Todestrieb und Seelenheil
glaubte zu spüren, dass die Narbe flacher geworden war, nicht mehr so schwulstig. Das gefiel ihm sehr und er begann zu grinsen, immer mehr. Es überkam ihn. Zuerst kamen nur einzelne Lacher, dann wurde es schneller und lauter. Lange stand er da und lachte einfach nur in den Spiegel, es klang schreiend und wahnsinnig zugleich. Irgendwann schwand die Euphorie. Er wurde leiser und als er nur noch gluckste spannte er seinen ganzen Körper wie einen Bogen. Die Muskeln und Adern traten hervor. Er warf den Kopf in den Nacken und schrie so laut er konnte. Es kam aus seinem tiefsten Inneren, befreiend und wurde erst leiser als ihm der Atem ausging. Die geballten Fäuste nach oben gereckt schrie er „Ich soll nicht wieder gesund werden? Ich kann alles! Ich bin mächtiger als ihr, Scheißärzte! Ich nehme das Leben und heile…“ …Ich muss noch mehr in mir aufnehmen, aber erst diesen alten Geruch loswerden.“ Er klappte das Medizinschränkchen auf, nahm das Nasenspray heraus und sprühte es sich in seine Nasenlöcher. Dann putzte er sich mehrfach kräftig die Nase, bis er den „anderen“ Geruch nicht mehr wahrnehmen konnte. Er ging zum Schrank, zog sich einen Jogginganzug an und ging wieder in die Garage zurück. Die Kopfschmerzen setzten wieder ein und ihm wurde schwindelig. Als stünde er neben sich sah er, wie er zur Werkbank ging, seine Werkzeugkiste herunternahm und neben den nackten toten Körper abstellte. Er öffnete ihn und begann sich durch das Werkzeug zu wühlen. Für einen Moment hielt er einen Schraubendreher in der Hand, ließ ihn wieder los und wühlte weiter. Seine linke Hand ertastete das, wonach er gesucht hatte. Die Finger schlossen sich um den Kunststoff und er zog es heraus. Er nahm es in die rechte Hand und betrachtete es. Das Teppichmesser hatte er das letzte Mal benutzt, als er mit seiner Frau im Schlafzimmer neu tapeziert hatte. Mit dem Daumen schob er die Klinge heraus, immer weiter bis zum Anschlag. Er schloss die Augen, beugte sich über den kalten toten Körper und begann zu schnuppern. Sein Gesicht wanderte mit geschlossenen Augen mit nur wenigen Zentimetern Abstand über ihren Körper. „ Wo war ihr Geruch am Stärksten? Wo ist das Elixier…“ Er hielt inne, sog die Luft tief über seine Nase ein und öffnete die Augen. Er befand sich direkt über ihrer rechten Achselhöhle. Er drückte ihren Arm nach oben, um näher an die Achsel heran zu kommen. Erneut sog er die Luft ein, nahm den Duft in sich auf. „ Das ist es!“ dachte er voller Vorfreude, setzte die Klinge an und schnitt tief in das Fleisch. Ein ovales tiefes Loch war nun da, wo vorher ihre Achsel war. Er hielt das Fleisch an seine Nase und roch, schloss die Augen, seine Gedanken glitten hinfort. Bilder tanzten durch seinen Verstand, ließen ihn erschauern, die Lippen seines leicht geöffneten Munds bebten. Er hatte Ivanka, seine „Erste“ in sich eingesogen.
Fortsetzung folgt…
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