Todesstatte
Litton Foot?«, sagte sie.
»Gibtâs ein Problem?«
»Ich weià nicht, ob du es ein Problem nennen würdest oder nicht. Sie haben gerade ein paar weitere Knochen gefunden.«
18
F ry hatte damit gerechnet, dass undurchdringliches Gestrüpp und dichte Bewaldung an einem steilen Hang die Stelle unzugänglich machten. Doch der neue Fundort befand sich unmittelbar oberhalb der Baumgrenze. Felsen gab es allerdings in Hülle und Fülle â Tausende von ihnen waren in beiden Richtungen über den Hang verstreut und lagen auch weiter unten, so weit das Auge reichte, haufenweise herum. In der Anordnung der Felsen war kein Muster zu erkennen, und die Art und Weise, wie sie hinuntergestürzt und zum Liegen gekommen waren, entbehrte jeder Logik. Viele von ihnen waren im Lauf der Jahre zu glatten, runden Formen verwittert. Sie verteilten sich wie eine riesige Herde deformierter, schlafender oder toter Schafe über den kalten, schattigen Nordhang.
Ja, es lag zweifellos eine groÃe Anzahl Felsen herum. Trotzdem war es kaum zu glauben, dass zwischen ihnen so lange ein Leichnam unentdeckt bleiben konnte.
Fry blickte sich nach der Leiter der Spurensicherung um. Wayne Abbott war bereits vor Ort und beobachtete sie. Als sie ihm zuwinkte, bahnte er sich den Weg zwischen den Steinen hindurch und kam langsam auf sie zu.
»Ja, das ist ein Nordhang«, sagte er, als habe er ihre Gedanken gelesen. »Dieser Hang bekommt so wenig Sonne ab, dass man aus der Ferne keine Details erkennen kann.Wenn man da drüben auf der anderen Seite des Tals stehen würde, könnte man hierher schauen, so lange man will, ohne irgendwas zu erkennen, es sei denn, es bewegt sich. Diese Felsen sorgen bestimmt für alle möglichen trügerischen Formen und Schattenspiele. ÃuÃerst irreführend für den Betrachter.«
»Und niemand kommt auf die Idee, über den Hang zu wandern?«
»Nicht ohne einen bestimmten Grund. Wie Sie feststellen können, kann man hier nur ziemlich schlecht gehen. Man könnte sich sehr leicht den Knöchel brechen.«
»Also wie, zum Teufel, hat der Mörder die Leiche hier heraufgeschafft?«
»Getragen hat er sie nicht, so viel ist sicher.«
Abbott schwitzte in seinem Schutzanzug, obwohl das Wetter kühl war. Fry sah zwei SchweiÃrinnsale, die an seinen Schläfen begannen und an den schwarzen Bartstoppeln an seinem Kinn endeten. Sie konnte nicht genau sagen, weshalb sie ihn so sehr verabscheute. Die einzige Erklärung dafür war, dass es sich um eine instinktive Reaktion handelte. Wayne Abbott wäre sicher nicht ihre erste Wahl für eine leitende Position gewesen. Doch er verfügte über die erforderlichen Qualifikationen und über die nötige Erfahrung, und deshalb war er hier.
Der Leiter der Spurensicherung deutete den Hang hinauf zu einer Stelle, an der zwei Felsen eine zerklüftete Wand bildeten.
»Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass das Opfer von dieser Felswand da oben gestürzt ist. Oder gestürzt wurde, was Sie sicher gerade vorschlagen wollten. In diesem Fall müssten wir an den Knochen strukturelle Beschädigungen finden. Die zweite Möglichkeit ist, dass das Opfer selbst hierhergekommen ist â freiwillig oder unfreiwillig -, als es noch am Leben war.«
»Und hier gestorben ist?«
Abbott lachte. »Das Opfer muss so oder so hier gestorben sein. Die Frage lautet, wie es gestorben ist und warum?«
»Das sind zwei Fragen«, sagte Fry.
Doch er ignorierte sie. »Ist es plötzlich gestorben oder langsam?«, sagte er. »Zufällig oder absichtlich? Durch ein Missgeschick oder... weil nachgeholfen wurde?«
»Haben Sie vor, uns Antworten darauf zu geben, Wayne? Oder stellen Sie gerne rhetorische Fragen?«
»Ich vermute, Sie denken, dass Sie die Antworten alle selber wissen, Sergeant.«
»Nein«, erwiderte Fry. »Aber ich weiÃ, wie die Fragen lauten. Trotzdem vielen Dank. Ãbrigens, auch das kleinste Beweisstück von diesem Schauplatz könnte wichtig sein, also â¦Â«
»Nein, sagen Sie es mir nicht â Sie möchten, dass wir die Umgebung mit einem feinen Kamm durchkämmen.« Abbott wischte sich den Schweià aus dem Gesicht. »Tja, ich habe Neuigkeiten für euch Kriminaler. Wir werden nicht mehr mit Kämmen ausgestattet, weder mit feinen noch mit irgendwelchen anderen.«
»Okay, okay. Geben Sie bitte
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