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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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offen.“
    Klas sah mich nachdenklich an, als wäre ihm etwas eingefallen.
    „Ihr seid ja Nachbarn. Hat niemand von uns bisher mit dir gesprochen?“
    „Nein.“
    „Eigenartig. Na ja, und wann genau war dieser Streit?“
    „Vor gut einer Woche. Am Tag bevor Mikaelas Leiche gefunden wurde.“
    „Und was hattest du dort überhaupt verloren?“, flocht Mama ein.
    „Sie war wieder mal abgehauen“, sagte ich und deutete auf Wuff.
    „Unser Hund ist manchmal etwas ungezogen“, erklärte Mama entschuldigend.
    Ich sah die Polizisten ungeduldige Blicke wechseln. Sie fanden wohl, dass Mama sich zu viel einmischte, ließen sie aber aus irgendeinem Grund gewähren. Das hier war ja kein Verhör.
    „Kannst du dich an den exakten Wortlaut erinnern?“, erkundigte sich Klas Karlsson.
    „Er fragte, ob sie glaubte, er hätte Mikaela entführt, und da sagte sie,das sei doch kein Wunder, im Hinblick auf etwas, das er früher getan habe und für das er bestraft worden sei. So ungefähr. Dann wurde er wütend und lief nach draußen.“
    „Hat er dich gesehen?“, setzte Mama ihr Verhör fort.
    „Ja.“
    „Und?“
    „Er lief an mir vorbei und fuhr davon.“
    „Und du?“
    „Ich bin nach Hause gegangen.“
    „Bist du ihm seither begegnet?“, wollte Klas Karlsson wissen.
    „Ich …“
    Ich schielte zu Mama rüber. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich davon erzählt, wie seltsam er sich verhalten hatte, als er mich gestern nach Hause fuhr.
    „Die bleiben meistens im Haus, seit …“
    Eine Zeit lang schwiegen alle.
    „Ihr habt doch einen Hund“, bemerkte Klas Karlsson schließlich. „Da bist du sicher oft draußen unterwegs?“
    „Ja.“
    „Hast du irgendetwas Ungewöhnliches gesehen, das mit Mikaelas Verschwinden zu tun haben könnte … bis sie gefunden wurde.“
    Ich kam nicht dazu, die Frage zu beantworten.
    „Sie wissen natürlich alles über Glöckchen?“, fragte Mama.
    „Glöckchen?“ Mia Lind sah uns verwirrt an.
    „Glöckchen ist ein Hund“, erklärte ich.
    „Ein Chihuahua, nehme ich an?“, sagte Mia lächelnd.
    „Ein Rottweiler.“
    „Aha … Übrigens, wie heißt euer Hund denn? Das ist doch bestimmt ein Pongo? Meine Kinder haben den Film so geliebt.“
    „Eine Perdita“, korrigierte ich sie.
    Das bringen die Leute immer durcheinander. Im Film „101 Dalmatiner“ ist Pongo der Rüde, die Hündin heißt Perdita.
    „Perdita“, sagte Mia liebevoll und streckte die Hand nach Wuff aus, um sie zu streicheln.
    „Wuff“, sagte Mama.
    Jetzt sah Mia noch verwirrter aus.
    „Glöckchen ist am selben Abend, als Mikaela verschwand, auf dem Weg hier draußen überfahren worden“, berichtete ich. „Aber das weiß die Polizei bereits.“
    Mias Interesse am Namen unseres Hundes erstarb jäh.
    „Weißt du vielleicht exakt wo?“
    „Genau da, wo die Leute Blumen hingelegt und Kerzen angezündet haben.“
    „Haben Sie das nicht gewusst?“, fragte Mama.
    Diese Frage beantworteten sie nicht.
    Stattdessen musste ich ausführlich berichten, wie ich Glöckchen gefunden hatte, und ihre Verletzungen beschreiben. Sie baten auch um Linus’ Telefonnummer und wollten wissen, wo er wohnte. Ich zeigte ihnen das Haus.
    „Kannst du“, sagte Klas Karlsson, sah dann aber Mama an und verbesserte sich, „können Sie mitkommen und uns den Platz zeigen, wo der Hund gefunden wurde?“
    Ich zuckte die Schultern.
    „Klar.“
    „Perdita muss daheimbleiben“, sagte Mia und streichelte Wuff noch einmal.
    „Wuff“, wiederholte Mama.
    Mia warf ihr einen nachdenklichen Blick zu.
    Wir zogen unsere Jacken an und gingen zu dem schicken Mercedes hinaus. Die Sonne war untergegangen, aber der Himmel war immer noch hellblau. Uns blieb nicht viel Zeit, bevor die abendliche Dunkelheit sich herabsenken würde.
    Innerhalb weniger Minuten waren wir an Ort und Stelle. Mama hatte die spontane Gedenkstätte noch nicht gesehen. Sie stand vor dem Haufen aus verwelkten Blumen, sah die heruntergebrannten Fackeln und Kerzen und die in Folien steckenden Gedichte.
    „Das ist …“
    Dann stockte ihr die Stimme.
    Ich zeigte den Beamten das Gestrüpp, wo Glöckchen gelegen hatte.
    Mia maß den Abstand von den Büschen zum Weg. Sie suchte am Wegrain und im Heidelbeerkraut. Plötzlich ging sie in die Knie, sammelte mit der behandschuhten Hand ein Stück Glas auf und musterte es eingehend, bevor sie es in eine Plastiktüte steckte.
    Ich dachte wieder an den Glassplitter, den ich in der Garage gefunden hatte, verdrängte den

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