Todesstatte
schnüffelte argwöhnisch, als habe Cooper womöglich einen ins Haus geschmuggelt oder zumindest seinen Geruch und ein paar vereinzelte Haare mitgebracht. »Jetzt bin ich wirklich gekränkt, Detective Constable. Es macht mir nicht das Geringste aus, wegen irgendjemandem oder irgendetwas hinten anstehen zu müssen, solange es sich nicht ausgerechnet um einen Hund handelt.«
Cooper lächelte zögerlich, da er sich nicht sicher war, ob der Professor einen Witz gemacht hatte.
»Sie mögen Hunde nicht, Sir?«
»Ich empfinde die Art und Weise, wie sie domestiziert wurden, aus ethischer Sicht als abstoÃend.«
»Wie bitte?«
»Na ja, Hunde sind doch im Grunde genommen tierische Sklaven, oder etwa nicht? Die Menschen finden sie nützlich für bestimmte niedrige Aufgaben oder um ihrem Ego zu schmeicheln. Hunde scharwenzeln schamlos um ihre Besitzer herum. Finden Sie nicht? Nein, Sie sind sicher anderer Meinung.«
»Viele Leute schätzen Hunde wegen ihrer Loyalität«, sagte Cooper.
»Oh, Sie denken dabei an den Hund, der in den Fluss springt, um sein Herrchen vor dem Ertrinken zu retten? Tja, Tatsache ist, dass neun von zehn Hunden am Ufer sitzen bleiben und zusehen würden, wie man ertrinkt. Und dann würden sie loslaufen, um zu sehen, wo ihre nächste Mahlzeit herkommt. Loyalität ist trügerisch, wissen Sie.«
Cooper rutschte unter dem Blick des Professors unsicher in seinem Sessel hin und her, widersprach ihm jedoch nicht.
Robertson lächelte. »Also, ich nehme an, Sie wollten mich etwas fragen. Um welchen Fall handelt es sich gleich wieder? Irgendjemand hat skelettierte Ãberreste erwähnt...«
»Das ist richtig, Sir.«
Cooper erläuterte kurz den Hintergrund zu seinen Ermittlungen und zeigte Robertson Fotos von der Fundstelle bei Litton Foot.
»Sehen Sie, Sir, die FüÃe zeigen nach Osten und der Kopf nach Westen. Zunächst einmal frage ich mich, ob das vielleicht irgendeine Bedeutung hat.«
»Das war sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte Robertson. »Darin spiegelt sich zweifellos die christliche Friedhofstradition wider. Dieser Brauch gründete sich auf den Glauben, dass sich die Wiederkunft des Herrn im Osten ereignen würde. Wenn man sich am Tag des Jüngsten Gerichts aus seinem Grab erhebt, möchte man seinem Gott das Gesicht zuwenden und nicht den Rücken.«
»Ich verstehe.«
»Im römischen Britannien waren Beisetzungen bereits Ende des zweiten Jahrhunderts vor Christus ost-west-orientiert, also hat sich diese Tradition lange gehalten. Aber hier geht es nicht um eine altertümliche Beisetzung, sonst wären Sie bestimmt nicht hier, oder?«
»Das ist richtig, Sir.«
Robertson winkte ab. »Schon in Ordnung â Sie brauchen mir nicht mehr zu erzählen, als Sie möchten. Ich sehe, dass Sie sich nicht sicher sind, ob Sie mir vertrauen können.«
»Das ist es nicht, Sir. Wir wissen momentan noch nicht viel.«
»Möchten Sie wirklich nichts trinken? Ich meine natürlich etwas Nicht-Alkoholisches, nachdem Sie so sehr im Dienst sind.«
»Nein, danke, Sir.«
Robertson trank einen Schluck von seinem Whisky. »Es gibt noch weitere Bräuche, die Ihnen vielleicht bekannt sind. In manchen älteren Kirchhöfen kann man noch die traditionellen Bestattungsmuster erkennen. Früher wurde der Platz einer Person in der gesellschaftlichen Hierarchie anhand der Lage ihres Grabes für die Nachwelt erhalten. Angehörige besserer Schichten wurden auf der Südseite der Kirche an der sonnigsten Stelle beigesetzt. Die Armen wurden im Westen beerdigt und Geistliche im Osten.«
»Und im Norden?«
»Die vierte Seite der Kirche war als der âºschwarze Nordenâ¹ bekannt, da sie immer im Schatten lag. Sie war für Selbstmörder und Mörder reserviert, denen christliche Begräbnisriten verwehrt wurden. Diese armen Seelen wurden in die Dunkelheit verdammt, sowohl im wörtlichen als auch im spirituellen Sinn.« Der Professor schürzte die Lippen, als er Cooper ansah. »Normalerweise kam ein Leichenzug in den Kirchhof durch das Osttor und folgte dem Weg der Sonne zu dem frisch ausgehobenen Grab. Ein Mörder oder Selbstmörder hingegen wurde durchs Westtor hereingebracht und gegen die Sonne getragen.«
Robertson hob die Schultern an und lieà sie wieder sinken, als wollte er jegliche persönliche Verantwortung für solche
Weitere Kostenlose Bücher