die Sonne auf die höher gelegenen Hänge schien. Am oberen Ende des Tals war es so still, dass Cooper die Stimmen von zwei Felskletterern hören konnte, die sich gegenseitig Anweisungen zuriefen, während sie in der Wand des Ravenscliffe Crag hingen.
Hinter den Cottages schlängelte sich ein schlammiger Pfad in Richtung Norden, hinauf ins Cressbrook-Tal bis zum Peterâs Stone und hinüber nach Wardlow. Auf der rechten Seite zweigte ein Weg durch die Felder ab und folgte dem Bach. Das Laub des vergangenen Jahres, das in Haufen neben dem Weg verrottete, war von den Reifen vorbeikommender Fahrzeuge zu braunem Matsch zerquetscht worden.
Eine Gruppe von Wanderern kam vorbei. Ihre Windjacken und ihre wasserdichten Hosen raschelten, und ihre Stiefel knirschten auf den feuchten Steinen und landeten platschend in den Pfützen. Alle vier hielten den Kopf gesenkt und blickten auf ihre FüÃe. Auf diesem Streckenabschnitt wurde nicht gesprochen. Vielleicht sparten sie sich ihren Atem für den Anstieg auf der anderen Seite des Tals auf, wo der Pfad noch matschiger und gefährlicher war.
Als Cooper den Weg hinunterfuhr, wurden die Flanken des Tals niedriger, die Felsen verschwanden, und die Stimmen der Kletterer verhallten im Hintergrund.
In den Wäldern unterhalb von Litton Foot war die Suche wieder aufgenommen worden. Fry war bereits vor Ort und sprach mit dem Anthropologen, Detective Inspector Hitchens hingegen war offenbar eben erst angekommen. Hoch in den Bäumen hingen Nebelschwaden, und durch das Laubwerk plätscherte ununterbrochen Wasser herab. Kaum war Cooper aus dem Auto ausgestiegen, da spürte er bereits die kühle Feuchtigkeit im Gesicht.
»Was ist los?«, fragte Hitchens, als Fry sich den Weg über den unebenen Boden zu ihnen bahnte.
»Das Uniteam hat Bedenken, ob sich die sterblichen Ãberreste unversehrt bergen lassen, weil die Vegetation durch die Knochen gewachsen ist. Sie sagen, dass die Wurzeln ziemlich fest sitzen und die Knochen womöglich auseinanderfallen werden, wenn sie versuchen, sie zu bewegen.«
»Und was schlagen sie dann vor?«
»Sie möchten etwas tiefer graben und die oberste Schicht Erdreich zusammen mit der Vegetation am Boden in einem Stück abtransportieren, damit sie das Ganze dann im Labor auseinandernehmen können, ohne die Knochen zu beschädigen.«
»Ist das überhaupt möglich?«
»Angeblich schon. Schlimmstenfalls müssen sie die Leiche irgendwo an der Wirbelsäule in zwei Teile schneiden. Sie sagen, dass sie zwischen Knochenverletzungen zum Todeszeitpunkt und postmortalen Beschädigungen durch Wurzelwuchs unterscheiden müssen.«
»Welche Lösung ist Ihrer Meinung nach die kostengünstigste?«, fragte Hitchens.
»Vermutlich ist das Labor billiger, als all diese Leute vor Ort arbeiten zu
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