Todesstatte
Blumen. Und dann zieh dich um. Du fährst.«
Offenbar antwortete Vernon nicht schnell genug, da Hudson abermals rot wurde.
»Und setz dich in Bewegung, du fauler Sack!«
Fry drehte gerade noch rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie Vernon die Motorhaube einer der Limousinen zuschlug und sich die Hände mit einem Lappen abwischte. Er hatte einen missmutigen Gesichtsausdruck wie ein Teenager, der aufgefordert wurde, sein Zimmer aufzuräumen.
»Dieser Kerl macht mich noch wahnsinnig«, sagte Hudson, nachdem Vernon verschwunden war. »Aber ich werde ihn einfach nicht los.«
»Wegen seines GroÃvaters?«
»Der alte Abraham, ja. Er sagt, ich soll dem Jungen eine Chance geben. Aber Vernon steht die Hälfte der Zeit völlig neben sich. Schauen Sie ihn sich nur an. Das Rad dreht sich noch, aber der Hamster ist längst tot.«
»Wie lange ist er denn schon bei Ihnen?«
»Seit ein paar Jahren. Aber es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.«
»Spielt der alte Mr. Slack keine Rolle mehr in der Firma?«
»Er ist inzwischen über siebzig. Abraham und ich sind noch immer zu gleichen Teilen am Unternehmen beteiligt, aber ich beziehe zusätzlich noch ein Gehalt als Geschäftsführer.«
»Ich verstehe. Also haben Sie mehr oder weniger die alleinige Kontrolle über die Firma.«
»Tageweise vermutlich schon.«
»Und Ihr Partner ist gestorben, nicht wahr? Vernons Vater?«
»Richard ist letztes Jahr bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Aber ich nehme an, das wissen Sie bereits, Sergeant.«
»Und der andere Gentleman ist Mr. McGowan, wenn ich mich recht erinnere?«
Als McGowan seinen Namen hörte, sah er zu Fry auf. Dann stahl er sich durch die Tür davon. Als sie wieder im Büro waren, warf Fry einen Blick auf die Reihe von Aktenschränken.
»Sie scheinen sehr beschäftigt zu sein, Mr. Hudson«, sagte sie.
»Wir werden etwa hundertfünfzig Mal im Jahr gerufen.«
»Hundertfünfzig Bestattungen?«
»Ja.«
»Und Ihre Aufgabe ist es, sämtliche Vorbereitungen zu treffen?«
»Wir kümmern uns um die Bedürfnisse der Familienangehörigen«, sagte Hudson. »So formulieren wir es gerne.«
»Mr. Hudson, wir befassen uns derzeit mit einer bestimmten Familie. Mit der Familie von Audrey Steele, deren Bestattung Hudson und Slack vor achtzehn Monaten durchgeführt hat. Am achten März letzten Jahres, um genau zu sein.«
»Bei so vielen Bestattungen kann ich mich unmöglich an eine bestimmte erinnern«, sagte Hudson.
»Es sei denn, es gab dabei irgendeinen ungewöhnlichen Zwischenfall, nehme ich an.«
»Nun ja.«
»Erinnern Sie sich an Audrey Steeles Bestattung?«
»Nein. Hören Sie, lassen Sie mich im Terminkalender nachsehen. Dann kann ich mich vielleicht erinnern. Wir notieren darin die wichtigsten Details.«
»In Ordnung.«
»Letztes Jahr? Im März, sagten Sie?«
»Ja, am achten.«
Hudson blätterte einen dicken Tischkalender durch, in dem jeder Tag auf einer Seite dargestellt war. »Ah, ja. Steele. Ja, diese Bestattung haben wir durchgeführt. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, aber die Details stehen hier.«
»Müssten Sie Audrey Steeles Leichnam vor der Einäscherung gesehen haben, Sir?«
»Nicht persönlich. Das war eine Vormittagsbestattung. Die Verstorbene muss bereits präpariert und verpackt gewesen sein, als ich kam.«
»Meinen Sie damit, dass sich ihr Leichnam im Sarg befunden hat?«
»Ja. Jemand anderer muss die Vorbereitungen getroffen haben. Ich meine, den Leichnam präpariert und angekleidet haben. Manchmal tragen wir Kosmetik auf und schmücken den Leichnam mit Blumen, wenn die Trauergäste ihn sehen möchten.«
»Wollten die Angehörigen in diesem Fall den Leichnam sehen?«
»Nein. Es war eine Bestattung mit geschlossenem Sarg. Das ist sowieso viel besser. Ganz egal, wie gut die Präparation ist, es kann trotzdem einen leichten Ausfluss geben.«
»Ausfluss, Sir?«
»Das Austreten von Körperflüssigkeiten.«
»Aha. Das ist vermutlich nicht besonders angenehm, oder?«, sagte Fry.
»Nein. Für die Hinterbliebenen ist es ziemlich unangenehm. Wir legen Wert darauf, dass alles seine Ordnung hat und unsere Kunden nach der Beerdigung oder Einäscherung ihrer geliebten Angehörigen zufrieden nach Hause gehen.«
»Könnte Audrey Steeles
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