Todessymphonie (German Edition)
wir seit mindestens fünf Jahren nicht mehr miteinander gesprochen haben.“
„Wir haben seine Fingerabdrücke auf der Picasso-Monografie gefunden, die wir von Ihrem Couchtisch mitgenommen haben.“
Bangor fiel sichtlich in sich zusammen.
„Ich habe Ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt.“
Taylor verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.
„Der Einbruch, den ich erwähnt habe. Ich weiß, wer es war.“
„Arnold Fay nehme ich an?“, fragte sie.
„Ja. Er stahl so viel Geld, wie er nur konnte, und hat mir die Picasso-Monografie als … Andenken dagelassen.“
„Warum sollte er das tun?“
Bangor seufzte tief. „Arnold war mein Partner. Der, von dem ich Detective McKenzie erzählt habe, er wäre an AIDS gestorben. Ich wünschte, das wäre der Fall. Nun ja, in meinem Herzen ist er tatsächlich gestorben. Es ist nur einfacher, den Menschen zu sagen, dass er tot ist, anstatt die Wahrheit zu gestehen. Er hat … ich bringe es nicht über mich, es auszusprechen.“
„Er hat Ihren Nachbarsjungen belästigt“, beendete Taylor den Satz für ihn.
„Christopher. Ja. Wir hatten unsere Beziehung bereits beendet, als das mit Chris anfing. Ich hatte nur noch nicht das Herz aufgebracht, ihn rauszuschmeißen. Die Hälfte der Zeit war ich ja sowieso nicht da. Aber als all das passiert ist – er behauptete, sie hätten eine Affäre gehabt. Als wenn ein dreizehn Jahre alter Junge in der Lage wäre, eine Entscheidung von so enormer Tragweite zu treffen. Tief im Inneren wusste ich, dass es nicht einvernehmlich gewesen war. Ehrlich, das ist eine Phase, die ich lieber vergessen würde. Er hat das Buch als Entschuldigung dafür dagelassen, dass er das Geld mitgenommen hat. Ich habe es bisher noch nicht über mich gebracht, es wegzuwerfen.“
„Ich habe was gefunden“, sagte Baldwin in diesem Moment. Er brachte ein weiteres Buch über Picasso zu Taylor.
Bangor lächelte. „Picasso ist mein Lieblingskünstler.“
Taylor stellte ihre Tasse ab, zog einen Latexhandschuh aus ihrer Hosentasche, zog ihn über ihre rechte Hand und drehte den Catalogue raisonné so, dass sie ihn anschauen konnte. Tim war ebenfalls zu ihnen gestoßen – alle drei Männer schauten Taylor erwartungsvoll an, als sie nun das Buch von hinten öffnete.
Eine weitere fehlende Seite. Nur ein paar Millimeter scharfkantigen Papiers steckten ganz tief in der Bindung. Der Schnitt war kaum zu erkennen. Er musste mit einem Teppichmesser oder Cutter ausgeführt worden sein. Die Kante war sauber und klar. Wenn man nicht ausdrücklich danach suchte, würde man nie auf die Idee kommen, dass eine Seite fehlte.
„Das ist eine noch bessere Visitenkarte als die Postkarten, das kann ich dir sagen“, bemerkte Baldwin.
„Glauben Sie, der Mörder hat die Seiten aus den beiden Büchern herausgetrennt? Wieso?“
„Gute Frage, Mr Bangor. Haben Sie noch mehr Bücher dieser Art?“
„Ja.“ Er ging ans Bücherregal und holte zwei weitere große Bände heraus. „Ich habe in meiner Sammlung vier Picasso-Monografien. Dieses hier sind die ersten beiden, die ich mir vor Jahren gekauft habe. Das, was Sie in der Hand halten, Detective, habe ich vor zwei Jahren in New York erstanden. Es war der Catalogue raisonné , also das Werksverzeichnis der letzten Picasso-Ausstellung im Museum of Modern Art. Das Buch, das mein Freund mir hinterlassen hat, ist als letztes dazugekommen und auch noch relativ neu.“
Taylor blätterte die Bücher durch. Alle Seiten waren intakt.
„Zwei Ihrer Bücher sind also manipuliert worden. Wir müssen herausfinden, was so Wichtiges auf diesen beiden Seiten gestanden hat.“
Sie ging ans Bücherregal und nahm eine weitere Monografie heraus, dieses Mal eine von Whistler. Sie brachte sie an den Tisch und klappte die Rückseite auf. Dieses Buch war intakt, und sie sah, was vermutlich in den Picassobüchern fehlte. Ein Impressum – mit den Namen der Grafiker und der Druckerei. Alles Informationen, die sie dazu benutzen konnte, die Untersuchung voranzutreiben. Die Stimmung im Raum schlug um – innerhalb von einer Sekunde war aus purer Neugierde eine heiße Spur geworden.
War das das Werk ihres Mörders? Und was versuchte er, damit zu sagen?
„Das ist eine ganz andere Signatur als die, die ich bisher gesehen habe“, sagte Baldwin.
„Es ist ein Fehler.“ Ein seltenes Lächeln erhellte Tims sonst so ernste Züge.
Baldwin nickte zustimmend. „Wenn es der Mörder war, hat er sich verkalkuliert. Auf diesen Seiten steht etwas, das er
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