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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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glotzen.“
    Das klang unfreundlich, aber er sah mich dabei mit einem schiefen Lächeln an.
    „Ich hab bloß … an sie gedacht.“
    Ich brauchte nicht fortzufahren.
    „Wenn ich sie nur aufgehalten hätte“, sagte er leise. „Aber sie war ja so tierisch sauer.“
    „Dann ist sie also nicht zurückgekommen?“
    Das hatte ich nämlich damals angenommen, als es immer noch bloß hieß, sie sei verschwunden. Ich dachte, sie wäre zu Oscar zurückgegangen, nachdem die anderen verschwunden waren.
    „Warum hätte sie das tun sollen? Sie war doch stinksauer.“
    „Wie ist sie wohl von hier weggekommen? Was glaubst du?“
    „Damals dachte ich, sie hätte den Bus genommen. Oder ihre Mutter angerufen. Aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Jedenfallsist sie nicht die ganze Strecke bis zur Schnellstraße zu Fuß gegangen, wie Hannamaria behauptet. Ihre Tasche war schwer wie Blei.“
    Sein Handy klingelte. Er sah auf das Display und stöhnte.
    „Ja, ja, bin schon unterwegs“, sagte er genervt.
    Dann grinste er mich entschuldigend an.
    „Meine Mutter. Muss weiter. Tschüs.“
    Ich kehrte Oscars Haus den Rücken und stellte mir vor, ich wäre Mikaela, wütend und enttäuscht. Und mit einer schweren Tasche. Das fühlte sich echt unheimlich an.
    Ich brauchte sieben Minuten zur nächsten Bushaltestelle. Mikaela, die eine schwere Tasche geschleppt hatte und vermutlich auch auf hochhackigen Schuhen einhergetrippelt war, hatte noch ein paar Minuten mehr gebraucht. Hannamaria hatte gesagt, Mikaela habe Oscars Haus um acht Minuten vor zehn verlassen. Sie hatte eindeutig den Bus verpasst.
    Was hatte sie dann gemacht?
    Sie hatte immer noch die Möglichkeit, den Bus zu erreichen, der von der Schnellstraße aus abfuhr. Machte sie sich zu Fuß auf den Weg? Oder hatte sie im Hinblick auf ihre schwere Tasche versucht, ein Auto anzuhalten?
    Der Verkehr war spärlich. Die meisten Leute waren schon von der Arbeit nach Hause gekommen. Später am Abend wäre hier wahrscheinlich noch weniger los.
    Ich begann in Richtung Schnellstraße zu gehen und schielte zu den erleuchteten Villen hinüber, die die Straße säumten. Irgendjemand, der hier wohnte, müsste Mikaela gesehen haben. Ich würde einfach klingeln und fragen.
    Ich bog auf einen geharkten Kiesweg ein, der zu einem eingeschossigen Haus aus rotem Backstein führte.
    „Was hast du hier zu suchen?“
    Ich fuhr zusammen, als ich die Stimme hörte. Ein silberhaarige Dame mit einer schwarzen Katze an der Leine stand auf dem Rasen und starrte mich an. Sie sah nicht besonders freundlich aus, aber ich begann trotzdem zu erklären.
    „Ich wollte bloß ein paar Fragen stellen, die mit Mikaela, diesem Mädchen, das gestorben ist, zu tun haben …“
    Sie unterbrach mich mit einem tiefen Seufzer.
    „Wir haben diese Fragerei ja sooo satt! Die Polizei war hier und endlos viele Journalisten und Fotografen.“
    Dann musterte sie mich von oben bis unten. Ich sah mich selbst mit ihren Augen, eine verschwitzte Göre im Jogginganzug, und verstand, warum sie einfach kopfschüttelnd ihre Katze hochnahm und im Haus verschwand.
    Ziemlich bedrückt trottete ich zur Straße zurück. Da hörte ich von hinten ein Auto näherkommen. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah eine silbergraue Kühlerhaube aufschimmern. Sofort fiel mir dieser Pädo ein, den die Nachbarin erwähnt hatte.
    Außer mir und dem Auto befand sich niemand auf der Straße. Ich beschleunigte meine Schritte und steuerte die nächste Querstraße an. Sollte er auch nur versuchen, mich ins Auto zu zerren, würde ich aus Leibeskräften losbrüllen.
    Könnte es das sein, was Mikaela zugestoßen war? Aber nein, sie hätte bestimmt die gleiche Überlegung angestellt wie ich, wäre in einen der Gärten längs der Straße geschlüpft oder hätte Zeter und Mordio geschrien.
    „Soll ich dich mitnehmen?“
    „Nein!“, fauchte ich, ohne den Mann anzuschauen, der die Frage gestellt hatte.
    „Nach Hause ist es noch weit, Svea.“
    Ich drehte mich um. Es war Samuel Wester. Er fuhr langsam mit heruntergelassener Fensterscheibe neben mir her.
    Plötzlich spürte ich, dass meine schmerzenden Waden bei jedem Schritt laut aufkreischten. Mein Vorhaben, die Leute zu interviewen, die hier wohnten, war ohnehin zum Scheitern verurteilt. Die würden sich bloß genauso genervt fühlen wie die alte Dame. Dagegen war dies eine gute Gelegenheit, Samuel Wester auszuhorchen.
    Ich stieg in das Auto ein.
    „Was machst du hier?“, fragte Wester, als er

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