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Todesstatte

Titel: Todesstatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Booth Stephen
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blasse Wasserfälle in den Augenhöhlen. Die Regalbretter waren mit pulverisiertem Stein von den Wänden bedeckt. Er glaubte, in der merkwürdigen Stille ein leises, raschelndes Geräusch zu hören. Doch es war nur Fry, die sich zur Treppe davonstahl, weil sie es kaum erwarten konnte zu gehen.
    Nachdem sie wieder nach oben gegangen waren, inspizierten sie Schlafzimmer mit Himmelbetten und Badezimmer mit uralten Wasserrohren und fleckigen Keramikbadewannen. Offenbar war das Dach an verschiedenen Stellen undicht, da ein Teil der aufwendigen Stuckatur an der Decke zu bröckeln begann und herabzufallen drohte. Cooper fand es traurig, den Zerfall von Geschichte sehen zu müssen. Ihm wäre es lieber gewesen, das Gebäude wäre renoviert und mit in die Zimmer integrierten Bädern und einem Fitnessstudio ausgestattet worden, weil ein Hotel oder Konferenzzentrum einzog.
    Durch Derbyshire waren im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Armeen marschiert, und zwar nicht nur während des Bürgerkriegs. Cooper dachte daran, dass Alder Hall gerade neu gebaut worden sein musste, als Bonnie Prince Charlie seine jakobitischen Rebellen im Winter 1745 in südlicher Richtung bis nach Derby führte. War es nicht das Regiment des Duke of Devonshire gewesen, die Derby Blues, das die Stadt vor dem Eintreffen der Highlander verlassen hatte? Doch anstatt weiter nach London vorzustoßen und König Georg II. zu stürzen, hatte der Young Pretender den Rückzug nach Schottland angetreten. Genau hier war es zu einer entscheidenden Wende in der Geschichte gekommen.
    Cooper fragte sich, ob die Saxtons damals Jakobiter oder Königstreue gewesen waren, Katholiken oder Protestanten, Royalisten oder Parlamentarier. Es hatte Zeiten gegeben, als von jedem erwartet wurde, Position zu beziehen.
    In einem der Schlafzimmer hörte er das Geräusch eines Motors und sah zum Fenster hinaus. Unten auf der Zufahrt wendete ein blauer Kleinwagen, wobei nicht mehr als ein leises Knirschen von Kies zu hören war. Aus dem zweiten Stockwerk konnte er erkennen, dass eine Frau mit kurzem Rock am Steuer saß. Er sah ihre Beine und einen Arm am Lenkrad, doch das war alles. Er war sich nicht einmal sicher, um welche Automarke es sich handelte – viele dieser Kleinwagen sahen gleich aus. Und aus seiner Position war er nicht in der Lage, das Kennzeichen zu entziffern. Das Fahrzeug war nach links aus Coopers Blickfeld verschwunden, ehe er auch nur einen einzigen Buchstaben lesen konnte.
    Â»Möchten Sie das Grundstück ebenfalls inspizieren?«, erkundigte sich Casey ohne große Hoffnung, schon jetzt davonzukommen.
    Â»Wir würden gerne einen Blick in den Wald an der östlichen Grundstücksgrenze werfen.«
    Â»Ah, ja. Dann können wir bei der Gelegenheit Fair Flora einen Besuch abstatten.«
    Â 
    Â 
    Sie stand in einer hoch gelegenen Lichtung zwischen Rhododendren auf einem Sockel. Ihr Name ging auf die römische Göttin der Blumen zurück, und sie drückte sich mit der linken Hand eine Girlande gegen die Brust.
    Â»Angeblich stammt die Statue ursprünglich von Chatsworth House«, sagte Casey. »Aber einer der Grafen hat sie vor langer Zeit dem Eigentümer von Alder Hall geschenkt.«
    Â»Das ist ein seltsamer Ort, um ein Geschenk des Grafen aufzustellen«, stellte Cooper fest. »Sollte sie nicht im Haus stehen?«
    Â»Da stand sie ursprünglich auch. Aber die Ankunft von Fair Flora fiel zeitlich mit einer Unglückssträhne der Familie auf Alder Hall zusammen. Gespukt soll es damals auch haben. Auf jeden Fall gaben sie Flora die Schuld dafür, und deshalb wurde sie in den Wald verbannt.«
    Cooper lächelte. »Ist das die offizielle Geschichte oder eine einheimische Überlieferung?«
    Â»Oh, die einheimische Überlieferung lautet anders«, sagte Casey. »Wie Sie sich vielleicht denken können. Die älteren Anwohner behaupten, die Statue sei ein Andenken an die Tochter eines der Saxtons, der früheren Eigentümer von Alder Hall. Sie war eine junge Frau, die entweder von einem eifersüchtigen Liebhaber getötet wurde oder im Fluss ertrank, als sie durchbrannte, um zu heiraten – je nachdem, welche Version man glauben möchte.«
    Â»Die Überlieferung liebt romantische Tragödien.«
    Â»Ja. So oder so, in einem Punkt stimmen die Legenden überein: Die Geister der Toten fühlen sich zu Flora hingezogen. Sie werden von ihrer

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