Todestrieb und Seelenheil
von Anfang an gegen ihn und diese Beziehung gewesen. Als Martin und Martina zusammenzogen, hatten ihre Eltern ihr den Geldhahn abgedreht und den Kontakt abgebrochen. Erst als die Hochzeit bevorstand, hatten die Westphals wieder angefangen Martina zu besuchen und die beiden zu unterstützen. Martinas Eltern waren nicht reich, aber ihr Vater war leitender Angestellter bei einem großen Energieversorger. Nach dem beruflichen Wechsel nach Norddeutschland und dem damit verbundenen Umzug, schlief der Kontakt wieder ein und beschränkte sich auf die Telefonate und einen monatlichen „Obulus“, wie Martinas Mutter es nannte, „Ihr könnt es doch brauchen.“ Für Martina fühlte sich das wie gekaufte Liebe an, Martin sah das pragmatisch und war über die kleine Unterstützung glücklich.
Kapitel 8
“Hey Flo! Machst du mir bitte noch ein Mal dasselbe?“ Rosen saß am Tresen von seinem Stammlokal. Das „Full Throttle“ war um kurz nach 22 Uhr noch recht gut besucht. Die meisten hier kannte er vom Sehen, mit einigen hatte er hier schon Nächte verbracht, gelacht, gesoffen, diskutiert. Flo, eigentlich Florian Meier, kannte Rosen schon seit vielen Jahren. Angefangen hatte diese Freundschaft in ihrer Studienzeit. Meier hatte damals noch einen kleinen Imbiss und Rosen kam regelmäßig mittags essen bei ihm. Manchmal zogen die beiden abends um die Häuser. Damals ist jeder für den anderen durchs Feuer gegangen und es gab mehr als ein blaues Auge und eine Nacht in der Ausnüchterungszelle. Es war nie ein Thema, dass sie aus verschiedenen sozialen Schichten stammten. Florian Meier war im Heim aufgewachsen, hatte mit Ach und Krach den Hauptschulabschluss geschafft und sich durch gejobbt, hatte gespart und sich den Imbiss aufgebaut. Ob das Ganze so legal und korrekt ablief interessierte Johannes Rosen nicht. Und nach dem Studium, als Rosen schon beim Dezernat war, sponserte er Florian, als dieser ein Lokal aufmachen wollte. Das Geld spielte für Johannes keine Rolle, und auch andere Unwegsamkeiten ließen sich mit Geld und Beziehungen ebnen. Den Namen hatten sie zusammen ausgesucht. „Vollgas“ war genau das, was die Kneipe bringen sollte. Die Freundschaft war immer noch da, wenn auch nicht mehr so, wie früher einmal, aber jeder konnte sich noch auf den anderen verlassen.
„Mieser Tag?“ fragte Flo, als er Rosen einen doppelten Jacky-Coke eingoss. Das Eis knackte in der dunklen, goldbraun schimmernden Flüssigkeit. „Ach, du hast es doch eh gehört, oder ist Radio und Fernseher kaputt.“ seufzte Rosen, zog das Glas vom Tresen und trank einen großen Schluck, „Wir haben ne weitere Leiche.“ Flo kannte den Gesichtsausdruck. „Manu, kannst du hier mal kurz übernehmen?“ wies er die Bedienung an. „Ich setz mich mit Johannes ins „Zimmer“. Wenn was ist ... du weißt ja…?“ „Klar, Boss“, grinste die Rothaarige hinter dem Zapfhahn „ich hab hier alles im Griff!“ Johannes sah sie an und sie zwinkerte ihm freundschaftlich zu. Manuela arbeitete hier schon länger als zwei Jahre. Mehr als einmal hatte sie Rosen betrunken nach Hause gebracht und dafür gesorgt, dass er gut „ins Bett“ kam. Aber mehr wurde nie aus diesen Plänkeleien. Johannes wusste nur, dass sie Ende 20 war, keinen festen Freund hatte und, ja viel mehr wusste er nicht. Wirklich viel geredet hatten die beiden nie miteinander, Kneipengespräche ausgenommen. Flo schnappte sich ein Pils aus dem Kühlschrank und setzte sich neben Rosen an den Tisch in der Nische. Florian nannte sie deswegen „Zimmer“, weil sie so klein war und nur einzusehen, wenn man unmittelbar davor stand. Rosen hatte sein Glas schon fast leer „Jo, ich kenn dich nun ne kleine Ewigkeit, und wenn ich eins weiß, dann, was dein Blick zu bedeuten hat.“ Johannes hatte gerade das Glas erneut zum Trinken angesetzt und stockte. „Es ist nicht nur dein Job, und die neue Leiche, hab ich Recht?“ Johannes trank das Glas in einem Schluck aus. „Manu, bring mir noch einen.“ Er musste schon schreien, denn Manu hatte die Musik lauter aufgedreht, wie sie es jedes Mal tat, wenn der Chef ins „Zimmer“ ging. Gerade lief Jump von Van Halen. Manu nickte Rosen zu. „Du kennst mich besser wie meine Mutter. Kein Wunder, dass du so ein guter Wirt bist, wenn du allen so in die Seele schauen kannst.“ Florian Meier lächelte stolz. „Wie gesagt, Jo, ich kenn den Blick. Eine Frau, stimmt`s?“ Johannes Rosen war ein Einzelgänger, ein einsamer Wolf, ständig auf der Suche. Doch Flo
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