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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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quasi groß geworden und ihm hatte sich oft die Frage gestellt, ob derartige Geschichten wirklich nur der Fantasie entsprungen waren. Und dabei dachte er nicht an die Märchen von Nis Puk oder dem Meermann Ekke Nekkepenn, sondern vor allem an die Erzählungen über sogenannte Gongers, eben jene Untote, die in die Welt der Lebenden zurückkehren, weil sie im Grab keine Ruhe finden.
    »Na ja«, Marlene rührte nachdenklich in ihrem Topf, »hauptsächlich natürlich Seelen, die durch irgendwelche Umstände in einer Art Zwischenwelt gefangen sind.« Er kenne ja sicherlich die Sagen über Menschen, die beispielsweise zu Lebzeiten sehr stark an etwas gehangen haben und daher im Tod nicht loslassen konnten. Oder jene, die nicht alles abschließen konnten, da sie zu abrupt aus dem Leben geschieden waren, und deshalb als Untote zurückkehrten, um eventuell noch einen Streit aus der Welt zu räumen oder um jemanden vor einem Unglück zu warnen.
    Haie nickte und überlegte, ob das bei Arne Lorenzen nicht vielleicht ebenfalls der Fall war. Immerhin wurde er umgebracht, damit hatte er sicherlich nicht gerechnet. Würde er der Frau als Geist erscheinen? Womöglich war sie als Medium geeignet, mit ihm in Kontakt zu treten und den Mordfall aufzuklären. Aber kein Gericht der Welt würde derartige Beweise anerkennen.
    »Der Bekannteste ist wahrscheinlich Nis Albrecht Johannsen der Jüngere gewesen. Der mit dem nordfriesischen Farbenlied.«
    »Was ist mit Nis Albrecht?« Tom hatte die Küche betreten und von dem Gespräch lediglich den Namen aufgeschnappt. Natürlich hatte er das Mittagessen mit den Freunden nicht vergessen und da Sönke Matthiesen sowieso nicht bereit gewesen war, mit ihm über seine Termine zu sprechen, war er rechtzeitig wieder nach Hause geeilt.
    »Ach nichts«, tat Marlene die Begegnung der alten Dame mit dem toten Schriftsteller aus der Bökingharde ab. »Setz dich. Wir können gleich anfangen.«
    Während sie das Kartoffelwasser über der Spüle abgoss, warfen sich Tom und Haie verschwörerische Blicke zu. Sie konnten es kaum erwarten, sich über die Neuigkeiten auszutauschen, von denen sie zwischenzeitlich erfahren hatten.
    Marlene servierte das Essen – es gab Scholle mit Kartoffeln und Salat – und sie füllten sich die Teller reichlich. Das Essen verlief schweigend, nur hin und wieder ließ einer der Männer ein Lob über ihre exzellenten Kochkünste fallen. Diese Stille war mehr als ungewöhnlich und Marlene bemerkte schnell, warum die beiden so zurückhaltend waren.
    »Ihr könnt ruhig über den Fall sprechen.«
    Tom räusperte sich. »Macht es dir denn nichts aus?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hey, wir sind doch Freunde.« Sie legte ihr Besteck zur Seite und bemühte sich zu lächeln. »Der Tod des Bankers hat schließlich nichts mit dem Mord an Heike zu tun. Natürlich macht es mich immer noch traurig, aber das Leben geht nun einmal weiter. Ich muss lernen, damit umzugehen. Also«, forderte sie Tom auf, »was hat Sönke Matthiesen gesagt?«
    Der musste erst einmal schlucken, ehe er erzählen konnte, wie er rein zufällig Zeuge des Streits zwischen dem Spediteur und seiner Frau geworden war.
    »Gib zu, du hast absichtlich gelauscht!«, neckte Haie ihn, musste jedoch zugeben, genauso gehandelt zu haben, wenn sich ihm die Gelegenheit geboten hätte.
    »Inken Matthiesen hat herausgefunden, dass ihr Mann am Montag einen Termin mit Lorenzen hatte«, platzte Tom heraus.
    »Der Sönke hat sich mit Arne getroffen?«, fragte Haie überrascht.
    »Und wahrscheinlich hat Inken eins und eins zusammengezählt«, mischte sich Marlene in die Unterhaltung ein. Wenn Sönke Matthiesen am Montag einen Termin mit Arne gehabt hat und wenig später dessen Leiche gefunden wurde, dachte seine Frau vermutlich, er habe den Banker umgebracht.
    Dieser Verdacht war Tom auch schon gekommen. »So wie der sich aufgeregt hat, als ich ihn nach dem Terminkalender gefragt habe.«
    »Ganz eindeutig«, wertete nun Haie diesen Umstand, »der hat was damit zu tun.«

10. Kapitel
    »Papa, bist du endlich soweit?« Anne stand angezogen im Flur und trieb ihren Vater zur Eile an. In der Hand hielt sie das Bild für ihre Großmutter, das sie gerollt und um welches sie eine rote Schleife gebunden hatte. Aufgeregt hüpfte sie von einem Bein auf das andere und konnte es nicht abwarten, endlich ihr Geschenk zu überreichen.
    Thamsen hingegen hatte es gar nicht eilig. Er war am Morgen noch laufen gewesen, hatte anschließend ausgiebig geduscht und

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